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Regen als Segen

MeteoSchweiz-Blog | 13. August 2022
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Das Jahr 2022 verlief vor allem im bisherigen Sommer aussergewöhnlich trocken, so auch heute mit einem weiteren Tag mit sonnigem Hochdruckwetter. Doch im Laufe der kommenden Woche stellt sich die Wetterlage grundlegend um und die Chance auf den langersehnten, flächendeckenden Regen steigt deutlich an.

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Extrem trocken

Betrachtet man den bisherigen Verlauf des gefallenen Niederschlages im Jahr 2022, so fällt gleich auf, dass in nahezu allen Regionen der Schweiz bis zum Sommer ein beträchtliches Niederschlagsdefizit aufgelaufen ist. Der Grundstein für die zum Teil aussergewöhnlich starke und lange Trockenperiode wurde an vielen Orten schon im Frühling, speziell auf der Alpensüdseite sogar noch früher im vergangenen Winter gelegt. Mit langen Hochdruckwetterlagen und (v.a. im Süden und teils im Westen intensiven) Hitzewellen verschärfte sich der Regenmangel über den Sommer. Seit Jahresbeginn fehlen derzeit im Vergleich zum langjährigen Mittel mindestens 100 bis 200 mm, punktuell im Südtessin teilweise über 300 mm Niederschlag.

Noch besser ist das Wasserdefizit am standardisierten Niederschlag-Evapotranspirations-Index zu erkennen (in der Grafik als SPEI = Standardized Precipitation Evapotransporation Index nach Vicente-Serrano et al., 2010). Dieser Index ist so definiert, dass sein Wert direkt anzeigt, wie aussergewöhnlich das Defizit (oder Überschuss) im aktuellen Monat im Vergleich zur gesamten Messreihe ausfällt. Der SPEI wird für Wasserbilanzen über verschiedene Zeitperioden berechnet, über einen Monat bis mehrere Jahre. In den folgenden Grafiken werden 6 Monate für den Zeitraum Februar bis August dargestellt. Die Wasserbilanz ergibt sich aus der Summe der Niederschläge minus der potentiellen Evapotranspiration, die sich wiederum aus der Verdunstung plus der potentiellen Transpiration zusammensetzt.

Ein Index-Wert von -2 oder weniger zeigt extrem trockene Verhältnisse an, wie sie für den aktuellen Monat statistisch nur 1 Mal in 50 Jahren oder seltener vorkommen. Das ist an allen hier exemplarisch ausgewählten Orten der Fall. An vielen Orten rangiert der SPEI (gesehen als grösstes Wasserdefizit) im Jahr 2022 auf Platz 2, so wie hier gezeigt in St. Gallen oder Genf, aber auch in Bern, Segl-Maria oder in La Chaux-de-Fonds. Ein noch grösseres Wasserdefizit im gleichen Zeitraum gab es nur im Jahr 2003. In Lugano wurde im Zeitraum 09.02.-11.08.2022 nach dem SPEI und bezogen auf die gesamte Messreihe sogar die grösste jemals aufgetretene negative Wasserbilanz beobachtet. Dies ist auch in Meiringen oder in Sion der Fall.

Regen in Aussicht

Die lange Durststrecke ohne nennenswerte, flächendeckende Niederschläge endet in der kommenden Woche. Ab Sonntag nimmt die Wetterküche einen ersten Anlauf zu einer spürbaren Wetterumstellung. Nach den aktuellen Prognoseunterlagen sollen sich von Sonntag auf Montag Schauer und Gewitter ostwärts über die Schweiz ausbreiten und eine erste Regenspende bringen. Noch grundlegender ändert die Wetterlage ab der Wochenmitte, wenn sich ein umfangreicher Höhentrog in Richtung Kontinentaleuropa verlagert und deutlich feuchtere Luft herangeführt wird. Die Animation zeigt, dass nicht nur die Schweiz und der Alpenraum von verbreiteten und nennenswerten Niederschlägen bedient wird, sondern auch in anderen Regionen Europas langersehnte Regenfälle Einzug halten, z.B. in Frankreich oder Deutschland. Mit den teils kräftigen Niederschlägen strömt auch nachhaltig kühlere Luft zumindest zur Alpennordseite. Sehr wahrscheinlich enden damit auch die heissesten Tage des Hochsommers.