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Nach "Hudelwetter" allmähliche Wetterbesserung
MeteoSchweiz-Blog | 06. August 2023
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Für die Jahreszeit ungewöhnlich kräftige Tiefdruckgebiete bestimmen aktuell das Wetter im Alpenraum. Wir ziehen Bilanz der windigen, nassen und eher kühlen Verhältnisse der letzten Tage und wagen einen Ausblick auf die kommende Woche.

Aprilwetter im Hochsommer! Aufgenommener Regenbogen heute Vormittag in Bürchen (VS). Quelle: Meteomeldungen / App
Aprilwetter im Hochsommer! Aufgenommener Regenbogen heute Vormittag in Bürchen (VS). Quelle: Meteomeldungen / App
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Im Sturmfeld von Antoni windig

Abbildung 1: Bodendruckkarte mit Frontenanalyse. Quelle: DWD
Abbildung 1: Bodendruckkarte mit Frontenanalyse. Quelle: DWD

Der heutige Sonntag stand ganz im Zeichen des nächsten Sturmtiefs namens «Antoni». Es verlagerte sein Zentrum unter allmählicher Auffüllung vom Ärmelkanal über Belgien hinweg in den Nordwesten Deutschlands und führte eingelagert in einer kräftigen bis stürmischen nordwestlichen Höhenströmung eine Kaltfront und weitere Feuchtestaffeln zur Alpennordseite (siehe Abbildung 1).

Animation der Temperatur auf 700 hPa (ca. 3000 m ü.M), des Geopotentials (schwarze Linien) und des Jetstreams (farbige Isolinien) auf 300 hPa (ca. 9000 m ü.M.). im Zeitraum zwischen Sonntag, 6.8. 00 UTC bis Mittwoch,  9.8. 00 UTC.
Animation der Temperatur auf 700 hPa (ca. 3000 m ü.M), des Geopotentials (schwarze Linien) und des Jetstreams (farbige Isolinien) auf 300 hPa (ca. 9000 m ü.M.). im Zeitraum zwischen Sonntag, 6.8. 00 UTC bis Mittwoch, 9.8. 00 UTC. (ECMWF)

Mit der kräftigen nordwestlichen Höhenströmung floss zudem im Tagesverlauf nochmals deutlich kühlere maritime Polarluft ein (siehe Animation oben).

Abbildung 2: Berechnete Rückwärtstrajektorien (Globalmodell GFS) für das Jungfraujoch. Sie zeigen den Ursprung und den Weg der Luft an, welche heute Sonntagabend auf dem Jungfraujoch ankam. Gut erkennbar, dass die Luft ihren Ursprung in Polargebieten hat.
Abbildung 2: Berechnete Rückwärtstrajektorien (Globalmodell GFS) für das Jungfraujoch. Sie zeigen den Ursprung und den Weg der Luft an, welche heute Sonntagabend auf dem Jungfraujoch ankam. Gut erkennbar, dass die Luft ihren Ursprung in Polargebieten hat. (www.wetter3.de)

Die Kaltluftadvektion liess von Westen her den Druck ansteigen, was den Druckgradienten auf der Südseite des Bodentiefs Antoni verschärfte. Zudem floss im Bereich des Höhentiefs auch Höhenkaltluft ein, so dass in der zunehmend labileren Luftmasse der Höhenwind teils bis in mittlere und tiefere Lagen durchgreifen konnte. Somit frischte der Wind im Verlaufe des Vormittags zeitweise merklich auf. Im Flachland wurden verbreitet 45 bis 60 km/h, in leicht erhöhten und exponierten Lagen sogar 60 bis 75 km/h gemessen. In den Berglagen erreichten die Windspitzen lokal 100 bis 120 km/h (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Gemessene maximale Böenspitzen der letzten 24 Stunden bis Redaktionsschluss.
Abbildung 3: Gemessene maximale Böenspitzen der letzten 24 Stunden bis Redaktionsschluss. (MeteoSchweiz)

In Berglagen deutlich zu kalt

Der heutige Sonntag stand ganz im Zeichen der Kaltluftadvektion. An vielen Stationen wurden die Höchsttemperaturen bereits in den frühen Morgenstunden gemessen (siehe Temperaturverlauf vom Jungfraujoch und von Kloten unten).

Auf der Alpennordseite kletterte das Thermometer an vielen Stationen nicht über 15 Grad. Einzig in der Westschweiz sowie in der Zentralschweiz (Westföhneffekt) wurden immerhin 17 bis 18 Grad erreicht (siehe Abbildung 5). Insbesondere in den Berglagen war es heute Sonntag für die Jahreszeit deutlich zu kalt.

Abbildung 5: Gemessene Tageshöchstwerte bis Redaktionsschluss.
Abbildung 5: Gemessene Tageshöchstwerte bis Redaktionsschluss. (MeteoSchweiz)

Auf dem Jungfraujoch wären im August normalerweise etwa 3.5 Grad zu erwarten. Heute kletterte das Thermometer nicht über -5.7 Grad. Somit war es heute auf dem Jungfraujoch gut 9 Grad kälter als es der klimatologische Normwert (Normperiode 1991-2020) erwarten würde. Auch in Davos war es mit 9 Grad deutlich zu kalt. Normalerweise wären im August etwa 18 Grad zu erwarten. Im Oberengadin in Samedan wurde heute in der Früh sogar Bodenfrost registriert.

Die nachfolgende Grafik (Abbildung 6) zeigt zudem am Beispiel vom Jungfraujoch auf, dass die Anzahl an «sehr kalten Tagen im Juli und August» in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat.

Abbildung 6: Verlauf der «Anzahl an sehr kalter Tage im Juli und August» seit 1960 auf dem Jungfraujoch.
Abbildung 6: Verlauf der «Anzahl an sehr kalter Tage im Juli und August» seit 1960 auf dem Jungfraujoch. (MeteoSchweiz)

Im Norden weiterhin nass

Mit der starken nordwestlichen Höhenströmung gelangte zudem weiterhin feuchte Luft zur Alpennordseite. Bis Redaktionsschluss fielen auf der Alpennordseite weitere 5-15 mm, am Alpennordhang 20-35 mm (vergleiche Abbildung 7a). Zudem sank auch die Schneefallgrenze im Tagesverlauf kontinuierlich ab und lag bis Redaktionsschluss bei rund 2000 Metern.

Exklusivrecht Sonne und sommerliche Wärme auf der Alpensüdseite

Abbildung 8: Mit Nordwind eitler Sonnenschein in Cavigliano (TI).
Abbildung 8: Mit Nordwind eitler Sonnenschein in Cavigliano (TI). (Meteomeldungen/App)

Während auf der Alpennordseite aufgrund des Nordüberdruckes die ganze Feuchtigkeit gestaut wurde, konnte auf der Alpensüdseite dank Nordwind ganztags die Sonne genossen werden!

Mit der Unterstützung des Nordwinds kletterte auch das Thermometer auf der Alpensüdseite auf sommerliche Temperaturen. Verbreitet wurden 25 bis 28 Grad gemessen (siehe Abbildung 5).

Ausblick

Am Montag verlagert sich der Tiefdruckkomplex über Deutschland und Polen langsam zur Ostsee und verliert allmählich an Einfluss auf unser Wetter. Die kräftige nordwestliche Höhenströmung bleibt aber bis am Mittwoch noch bestehen und führt insbesondere am Montag noch etwas feuchtere Luft zur Alpennordseite. Gleichzeitig dehnt sich im Verlaufe des Montags ein Ausläufer des Azorenhochs aus Westen zum Alpenraum aus und sorgt für eine allmähliche Abtrocknung der Luftmasse. Ab Dienstag wird es mit Hochdruckeinfluss von Tag zu Tag wärmer (siehe Abbildung 9). Die Erwärmung erfolgt jedoch eher langsam. Zudem ist noch etwas unsicher wie viel Sonne wir am Dienstag und Mittwoch erwarten können. Die Temperaturen steigen aber am Dienstag und Mittwoch immerhin auf Werte von 20 bis 24 Grad. Sommerliche Temperaturen von über 25 Grad werden im Norden wohl erst ab Donnerstag erreicht. Die Mehrheit wird aber wahrscheinlich ohnehin zufrieden sein, dass es in der kommenden Woche wieder wärmer wird! :)

Abbildung 9: Ensemble-Vorhersage vom Globalmodell ECMWF für den Gitterpunkt Zürich. Bei der Temperatur auf 850 hPa (ca. 1500 m ü. M.) ist im Verlauf der nächsten Woche ein deutlicher Trend nach oben erkennbar. Ab Dienstag (ausser mit einer gewissen Unsicherheit am Mittwoch) zeigen auch die meisten «Ensemble Members» bis zumindest Freitagabend trockene Verhältnisse an.
Abbildung 9: Ensemble-Vorhersage vom Globalmodell ECMWF für den Gitterpunkt Zürich. Bei der Temperatur auf 850 hPa (ca. 1500 m ü. M.) ist im Verlauf der nächsten Woche ein deutlicher Trend nach oben erkennbar. Ab Dienstag (ausser mit einer gewissen Unsicherheit am Mittwoch) zeigen auch die meisten «Ensemble Members» bis zumindest Freitagabend trockene Verhältnisse an. (ECMWF)