Der Frühling 2022 im langjährigen Vergleich
Der Frühlingsindex zeigt die langjährige Entwicklung der Blüte und/oder der Blattentfaltung von neun verschiedenen Pflanzenarten, die von Januar bis Mai auftreten. Die Entwicklung der Frühlingsvegetation 2022 hatte im Vergleich zum Mittel der 30-jährigen Periode 1991-2020 einen Vorsprung von 4 Tagen und lässt sich in die Klasse «früh» einordnen (Abbildung 1). Sie passt damit in die langjährige Entwicklung, denn der Frühlingsindex zeigt deutlich, dass seit dem Ende der 1980er-Jahre der Frühling meistens deutlich früher beginnt als zuvor.
Die neue Normperiode 1991-2020
Der Frühlingsindex wird ab diesem Jahr als Abweichung vom mittleren Eintrittsdatum der Normperiode 1991-2020 dargestellt. Das führt dazu, dass die Grafik des Frühlingsindex nicht mehr so viele hellgrün dargestellte Jahre mit einer frühen Vegetationsentwicklung zeigt wie mit der Normperiode 1981-2010, die bis zum letzten Jahr verwendet wurde. Das mittlere Datum des Frühlingsindex von 1991-2020 ist um 3 Tage früher als jenes der Periode 1981-2010. So liegt die Frühlingsentwicklung der Jahre 2021, 2019 und 2018 fast genau im Mittel, während sie mit der alten Normperiode noch einen Vorsprung zeigte. In der Klimatologie wird die langfristige Temperaturveränderung häufig auch mit der noch früheren Normperiode 1961-1990 verglichen. Beim Frühlingsindex liegt der Mittelwert von 1991-2020 sogar 6,8 Tage früher als jener von 1961-1990.
Zusammenhang mit der Temperatur
Der entscheidende Faktor für die Entwicklung der Frühlingsvegetation ist die Temperatur der Monate Januar bis April oder Februar bis April, beide mit einem ähnlich grossen Einfluss (Abbildung 2). Der Frühlingsindex ist stark negativ korreliert mit der Temperatur dieser Monate: Hohe Temperaturen bewirken eine frühe Vegetationsentwicklung, niedrige Temperaturen einen späten Frühlingsbeginn. Im aktuellen Jahr lag die Temperatur von Februar bis April 0,9 °C über der Norm 1991-2020, was die frühe Vegetationsentwicklung dieses Jahres erklärt.
Sehr früher Blühbeginn der Hasel
Das sehr milde Wetter Ende Dezember und in den ersten Januartagen beschleunigte die Entwicklung der Haselsträucher, so dass sie im Januar im Tessin überall blühten. Auf der Alpennordseite konnten im Januar ebenfalls die ersten blühenden Haselsträucher beobachtet werden. Diese frühe Blüte im Jahr 2022 gehört zu den frühesten seit dem Beginn der Beobachtung. Auf der Alpennordseite blühten die meisten Haselsträucher aber erst im Februar mit dem Einsetzen von milderen Temperaturen. Gemittelt über alle Phänologie-Stationen wies die Haselblüte einen Vorsprung von 13 Tagen auf das Mittel von 1991-2020 auf. Huflattich und Buschwindröschen (Abbildung 3) blühten hauptsächlich im März mit einem Vorsprung von 5-10 Tagen. Sie profitierten in ihrer Entwicklungszeit vom Sonnenschein und häufig mildem Wetter im Februar und März.
Schneefall und Frost zu Beginn der Kirschblüte
Die Blüte der Kirschbäume begann Ende März gleichzeitig im Tessin und in den tiefen Lagen der Alpennordseite. Der späte Wintereinbruch mit Schnee vom 1.-3. April (Abbildung 4) schadete den Obstbaumblüten kaum. Auch in der Frostnacht am 4. April mit Temperaturen unter -2 °C hielten sich die Schäden an den Obstbäumen in Grenzen, auch weil vielerorts Frostschutzmassnahmen eingesetzt wurden. Betroffen war vor allem das Steinobst, das schon blühte (Kirschen, Aprikosen, Zwetschen). Die meisten Birnbäume und die Apfelbäume blühten Anfang April noch nicht. Es gab keine Schäden, weil die geschlossenen Knospen weniger frostempfindlich sind als offene Blüten. Gleichzeitig mit den Kirschbäumen blühten auch Löwenzahn und Wiesenschaumkraut. Die Vegetation hatte zu diesem Zeitpunkt einen Vorsprung von 5-8 Tagen auf das Mittel 1991-2020.
Blattentfaltung der Laubbäume ab Ende März
Die Blattentfaltung und das Ergrünen der Wälder begann in diesem Jahr ab Ende März (Abbildung 5). Die Buchen wurden ab etwa Mitte April grün. Bei den meisten beobachteten Bäumen und Sträuchern betrug der Vorsprung auf das Mittel rund 3-4 Tage. Nur die Buchen entfalteten ihre Blätter genau zu einem mittleren Zeitpunkt. Auch die Temperatur im April bewegte sich verbreitet im Bereich der Norm 1991-2020. Bis Mitte Mai waren die Buchenwälder auch an ihren hoch gelegenen Standorten um 1400 m grün.
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Kommentare (6)
Komisch - gefühlt war es ein extrem kalter Frühling. Wir hatten hier im oberen Glarnerland bis Ende Mai regelmäßige Nachtfröste und ich hatte mich in den letzten Jahren schon dran gewöhnt, dass es ab April frostfrei bleibt. Auch Urnerboden und den Klausenpass konnte man in den letzten Jahren ab April mit dem Velo erreichen, dieses Jahr hatten sie Mühe ihn bis Ende Mai befahrbar zu machen. Vielleicht ist es lokales Mikroklima. Objektiv kann ich sehen, dass der Tödigletscher vor meinem Fenster auch dieses Jahr wieder kleiner geworden ist.
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Guten Tag Dennis Lagemann,
März und Mai waren überdurchschnittlich warm. Nur der April blieb schweizweit nah oder leicht unter Norm 1991-2020 (Glarus: -0,4°C zur Norm). Die Details zum vergangenen Frühling können Sie im Saisonbulletin nachlesen, das in Kürze über den Blog publiziert wird, als Teil des Blogs zum Mai/Frühling auf globaler Ebene. Den Blog zum Frühling, den wir vor kurz vor Saisonende publizierten, finden Sie hier: https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/aktuell/meteoschweiz-blog/meteoschweiz-blog.subpage.html/de/data/blogs/2022/5/sommer-im-mai-_-milder-und-sonniger-fruehling.html.
Freundliche Grüsse,
MeteoSchweiz
Guten Tag liebes Meteo-Team,
herzlichen Dank für euren tollen Blog! Da gibt es immer wieder Spannendes zu lernen!
Weshalb hat man denn die Normperiode von 1961-1990 auf 1991-2020 vorverlegt? Ht das etwas mit Klima-/Wettermodellen zu tun?
Weshalb sinkt der Blüh-/Wachsvorsprung der Pflanzen je weiter der Frühling vorschreitet? Reagieren die frühen Frühblüher (Hasel) sensitiver auf höhere Temperaturen als zB die Buchen, deren Vorsprung nur noch wenige Tage waren?
Besten Dank und einen angenehmen Tag!
A. Ullrich
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Guten Tag Frau Ulrich,
die Normperiode wird gemäss Vorgabe der Weltorganisation für Meteorologie alle 10 Jahre nachgerückt, um die Veränderungen des Klimas bei der Einordnung der aktuellen Witterung zu berücksichtigen. Deshalb verwendet MeteoSchweiz seit Beginn dieses Jahres hierfür die Normperiode 1991-2020.
Die Variabilität der Temperatur ist im Winter am grössten, wodurch auch die Spannbreite der Haselblüte sehr gross ist. Sie kann von Ende Dezember bis im März zu blühen beginnen. Bei hoher Temperatur im Dezember und Januar ist deshalb der Vorsprung gross. Frühlingspflanzen reagieren auf die Temperaturentwicklung der vorangehenden ein bis zwei Monate. Die Blattentfaltung der Buche ist zusätzlich vom Erreichen einer bestimmten Tageslänge abhängig. Das heisst, das Datum der Buche variiert nicht so stark.
Freundliche Grüsse,
MeteoSchweiz
Die Frauenschüeli auf dem Hasenbuck (Randen oberhalb Beggingen) blühten dieses Jahr ziemlich genau 4 Wochen früher als letztes Jahr, nämlich bereits um den 15. Mai herum. Würde gerne ein Foto anhängen, aber das geht hier leider nicht...
Gruss, B. Fischer
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Guten Tag Frau Fischer,
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Fotos können über die Meteomeldungen auf der MeteoSchweiz-App geschickt werden.
Freundliche Grüsse,
MeteoSchweiz