Südhänge, Nordhänge, Kaltluftseen und Co.
Die obigen Angaben werden bei Hochdruckwetter weiter modifiziert durch die Exposition. Während im Hochsommer die Exposition nur eine geringe Rolle spielt, ist dies im Herbst und Winter ganz anders. Im Winter kommt es sogar nicht selten vor, dass Nordhänge ganztags im Schatten liegen, während Südhänge eine lange Sonnenscheindauer aufweisen, wobei zusätzlich der Einstrahlungswinkel günstig ist. Dies führt zu grossen Unterschieden bei der Lufttemperatur. In der oberen Leventina bei Piotta beispielsweise sind Nordhänge im September etwa 3 Grad weniger warm als Südhänge, während der Unterschied im Hochsommer kaum 1 Grad beträgt. 3 Grad Unterschied im September, im Oktober sogar 4 Grad, das sind Welten! Um einen gleichen durchschnittlichen Temperaturunterschied wie zwischen dem Süd- und dem Nordhang zu haben, müsste man in Europa etwa 400 bis 500 km nach Norden fahren.
Die grössten Modifikationen bewirken aber eindeutig die lokalen nächtlichen Inversionen in Becken und in Tallagen, wo das Gefälle sehr gering ist. Dort ist es während der Nacht bereits im Herbst oft 5 bis 10 Grad, in extremen Fällen auch über 10 Grad kälter als in gleichhoch gelegenen Hangzonen. Noch weit höher sind die Unterschiede im Winter bei Vorhandensein einer Schneedecke, besonders wenn es sich um Pulverschnee handelt. Die Schneedecke wirkt als Isolator, so dass die Luft oberhalb der Schneedecke stark auskühlen kann. Im Goms, im Urserental und im Engadin kann es dann 15, hie und da sogar mehr als 20 Grad kälter sein als in Hanglagen. Nochmals extremer sind die Verhältnisse in Muldenlagen wie etwa der Glattalp, dem Sägistalsee, Hintergräppelen oder diversen Mulden im Jura, wo es 25 bis 30 Grad kälter sein kann als ausserhalb der Inversion.