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Zeit der Zyklonen

MeteoSchweiz-Blog | 20. November 2022
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Im Blog von gestern wurde die Planetarische Frontalzone mit ihren Rossby-Wellen schön beschrieben. Heute schauen wir in weite Ferne, wo unser kommendes Wetter seinen Ursprung hat.

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Sonntagswetter

Heute war die Schweiz zwischen den Fronten. Die Schauer der letzten Nacht mit Schwerpunkt an den Voralpen (11 mm in Schwyz und Bisisthal SZ) zogen ab, dahinter lockerten die Wolken auf. Dementsprechend frisch war es am Sonntagmorgen. Im Mittelland gab es recht verbreitet Bodenfrost, Luftfrost (gemessen in 2 Meter Höhe) wurde lokal nur knapp verpasst. In den Alpentälern kühlte es bis auf unter -5 Grad ab.

Tagsüber zeigte sich zeitweise, inneralpin und im Süden sogar lange die Sonne, bevor gegen Abend aus Westen die Wolken schon wieder zunahmen. Sie gehören zu einem nächsten Tief über Mitteldeutschland, welches seine Mischfront (Okklusion) im Laufe der Nacht über die Schweiz ostwärts lenkt. Zuvor erreichten die Temperaturen am Nachmittag im Flachland rund 9 Grad, auf der Alpensüdseite bis 15 Grad. Diese Höchstwerte entsprechen in etwa der Jahreszeit, im Süden war es für Mitte November leicht zu warm.

Ein Tief nach dem anderen

Liest man den Wetterbericht für die kommenden Tage, so bleibt wohl kein Zweifel, dass uns eine unbeständige Wetterwoche bevorsteht. Ein Tiefdruckgebiet jagt das andere und lenkt seine Frontensysteme über uns hinweg. Dies ist auch in den Prognosekarten des vom ECMWF betriebenen europäischen Wettermodells IFS deutlich zu erkennen:

Gesteuert werden die Tiefdruckgebiete (Zyklonen) weit über unseren Köpfen von Starkwindbändern (Jetstreams) in etwa 9 Kilometer Höhe. Sie sind eingebettet in die Planetarische Frontalzone, auch Polarfront genannt. Am Montag und Dienstag ist der Jetstream über dem Atlantik sehr zügig unterwegs und erreicht Windgeschwindigkeiten von 300 bis 350 km/h. Er verläuft recht weit südlich und stösst bis in den Mittelmeerraum vor, wo er ebenfalls kräftige Tiefdruckentwicklungen (Zyklogenesen) in Gang bringt.

Warum ist der Jetstream so stark?

Grosse horizontale Temperaturgegensätze, wie sie im Bereich der Polarfront vorkommen, bewirken in der Höhe einen starken Jetstream. In der Fachsprache wird diese Verbindung mit dem so genannten thermischen Wind beschrieben. Sind die Temperaturgegensätze maximiert, so gibt es auch in den Starkwindbändern Bereiche mit maximalen Windgeschwindigkeiten (Jetstreaks). Will man nun wissen, warum in den nächsten Tagen der Jetstream über dem Atlantik so stark ausfällt, so muss man den Blick stromauf (also westwärts) richten.

Ursache der auflebenden Westwinddrift über dem Nordatlantik ist der derzeitige extreme Kaltluftvorstoss über weiten Teilen Nordamerikas. Er löste an den Grossen Seen strichweise heftige Schneeschauer aus (lake effect). Die nach Süden drängende Kaltluft maximiert die Temperaturgegensätze zwischen Polarluft und Subtropikluft über dem Osten der USA und Ostkanada. Dies treibt den Jetstream über dem Atlantik an und kurbelt bis nach Europa eine Zyklogenese nach der anderen an. Doch die eigentliche Ursache der ganzen Kettenreaktion liegt noch weiter westlich. Hier stiess Warmluft bis nach Alaska vor und baute dort eine massive Wärmeanomalie auf. Als Gegenbewegung wurde der Kaltluftausbruch über Nordamerika induziert. Somit hat unser Wetter in den nächsten Tagen seinen Ursprung rund 10.000 Kilometer von uns entfernt über dem Ostpazifik.