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Europaweite Bioaerosol-Überwachung in Echtzeit

MeteoSchweiz-Blog | 13. Juli 2023
7 Kommentare

Mehr als 20 % der Schweizer Bevölkerung und über 100 Millionen Europäerinnen und Europäer reagieren allergisch auf Pollen und Pilzsporen in der Luft. Die Schweiz ist das einzige Land auf dem Kontinent, das der Öffentlichkeit Polleninformationen in Echtzeit zur Verfügung stellt – doch das EU-Projekt SYLVA soll dies ändern. SYLVA wird Informationen liefern, die auf die Bedürfnisse der Beteiligten zugeschnitten sind und ein besseres Verständnis der umwelt- und klimabedingten Veränderungen von Bioearosolen ermöglichen. MeteoSchweiz bringt hier seinen reichen Schatz an Wissen mit automatischen Überwachungstechnologien ein.

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Radikale Veränderungen in der Bioaerosol-Überwachung

Pollen und Pilzsporen in der Luft sind sogenannte Bioaerosole. Sie verursachen nicht nur Niesen und Husten, sondern haben auch erhebliche Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft. Die natürliche Umwelt setzt sie frei, weshalb sie auch stark vom Klimawandel beeinflusst sind. Es besteht ein dringender Bedarf, diese Partikel zu überwachen und Echtzeitinformationen für Endnutzer in Schlüsselbereichen wie der öffentlichen Gesundheit und der Landwirtschaft zu erstellen und frei zugänglich zu machen.

Das europäische Projekt SYLVA startete kürzlich und MeteoSchweiz ist massgeblich daran beteiligt. Das Projekt soll Überwachungstechnologien in extremen Umgebungen testen, eine Infrastruktur entwickeln, die in ganz Europa genutzt werden kann, und dabei zu helfen, Dienste für verschiedene Endnutzergruppen einzurichten. SYLVA wird Informationen liefern, die auf die Bedürfnisse der Beteiligten zugeschnitten sind und ein besseres Verständnis der umwelt- und klimabedingten Veränderungen von Bioaerosolen ermöglichen. Das Finnische Meteorologische Institut koordiniert SYLVA.

Echtzeitinformationen zum Wohle der menschlichen Gesundheit

Viele Bioaerosole enthalten Allergene, die sich negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken. In den letzten 30 Jahren ist die Prävalenz von Allergien und Asthma aufgrund von Bioaerosolen wie Pollen und Pilzsporen in vielen Teilen der Welt um das Vierfache gestiegen. Auch die Schweiz bildet hier keine Ausnahme: Derzeit sind über 20 % der Erwachsenen und 30-40 % der Kinder von Allergien betroffen, wobei die Werte in weiten Teilen Europas ähnlich sind. Die mit diesen Erkrankungen verbundenen Kosten gehen in die Milliarden; allein für die Schweiz werden sie auf 1-4,5 Milliarden Franken jährlich geschätzt. Asthma und Allergien sind ein ernstes und kostspieliges Gesundheitsproblem.

Obwohl ein grosser Bedarf an Informationen über Bioaerosole besteht, sind diese derzeit vielerorts schwer zugänglich, oft uneinheitlich und nicht zeitnah frei verfügbar. MeteoSchweiz ist der einzige nationale Wetterdienst, der Echtzeitinformationen über die Pollenbelastung in der Luft und Vorhersagen auf der Grundlage dieser Messungen bereitstellt. Als Teilnehmerin an SYLVA wird MeteoSchweiz ihre führende Rolle in diesem Bereich einer viel breiteren europäischen Gemeinschaft zugänglich machen.

Bessere Überwachung führt zu einer gesünderen Landwirtschaft

Neben ihrer Bedeutung für das Klima und die menschliche Gesundheit liefern Bioaerosole auch wichtige Informationen für die Land- und Forstwirtschaft. Durch eine bessere Überwachung kann der Pollenflug während der Blütezeit genutzt werden, um die Obstproduktion genauer vorherzusagen. Ebenso kann die frühzeitige Erkennung von pathogenen, also krankheitserregenden,  Pilzsporen mit einer präziseren Anwendung von Fungiziden verbunden werden. Dies wird die Bodenverschmutzung verringern und damit die biologische Vielfalt und umweltfreundlichere landwirtschaftliche Techniken fördern. Darüber hinaus kann die genaue Überwachung von Pollen in der Luft auch dazu genutzt werden, invasive Arten und Lebensraumveränderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu verfolgen.

SYLVA bietet eine radikale Verbesserung

Das europäische Projekt SYLVA zielt darauf ab, die Bereitstellung von Echtzeitinformationen über Bioaerosole in ganz Europa radikal zu verbessern. Im Rahmen des Projekts werden modernste Überwachungstechnologien in extremen Umgebungen erprobt und die Entwicklung von Infrastruktur und Software vorangetrieben, wobei die Grundsätze des Open-Source-Prinzips eingehalten werden, so dass die Informationen in Echtzeit und kostenlos für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dies stellt eine radikale Verbesserung gegenüber der derzeitigen Situation in vielen europäischen Ländern dar: Die derzeit verwendete manuelle Technologie liefert Daten, die mit einer Verzögerung von bis zu 9 Tagen vorliegen und oft nicht frei verfügbar sind.

Der Beitrag von MeteoSchweiz

Als Pionierin auf dem Gebiet der automatischen Bioaerosol-Überwachung bringt MeteoSchweiz eine Fülle von Erfahrungen und Wissen in das SYLVA-Projekt ein. MeteoSchweiz wird an einer Reihe von wichtigen Aspekten des Projekts beteiligt sein: Technologien werden in extremen Höhen auf dem Jungfraujoch getestet, Methoden werden entwickelt, um langfristige klimatologische Datensätze zu erstellen, die manuelle und automatische Beobachtungen zusammenführen, die Software wird erweitert, um landwirtschaftlich relevante Pilzsporen zu erkennen, und lokale Interessengruppen werden einbezogen, um Informationsdienste auf der Grundlage von Echtzeit-Messungen mitzugestalten.

Der Beitrag der MeteoSchweiz zum Projekt SYLVA wird vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) finanziert.