Wer ist schuld?
Die Suche nach dem «Sündenbock» ist schwierig und braucht Zeit. Wie so oft bei komplexen Systemen ist es sehr gut möglich, dass es nicht den Fehler gibt, sondern es eine Kombination von Faktoren ist, welche zur Fehlprognose führten. Zur Verteidigung sei gesagt: Die Grosswetterlage wurde richtig berechnet und unsere Sturmwarnungen stellten sich als korrekt heraus. Auf den Alpengipfeln toste der Sturm mit bis zu 180 km/h. Aber auch wenn die Wetterlage richtig vorhergesagt wurde, so wurden die Niederschläge trotzdem überschätzt. Mögliche Ursache könnten verschiedene kleine Abweichungen von Parametern wie Luftfeuchte, Temperatur, Stabilität der Luft, Windstärke und Anströmungswinkel sein, welche sich zu einem grösseren Fehler bei der Niederschlagsberechnung und der Schneefallgrenze akkumulierten. Ebenfalls eine mögliche Fehlerquelle ist Berechnung der Niederschlagsbildung im Modell selber. Die physikalischen Prozesse, welche zu Schneefall oder Regen führen, sind so komplex, dass sie bisher nicht direkt berechnet werden können. Deshalb wird ein vereinfachtes Schema angewandt. In der Regel ergeben diese vereinfachten Berechnungen gute Resultate. Gewisse daraus entstehende systematische Modellfehler kennen wir MeteorologInnen und korrigieren sie zum Beispiel in unseren manuell erstellten Prognosen. Je nach Situation können die Vereinfachungen aber auch zu Fehlern führen, welche wir erst im Nachhinein erkennen.
Vielleicht bleibt es ein Rätsel
Die Suche nach den Ursachen der Überschätzung der Neuschneemengen dürften einige Zeit beanspruchen. Finden wir eindeutige Gründe, so können aus diesem Fall Lehren gezogen werden. Möglich ist aber auch, dass die Ursachen nie vollständig eruiert werden können. Dies wäre nicht völlig überraschend. Das Wetter ist zu komplex, um global und in seiner Vollständigkeit perfekt erfasst und berechnet zu werden. Wetterprognosen zu erstellen ist deshalb ähnlich wie planen im Alltag: Mit sorgfältiger Vorbereitung können die meisten Fehler vermieden werden, aber ganz gewappnet gegen Überraschungen ist man nie, so sehr man sich auch Mühe gibt. So auch in diesem Fall, bei dem sowohl die Wetterlage wie auch die auftretenden Wetterphänomene und die betroffenen Regionen richtig vorhergesagt wurden...und trotzdem war schlussendlich die Niederschlagsprognose falsch.