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Der Weg vom Quellwölklein zum Gewitter

MeteoSchweiz-Blog | 20. Mai 2023
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Im Sommerhalbjahr ist der Blick an den Himmel nicht nur für notorische Wolkengucker spannend. Allen die draussen unterwegs sind kann er helfen, das Schauer- und Gewitterrisiko grob abzuschätzen. Wir zeigen wie.

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Beim intensiven Blick auf die Smartphone- oder sonstigen Bildschirme geht manchmal vergessen, dass das Wetter draussen stattfindet. Falls man eine Unternehmung in den Bergen oder wo auch immer plant ist es selbstverständlich wichtig und richtig, vorgängig eine seriöse Wetterprognose zu konsultieren. Ebenso macht es natürlich Sinn, bei instabilen Verhältnissen immer wieder einmal einen Blick auf das Niederschlagsradar zu werfen.

Insbesondere im Sommerhalbjahr zeigt uns das Geschehen am Himmel aber recht zuverlässig, ob aus einer Wolke demnächst Niederschlag zu erwarten ist oder nicht. Dies zumindest, solange ein freier Blick auf die Quellwolken gewährleistet ist. Im Folgenden unterscheiden wir vier Entwicklungsstadien, welche wir mit Bildern von verschiedenen Tagen illustrieren.

(1) Die Vorboten - Türmchen oder Flocken am Himmel

Bereits mehrere Stunden bevor sich Quellwolken bilden, zeigen sich manchmal türmchen- oder flockenförmige Wolken am Himmel. Dies ist häufig während der Morgendämmerung oder beim Sonnenaufgang der Fall.

Dabei handelt es sich um Altocumulus castellanus oder Altocumulus floccus-Bewölkung. Beide Arten zeigen eine instabile Schichtung der Atmosphäre im mittleren Wolkenstockwerk (ca. 3 bis 6 km) an. In etwa 70% der Fälle an denen sie auftreten, werden im Tagesverlauf auch effektiv Gewitter beobachtet.

(2) Die Harmlosen - «Schönwetterwolken»

Jede Gewitterwolke ist in ihrem Anfangsstadium zunächst eine kleine Quellwolke, der Begriff «Schönwetterwolke» kann somit recht irreführend sein.

Solange die Quellwolke jedoch breiter als hoch (Cumulus humilis) oder etwa gleich breit wie hoch ist (Cumulus mediocris), ist sie aber effektiv harmlos.

(3) Langsam wird es ernst - «Blumenkohlwolken»

Beginnt die Quellwolke nun in die Höhe zu schiessen, sollte man sie genauer beobachten. Ähnelt ihr Aussehen einem Blumenkohl mit scharf abgegrenzten Wolkenrändern, besteht noch keine unmittelbare Gefahr. Nun kann es aber schnell gehen.

(4) Die Gefährlichen - Gewitterwolken

Sobald die Wolkenränder im oberen Teil der Wolke unscharf werden und auszufransen beginnen, sind in der Wolke Eispartikel vorhanden (s. Bild 1/3). Die Niederschlagsproduktion setzt ein. Die Wolke hat nun das Stadium eines Cumulonimbus calvus erreicht, das Niederschlagsradar zeigt erste Echos an.

Wächst die Wolke schliesslich weiter in die Höhe und erreicht die Tropopause auf einer Höhe von etwa 12 bis 14 km, beginnt sie sich seitlich auszudehnen. Die Tropopause wirkt als Sperrschicht, welche die Gewitterwolke nicht oder nur ganz kurzzeitig durchdringen kann.

Nach und nach bildet sich der sogenannte Amboss aus, ein Cumulonimbus capillatus incus ist geboren (s. Bild 2/3 und 3/3). Diese sind aus der Ferne schön anzusehen, in ihrem Einflussbereich können aber heftige Unwetter mit Starkregen, Hagelschlag und Sturmböen wüten.

In welcher Höhe befindet sich die Quellwolke?

Die Höhe der Wolkenbasis kann folgendermassen bestimmt werden: Man nehme die aktuelle Lufttemperatur und den aktuellen Taupunkt und bilde die Differenz. Diese Differenz multipliziert mit 125 ergibt die Wolkenhöhe in Meter über Grund (Henningsche Formel).

Diese einfache Regel funktioniert allerdings nur im Flachland! In den Bergen ist die Sachlage komplizierter. Hier befinden sich die Heizflächen an denen die Thermik entsteht in verschiedenen Höhenlagen. Dies hat zur Folge, dass die Wolkenbasis deutlich höher ist als im Flachland. Zudem ist in den Alpentälern das von der Sonne erwärmte Luftvolumen im Vergleich zum Flachland deutlich kleiner. Diese Tatsache führt zu höheren Temperaturen und damit ebenfalls zu höheren Wolkenbasen.