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Der Föhn, zwischen Lüftchen und Sturm

MeteoSchweiz-Blog | 08. November 2022

Im Vorfeld einer atlantischen Kaltfront hat sich eine schwach aktive Föhnlage im Alpenraum eingestellt. Vor genau 40 Jahren, am 8. November 1982, herrschte ebenfalls eine Föhnlage, allerdings von einem anderen Schlag.

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Grosswetterlage

Aus der Luftmasse des Ex-Hurrikans «Martin» hat sich ein umfangreiches Tief über dem Nordatlantik gebildet. Am Dienstag lag sein Zentrum zwischen den Britischen Inseln und Island. Die dazugehörende Kaltfront erstreckte sich vom Nordmeer über den Benelux Staaten, Nordfrankreich bis zur nordwestlichen Küste Spaniens und verlagerte sich langsam ostwärts. Im Laufe des Tages sorgte die Annäherung der Kaltfront für einen langsamen Druckfall auf der Alpennordseite. Gegen Abend erreichte der Süd-Nord Druckunterschied aber nur 5 hPa.

In der Höhe lag das Zentrum des Höhentiefs ziemlich genau über dem Zentrum des Bodentiefs. Bei solchen Lagen bleibt das Tief auf allen Höhen mindestens für einen Tag stationär. Zudem zeigte die Höhenkarte eine starke Südwestströmung über den Alpen. Die Kombination von leichtem Druckfall im Bodenfeld und starker, südwestlicher Höhenströmung führte im Laufe des Tages zur Entstehung einer schwachen Föhnströmung in den Alpentälern.

Zuerst Nebel im Mitteland

Nach einer mehrheitlich wolkenarmen Nacht hatten sich am Dienstag früh einige dichte Nebelfelder im Mittelland gebildet. Die Nebelobergrenze lag bei etwa 600 Metern. Die aufkommende Südwestströmung sowie der einsetzende Druckfall auf der Alpennordseite vermochte die Nebelfelder im Laufe des Vormittags vollständig aufzulösen.

Schwacher Föhn

Abgesehen vom Wind mit Spitzen um 60 km/h am Alpenhauptkamm war bis zur Mittagszeit kaum etwas von der Föhnlage feststellbar. Am Juranordfuss erreichte die Temperatur in Fahy bereits 18 Grad. Allerdings hatte diese Temperatur nichts mit dem Föhn zu tun, sondern entstand wegen der sehr milden Luft, die die Südwestströmung vom Rhone Tal her nach Norden heranführte. In der Nähe von Fahy, auf französischem Boden lag die Temperatur um die Mittagszeit verbreitet zwischen 18 und 20 Grad. Anfangs Nachmittag meldete sich der Föhn zuerst in Chur und liess die Temperatur sprunghaft auf 16 Grad ansteigen.
Beim Redaktionsschluss hatte sich die Föhnlage nur zögernd weiterentwickelt. Die Windböen erreichten gelegentlich 40 bis 50 km/h in den Föhntälern, und die Temperatur lag um 17 Grad. Dagegen meldeten die tiefgelegenen Stationen im Mittelland Höchstwerte um 13 Grad. Auf leicht erhöhten Lagen sowie in Juranähe floss sehr milde Luft von Frankreich her und sorgte für Höchstwerte zwischen 17 und 19 Grad. Damit zeigte sich, dass in der heutigen Wetterlage die Zufuhr milder Luft auf Grund der Südwestströmung eine stärkere Auswirkung als der Föhn hatte.

Seltene Wolke

Heute Vormittag beobachtete Daniel Gerstgrasser die relativ seltene Wolke «Hole-Punch Cloud» am Himmel über Thalwil. Die genaue Entstehung dieser Wolke ist nicht in allen Details geklärt. Die wahrscheinlichste Hypothese ist, dass rasch fallende Eiskristalle ein Loch in der Wolkendecke verursachen und zur Bildung einer trichterförmigen Wolke unterhalb des entstandenen Lochs führen. Die fallenden Eiskristalle dürften wahrscheinlich durch Flugzeuge verursacht werden. Auf dem aktuellen Bild sorgen die fallenden Eiskristalle sogar für eine Nebensonne.

Der Föhnsturm vom 8. November 1982

Vor genau 40 Jahren hatte sich ebenfalls eine Föhnlage im Alpenraum eingestellt. Allerdings fand damals eines der stärksten Föhnereignisse des 20ten Jahrhundert statt. Das äusserst kräftige Tief mit einem Druck von 965 hPa im Zentrum lag über der Biskaya. Es verursachte einen Druckunterschied von 28 hPa, einen Rekordwert (Quelle: "Typische Wetterlagen im Alpenraum", Seite 19), zwischen Kloten und Lugano. Die Wetterübersicht des damaligen «Grünen Bulletins» der Schweizerischen Meteorologischen Zentralanstalt berichtete von Böen über dem Alpenkamm mit Spitzengeschwindigkeiten zwischen 150 und 195 km/h. Am Sustenpass wurde eine Böe von 246 km/h gemeldet. Die Schäden waren beträchtlich. Im Rheintal wurden Obstkulturen und Wäldern zerstört sowie viele Dächer abgedeckt. (Quelle: Sturmforum Archiv).