Während der warmen Jahreszeit entstehen im Alpenraum regelmäßig starke Gewitter. Sie werden oft von Hagel, starken Regenfällen und stürmischen Windböen begleitet. Darüber hinaus können Blitze und Sturzfluten schwere Schäden an Grundstücken und Infrastruktur verursachen und zu lebensbedrohlichen Situationen führen. Genaue Unwetterwarnungen sind daher essentiell, um Schäden zu reduzieren und die Bevölkerung zu schützen. Die Entwicklung von Gewittern wird durch dynamische und physikalische Prozesse von mikrophysikalischen bis hin zu synoptischen Skalen bestimmt. Diese Prozesse werden auf konzeptioneller Ebene gut verstanden, aber bei der konkreten Vorhersage einer Gewitterzelle ist die Fähigkeit der Wettervorhersagemodelle aus folgenden Gründen begrenzt: Erstens geht die Komplexität der mikrophysikalischen Prozesse über das hinaus, was aus Rechenzeitgründen in einem operationellen Wettervorhersagemodell explizit dargestellt werden kann. Zweitens bestehen weiterhin Unsicherheiten bei der Simulation von turbulenten und mikrophysikalischen Prozessen. Drittens ist die Entwicklung von Gewittern ein nichtlinearer Prozess. Sie ist somit sehr sensitiv gegenüber kleinen Unsicherheiten des Zustands der Atmosphäre, wodurch die Vorhersagbarkeit begrenzt ist (deterministisches Chaos). Daher werden sogenannte Nowcasting-Methoden verwendet, um präzise, lokale Gewitterwarnungen mit Vorhersagezeiten von wenigen Minuten bis zu wenigen Stunden zu generieren.
Zur Erstellung der COALITION-4 Nowcasting-Produkte werden bodengestützte Radar- und Blitzdaten, Satellitenbeobachtungen und Wettermodellvorhersagen mit Methoden des maschinellen Lernens (der künstlichen Intelligenz) ausgewertet. Diese sind in der Lage, multivariate nichtlineare Prozesse komplexer Systeme darzustellen und eine große Anzahl von Prädiktoren zu berücksichtigen. Prädiktoren sind Informationen, auf denen die Vorhersage basiert: Die Radardaten liefern Informationen über die Hydrometeore (Regen, Hagel, Eiskristalle etc.), während die bildgebenden Satellitensensoren die Wolken beobachten. Und das Wettermodell errechnet z.B. den Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre. Mithilfe der Prädiktoren kann der aktuelle Zustand des Gewitters und der atmosphärischen Umgebung erfasst und die weitere Entwicklung abgeschätzt werden. Da es zahlreiche mögliche Prädiktoren gibt, muss eine Auswahl getroffen werden, in die unser Wissen über die zugrundeliegenden dynamischen und physikalischen Prozesse einfließt.
In diesem Projekt wurden bereits folgende Meilensteine erreicht:
Ende 2022 wurde der erste Satellit der neuen, europäischen Generation geostationärer Wettersatelliten, der Meteosat Third Generation Imager 1, ins All geschossen. Ende 2023 begannen die ersten prä-operationellen Datenlieferungen. MTG hat stark verbesserte sowie komplett neu entwickelte Sensoren an Bord, die noch nie dagewesene Möglichkeiten bieten, Gewitter zu beobachten. In COALITION-4 wurde bereits in den davorliegenden Jahren die Nutzung der MTG-Daten vorbereitet:
Für weitere Informationen über das COALITION-4 Projekt wenden Sie sich bitte an Ulrich Hamann.