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Verheerendes Gewitter in La Chaux-de-Fonds

MeteoSchweiz-Blog | 24. Juli 2023
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Eine mächtige, sich entlang des Juras entwickelnde, Gewitterzelle traf am späten Montagmorgen die Stadt La Chaux-de-Fonds und Le Locle. Die Gewitterzelle verursachte heftige Windböen und schwere Schäden, deren Ausmass noch nicht abzuschätzen ist.

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Gewitter entwickeln sich in einem dynamischen Umfeld

Eine sehr labile Atmosphäre, verbunden mit einer starken Windzunahme mit der Höhe, liess die Entwicklung potenziell heftiger Gewitter am heutigen Montag in der Schweiz erwarten.

Aus diesem Grund haben wir bereits am gestrigen am Sonntagmorgen einen Warning-Outlook vor möglichen, schweren Gewittern für den heutigen Montag herausgegeben, die zwischen 00:00 und 22:00 Uhr gültig war.

Heute entwickelten sich ab dem Vormittag von Westen her zahlreiche Gewitter. Gegen 11.15 Uhr traf eine sich rasch entwickelnde Gewitterzelle aus dem französischen Jura kommend von Westen her auf die Agglomerationen Le Locle und La Chaux-de-Fonds. Die Gewitterzelle wurde von heftigen Windböen, starkem Regen und Hagel begleitet und fegte innerhalb von nur 15 Minuten über die Ortschaften hinweg. Mehrere Gebäude wurden schwer beschädigt und zahlreiche Bäume wurden gefällt. Das endgültige Ausmass der Schäden ist derzeit noch nicht bekannt.

Kräftiges Gewitter als Ursache

Sehr grosse Labilität der Luftmasse, ausreichende Feuchtigkeit und eine starke Windzunahme mit der Höhe begünstigen die Entwicklung von starken Gewittern.

Die starke Windzunahme mit der Höhe sorgt dafür, dass die Gewitter in der Regel viel länger als normal halten und ihre Auf- und Abwärtsströmungen tendenziell verstärken. Dies kann sie besonders heftig machen, weshalb diese Wetterlagen in der Regel mit Warning-Outlooks vor möglichen schweren Gewittern gewarnt werden. Sobald sich ein Gewitter gebildet hat, werden je nach der gemessenen oder durch Radar geschätzten Intensität "Flash-orage"-Warnungen ausgegeben.

Ursprung der Schäden nach diesem heftigen Gewitter

Es ist derzeit noch verfrüht, eine endgültige Ursache für die in La Chaux-de-Fonds und Le Locle aufgetretenen erheblichen Schäden zu benennen, da die Informationen weiter gesammelt und noch ausgewertet werden müssen.

Die wahrscheinlichste Hypothese ist, dass es sich entweder um einen Tornado oder einen eng begrenzten heftigen Sturm handelt, der sich unter der Gewitterzelle entwickelt hat. Zwei extreme Phänomene, die plötzliche und zerstörerische Windböen verursachen. Je nachdem, was die weiteren Analysen ergeben, kann eine endgültige Einschätzung getroffen werden.

Auf Twitter ist in diesem Tweet im linken Bild am rechten Bildrand sogar unsere Messstation zu sehen.

Die Intensität der herannahenden Gewitterzelle zeigt auch sehr eindrücklich das am Flughafen Les Eplatures (am Südwestrand von La Chaux-de-Fonds gelegen) aufgenommene Video. Videoquelle: LSGC airport authority

Historische Beurteilung

Die Art des Unwetters ist in der Region (Jura) nichts absolut Einzigartiges. Tornados haben in der Schweiz schon mehrmals zu eigentlichen Katastrophen geführt. In drei bekannten und auch sehr gut dokumentierten Fällen - am 19. August 1890 und am 26. August 1971 im Vallée de Joux im Waadtländer Jura, sowie am 12. Juni 1926 bei La Chaux-de-Fonds - haben Tornados von SW nach NE kilometerlange Schneisen in den Wald geschlagen und viele Gebäude teilweise oder total zerstört.

Tornados in der Region La Chaux-de-Fonds

Eine Tornado-Katastrophe hat sich am Nachmittag des 12. Juni 1926 unweit der Stadt La Chaux-de-Fonds ereignet. Der Tornado formierte sich über einem Hügelzug nordöstlich der Stadt und zog nördlich daran vorbei in Richtung der Franches Montagnes (Herzog, Golaz 1926). Sein Pfad zeigte wiederum die charakteristische fast schnurgerade SW-NE Ausrichtung. Der Tornado legte eine Strecke von 22 Kilometern zurück, wobei er nach 7 Kilometern vom Boden abhob und 3 Kilometer weiter wieder aufschlug. Ein achtjähriger Junge, zusammen mit seiner Mutter unterwegs, wurde vom Sturm derart heftig durch die Luft geschleudert, dass er an den dabei erlittenen Verletzungen erlag. Seine Mutter und mehrere weitere Personen wurden schwer verletzt. Nach dem Sturm blieben zerstörte Wohnhäuser und kahlgeschlagene Waldpartien zurück (Herzog, Golaz 1926; Piaget 1976). Dazu unten die sehr aufschlussreiche Fotografie einer stehengebliebenen Rottanne, deren Äste im mittleren Teil des Baumes mehrfach um den Stamm gewickelt wurden (Herzog, Golaz 1926). Eindrücklicher kann die Tornado-Natur des Gewittersturms vom 12. Juni 1926 wohl kaum zum Ausdruck gebracht werden.

Am 23. August 1934 wurde die Region La Chaux-de-Fonds abermals heimgesucht, diesmal gleich von mehreren Tornados. Sie forderten das Leben dreier Menschen (Piaget, 1976).

Quellen:

Piaget A. , 1976: L'évolution orageuse au nord des Alpes et la tornade du Jura vaudois du 26 aout 1971. Veröffentlichungen des Schweizerischen Meteorologischen Zentralanstalt Nr. 35.

Herzog J.L., Ch. Golaz, 1926: Le cyclone orageux du12 juin 1926. Annalen der Schweizerischen Meteorologischen Zentralanstalt 1926, Anhang Nr. 3.