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Wenn der Wind aus Westen weht…
MeteoSchweiz-Blog | 30. März 2023
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Am Donnertag und Freitag liegt der Alpenraum in einer ausgeprägten Westwetterlage. Wir schauen uns an, was sich hinter dem oft verwendeten Begriff verbirgt. Was kann man bei Westwetterlagen typischerweise erwarten, was nicht?

Satellitenbild, Bodendruck und Niederschlagsradar (Zentraleuropa abdeckend) vom 30. März 2023 um 11:00 Uhr: Eine typische Westwetterlage stellt sich ein.
Satellitenbild, Bodendruck und Niederschlagsradar (Zentraleuropa abdeckend) vom 30. März 2023 um 11:00 Uhr: Eine typische Westwetterlage stellt sich ein.
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Was heisst «Westwetterlage»?

Die Westwetterlage (auch Westlage) beschreibt in der Meteorologie eine Wetterlage, bei der sich über mehrere Tage hinweg über Europa eine kräftige, von West nach Ost gerichtete Strömung einstellt. Sie ist sowohl in den bodennahen Luftschichten als auch in den höheren Bereichen der Troposphäre ausgeprägt. Überwiegt dabei der Tiefdruckeinfluss, so handelt es sich um eine zyklonale Westlage.

Schematische Verteilung der Hochdruckgebiete und Tiefdruckgebiete samt Frontensystemen während einer Westwetterlage. Quelle: MeteoSchweiz
Schematische Verteilung der Hochdruckgebiete und Tiefdruckgebiete samt Frontensystemen während einer Westwetterlage. Quelle: MeteoSchweiz

Bei einer zyklonalen Westwetterlage stellt sich ein wechselhafter und oft windiger Wettercharakter ein. Ziehen Tiefdruckgebiete mit ihren Frontensystemen von West nach Ost durch, so gibt es den typischen, bekannten Wetterablauf: Aufzugsgebiet vor der Warmfront, Durchzug der Warmfront, Warmsektor, Durchzug der Kaltfront, Rückseitenwetter hinter der Kaltfront.

Tiefdruckbestimmte Westlagen kommen in der Schweiz häufig vor. Dies ergibt sich aus den globalen klimatologischen Randbedingungen, liegt der Alpenraum doch inmitten der Westwindzone der Mittleren Breiten. Zu allen Jahreszeiten sind Westwetterlagen in der Schweiz sogar der häufigste Grosswetterlagentyp:

Häufigkeit aller Strömungslagen aufgeteilt in die Jahreszeiten in den Jahren 1961-2010. Quelle: MeteoSchweiz
Häufigkeit aller Strömungslagen aufgeteilt in die Jahreszeiten in den Jahren 1961-2010. Quelle: MeteoSchweiz

Was kann man bei einer Westwetterlage in der Schweiz erwarten?

Bei einer zyklonalen Westwetterlage ist die Wetteraktivität auf der Alpennordseite erheblich grösser als auf der Südseite. Grund dafür sind die Alpen, die in der Schweiz beinahe in West-Ost-Richtung verlaufen, die Westalpen allerdings nach Süden ausgreifen und eine Strömungsbarriere bilden. Auch die ostalpinen Regionen stehen unter geringerem Einfluss westlicher Winde.

Mittlere tägliche Niederschlagsmenge (in mm) aller zyklonalen Westlagen in der Zeitperiode 1961-2010. Quelle: MeteoSchweiz
Mittlere tägliche Niederschlagsmenge (in mm) aller zyklonalen Westlagen in der Zeitperiode 1961-2010. Quelle: MeteoSchweiz

Der Jura und die Voralpen sowie das Berner Oberland haben bei Westlagen meist ziemlich feuchte Verhältnisse. Bei nicht allzu aktiven Lagen bekommen die Regionen vom Haslital über Uri-Süd und Glarus-Süd und praktisch ganz Nord- und Mittelbünden inklusive dem Unterengadin und ausserdem die Walliser Alpen deutlich weniger Wolken ab. Abseits von lokalen Schauern und Gewittern ist die Niederschlagsbereitschaft im Mittel- und Südtessin stark vermindert, ebenso im Oberengadin und in den Südbündner Tälern. Hier bleibt das Wetter am freundlichsten und es können durchschnittlich die meisten Sonnenstunden verbucht werden.

Relative Sonnenscheindauer (in %) aller zyklonalen Westlagen in der Zeitperiode 1981-2010. Quelle: MeteoSchweiz
Relative Sonnenscheindauer (in %) aller zyklonalen Westlagen in der Zeitperiode 1981-2010. Quelle: MeteoSchweiz
Im Schutze der Alpen ist es auf der Alpensüdseite während Westwetterlagen meistens am freundlichsten, besonders wenn föhniger Nordwestwind die Luft zusätzlich abtrocknet. Bild: Blick auf den Lago Maggiore und zu den Brissago-Inseln von N. Graf.
Im Schutze der Alpen ist es auf der Alpensüdseite während Westwetterlagen meistens am freundlichsten, besonders wenn föhniger Nordwestwind die Luft zusätzlich abtrocknet. Bild: Blick auf den Lago Maggiore und zu den Brissago-Inseln von N. Graf.

Was war heute nicht typisch?

Westwetterlagen bringen im Winterhalbjahr häufig milde Meeresluft vom Atlantik zu den Alpen. Im Sommer wird Westwindwetter im Flachland der Alpennordseite als kühl empfunden. Kippt die Strömung ein bisschen mehr auf Südwest (genannt Westsüdwest), so stellt sich im Winterhalbjahr die wärmste Wetterlage für das Flachland ein.

Ausgesprochen mild

Auch von gestern auf heute hat sich genau solch eine milde Westsüdwestströmung eingestellt. Damit blieb es während der Nacht für die Jahreszeit zum Teil ausgesprochen mild, vor allem in Regionen, wo sich der warme Südwestwind durchsetzen konnte. In Delémont sank die Temperatur in der letzten Nacht nicht unter 13.5 Grad, in Basel-Binningen nicht unter 13.6 Grad. Als der Wind auffrischte, gab es in Delémont mitten in der Nacht sogar wieder einen Temperaturanstieg auf 19.4 Grad.

Tiefsttemperatur der vergangenen 12 Stunden bis am Donnerstagmorgen, 30. März 2023 um 08:00 Uhr (entspricht dem Zeitraum Vortag 18 UTC bis 06 UTC aktueller Tag).
Tiefsttemperatur der vergangenen 12 Stunden bis am Donnerstagmorgen, 30. März 2023 um 08:00 Uhr (entspricht dem Zeitraum Vortag 18 UTC bis 06 UTC aktueller Tag).

Betrachtet man den Zeitraum Vortag 18 UTC bis 06 UTC aktueller Tag wurde damit in Delémont und Basel-Binningen die jeweils zweitwärmste Märznacht seit Messbeginn aufgezeichnet. Dies, nachdem nur eine Woche zuvor die Nacht auf den 24. März 2023 z.B. in Genf und Neuchâtel für den Monat März rekordwarm ausfiel. Weiter östlich wurde letzte Nacht beispielsweise in Cham die drittwärmste, in St. Gallen die fünftwärmste Märznacht seit Messbeginn registriert (bezogen auf den Zeitraum Vortag 18 UTC bis 06 UTC aktueller Tag).

Luftmassenherkunft (Rückwärtstrajektorien) für verschiedene Luftschichten nach dem europäischen IFS-Modell. Gerechnet für ein Luftpaket, das am Donnerstagmorgen, 30. März 2023 um 08:00 Uhr in Basel angekommen ist.
Luftmassenherkunft (Rückwärtstrajektorien) für verschiedene Luftschichten nach dem europäischen IFS-Modell. Gerechnet für ein Luftpaket, das am Donnerstagmorgen, 30. März 2023 um 08:00 Uhr in Basel angekommen ist.

Grund für die sehr milde Nacht ist die herangeführte Luftmasse, welche ursprünglich aus der Region der Kanaren und des subtropischen Atlantiks stammt. Die Warmluft sorgte in Spanien und Südfrankreich bereits für Temperaturrekorde und strömte vor dem Aufzug von Schauern und Gewittern bis zu uns in die Schweiz.

«Hudelwetter» an unserer SMN-Station Egolzwil am Donnerstagmittag. Bild: E. Müller
«Hudelwetter» an unserer SMN-Station Egolzwil am Donnerstagmittag. Bild: E. Müller

Getrübte Luft

Nicht nur milde Subtropikluft kam in den letzten zwei Tagen zu uns, sondern auch etwas Saharastaub. Dies ist für Westwetterlagen eher ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen, wenn sich einige Tage zuvor schon Saharastaub auf den Weg nordwärts gemacht hat und dann in die Westwinddrift einbezogen wird.

Ziemlich staubige Atmosphäre am Donnerstagmorgen beim Blick zum Glärnisch. Die Lufttrübung deutet auf Saharastaub hin, der im Tagesverlauf mit dem Niederschlag ausgewaschen wurde. Bild: D. Gerstgrasser
Ziemlich staubige Atmosphäre am Donnerstagmorgen beim Blick zum Glärnisch. Die Lufttrübung deutet auf Saharastaub hin, der im Tagesverlauf mit dem Niederschlag ausgewaschen wurde. Bild: D. Gerstgrasser

Mehr zu den verschiedenen Wetterlagen in der Schweiz gibt es auch in unserer Broschüre.