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Der Wärmeinseleffekt

MeteoSchweiz-Blog | 04. August 2022
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Im Vorfeld einer atlantischen Kaltfront über Frankreich schwächte sich heute Donnerstag das in den letzten Tagen bestimmenden Hoch ab. Die aufkommende südwestliche Höhenströmung führte sehr heisse Luft von der Iberischen Halbinsel zu den Alpen und trug mit der uneingeschränkten Sonneneinstrahlung zu den sehr heissen Temperaturwerten in der ganzen Schweiz bei. Trotz aufziehender Kaltfront und sehr heissen Temperaturwerten blieb die Gewitteraktivität bis zu Redaktionsschluss sehr bescheiden und beschränkte sich auf einzelne konvektiven Zellen über der Jurakette.

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Grosswetterlage

In der ersten Donnerstaghälfte lag der Alpenraum unter dem Einfluss eines Hochs mit Kern über Russland. Im Vorfeld einer Kaltfront aus Frankreich sank der Druck im Laufe des Tages allmählich. Das Zentrum des steuernden Tiefs lag über dem Nordmeer und bewegte sich kaum. Damit kam die Kaltfront über Frankreich nur langsam nach Osten voran.

Im Laufe des Tages näherte sich im Höhenfeld ein Höhentrog den Alpen. Damit verstärkte sich die südwestliche Höhenströmung, die zunehmend heisse Luft von der Iberischen Halbinsel zu den Alpen führte. Auf der 850 hPa Höhenkarte von 12 Uhr UTC zeigte sich eine Blase sehr warmer Luft, die sich von den Pyrenäen bis zur Alpennordseite erstreckte.

Auf der 850 hPa Höhenkarte von 12 Uhr UTC zeigte sich eine Blase heisser Luft, die sich von den Pyrenäen bis zur Alpennordseite erstreckte. Auf etwa 1500 Metern lag die Temperatur der herangeführten Luft zwischen 22 und 24 Grad. Die Temperatur auf 850 hPa ist ein wichtiger Faktor zur Bestimmung der zu erwarteten Höchstwerten in den Niederungen. Mit Werten zwischen 22 und 24 dürften Höchstwerte zwischen 33 und 37 Grad im Mittelland ansteigen.

Entwicklung der Temperatur

Am Ende der Nacht lagen die Tiefstwerte auf der Alpennordseite verbreitet zwischen 15 und 18 Grad. Vereinzelt meldeten Stationen am Ufer der Seen oder auf leicht erhöhten Lagen (Rünenberg, Lägern und St Gallen) Werte über der 20-Gradmarke oder zwischen 18 und 20 Grad. Auf der Alpensüdseite waren die Tiefstwerte allgemein etwas höher als im Norden. Die Stationen in unmittelbarer Nähe der Seen oder auf leicht erhöhten Lagen meldeten wie im Norden die höchsten Werte. Kaum Abkühlung gab es zwischen Lausanne und dem östlichen Teil des Genfersees. An den 3 MeteoSchweiz Stationen dieses Gebietes wurden 22.3 Grad in Pully, 22.4 in Le Bouveret und 23.9 Grad in Vevey gemessen.

Auf Grund der von der Iberischen Halbinsel herangeführten heissen Luft und der uneingeschränkten Sonneneinstrahlung stieg die Temperatur auf Rekordwerte an. Verbreitet lagen die Höchstwerte über der 33-Marke. Besonders gegen Westen hin wurde sogar die 35-Gradmarke überschritten. An den Messstationen Genf, Changins, La Dôle, Moléson und Neuchâtel wurden die bisherigen Augustrekorde (alle aus dem Jahr 2003) übertroffen. Am 13. August 2003 registrierte Genf 37.4 Grad. Heute stieg das Thermometer dort auf 38.3 Grad. Die bisherigen Augustwerte in Changins, La Dôle, Moléson und Neuchâtel betrugen 36.4, 27.9, 25.1 und 36.2 Grad. Die Werte wurden heute ebenfalls mit 36.5, 28.3, 25.3 und 36.7 Grad übertroffen.

Wärmeinseleffekt

Die Anhäufung von sehr heissen Sommern in den letzten 20 Jahren hat die Unannehmlichkeiten der Hitze in den Städten zum Vorschein gebracht. Früher eher als belanglose Besonderheit am Rande bemerkt, zeigt sich, dass die Temperaturentwicklung in den Städten eine grosse Herausforderung für die Stadtplanung und die Architektur sind.

An sonnigen und warmen Sommertagen werden Mauern und Siedlungsflächen mit versiegelten Flächen tagsüber stärker erwärmt als Grünflächen. Der Grund liegt darin, dass die Beton-, Mauern- und Teerflächen die Wärme speichern. Auf Wiesen und Wäldern wird die Wärme zumindest teilweise zum Verdampfen des Wassers benutzt (Evapotranspiration), sodass die Temperatur auf Grünflächen weniger ansteigt als in den Städten.

In der Nacht strahlen die städtischen versiegelten Flächen die gespeicherte Wärme wieder ab und wärmen damit die Umgebungsluft. Damit sinkt die Temperatur in den Städten langsamer als in der grünen Umgebung. Das Ergebnis dieses unterschiedlichen Wärmehaushalts zwischen Stadt- und Landflächen wird «Wärmeinseleffekt» oder «Hitzeinseleffekt» bezeichnet. Im Vergleich mit den Langebieten liegt die Temperatur in der urbanen Umgebung im Schnitt 4 bis 6 Grad höher.

Der Wärmeinseleffekt wirkt sich je nach Gebäude (Isolation, Baumaterial, Lage) sehr unterschiedlich aus. Je besser die Isolation eines Gebäudes ist, desto weniger wirkt sich die Hitze aus. Zudem können bereits einzelne Bäume in der unmittelbaren Nähe eines Gebäudes einen starken abschwächenden Einfluss auf die Hitze haben.

Bei der Entwicklung der Klimaszenarien CH2018 hat MeteoSchweiz zusammen mit weiteren Partnern (Baudirektion des Kantons Zürich, das Bundesamt für Umwelt (BAFU), den Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und die Hochschule Luzern (HSLU)) wichtige Grundlagen für die zukünftige Anpassung an den Klimawandel erarbeitet.

Im Gegensatz zu den Städten sind die typischen Schweizer Mischwälder in diesen Hitzephasen echte thermische Oase, in welchen die Temperatur im Sommer deutlich tiefer als in den Städten oder sogar auf offenen Grünflächen liegen.

Weitere Informationen:
Klimaszenarien CH2018
Hitzeinseln (Schweizerischer Städteverband)