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Rückblick auf die Gewitterlage vom 21. Juni 2024 auf der Alpensüdseite

MeteoSchweiz-Blog | 22. Juni 2024
13 Kommentare

Die Alpensüdseite wurde am Freitagabend von unwetterartigen Gewittern heimgesucht.

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Wetterlage

Am Freitag, 21.06.2024 befand sich der Alpenraum zwischen zwei ausgeprägten Luftmassen: Südlich der Alpen lag sehr warme Luft subtropischen Ursprungs. Gleichzeitig verlagerte sich ein Tief über Frankreich Richtung Deutschland. Die dem Tief zugehörige Kaltfront erreichte damit von Westen her die Schweiz und überquerte uns im Laufe des Abends. Die ersten präfrontalen Niederschläge traten bereits am Donnerstagabend und Freitagmorgen auf, die Gewitter mit den höchsten Niederschlagsintensitäten wurden dann mit dem Durchgang der Front am Freitagnachmittag und Abend erreicht.

Zusammen mit der Annäherung der Kaltfront schwenkte im Höhenfeld zudem ein markanter Teiltrog durch. Damit waren alle wichtigen "Zutaten" für die Entwicklung von heftigen Gewittern geschaffen. Für die Gewitter-Experten hier ein paar meteorologische Messgrössen, welche dies deutlich aufzeigen:

  • Vorhandene, potentiell verfügbare Energie (Convective Available Potential Energy):
    Im Sütessin rund 2000 J/kg, in der Po-Ebene teils bis 4000 J/kg.
  • Windscherung:
    50-70 Knoten zwischen 0-6 km.
  • Sehr viel Feuchte, was besonders für den Starkregen relevant:
    Niederschlagsbares Wasser ("total precipitable water") von teils über 40 mm.

Wie MeteoSchweiz vor Gewittern warnt

Wenn verbreitet ein Potential für heftige Gewitter gegeben ist, so wie in diesem Fall, wird ein Warnausblick «Verbreitet (sehr) heftige Gewitter möglich» herausgegeben (schraffierte Darstellung auf der Warnkarte).

Gewitter können sehr schnell entstehen und können nicht genau in ihrer Stärke, in Zeit und Ort über mehrere Stunden im Voraus vorhergesagt werden. Erst wenn ein Gewitter bereits entstanden ist, werden kurzfristig (0 bis 1 Stunde vorher) lokale Gewitterwarnungen, so genannte "Flash-Orage", ausgegeben.

Mehr zu unseren Gewitterwarnungen lesen Sie hier.

Gemessene Werte

Das Ereignis war durch ziehende Gewitterlinien geprägt, welche sich aufgrund der starken Höhenwinde schnell von Südsüdwest nach Nordnordost bewegten. Im Laufe des Tages folgten mehrere Gewitterlinien, zunächst am Vormittag, dann wieder am späten Nachmittag und gegen Abend. Über das gesammte Ereignis hinweg wurden in den Regionen Locarnese, Maggiatal, Verzasca und Leventina verbreitet 30 und 50 mm gemessen. Im am stärksten betroffenen Tal Misox kamen Niederschlagsmengen 60 bis 80 mm zusammen, lokal sogar über 100 mm, wie die Messwerte an der Station Grono (124 mm) eindrücklich zeigen. Im Bergell wurden 30-40 mm gemessen. Zwar sind solche Mengen auf der Alpensüdseite an sich nicht unüblich, jedoch fiel der grösste Teil der Niederschläge meist in sehr kurzer Zeit.

Auch in den nördlich angrenzenden Regionen (Zentralschweizer Alpen sowie von der Surselva bis über das Rheintal bis an den östlichen Bodensee) wurden übergreifend Mengen von 30 bis 60 mm gemessen, was die Hochwasserlage des Rheins und Bodensees erneut verschärfte. Auch in den südlichen Walliseralpen wurden teils bis 60 mm verzeichnet. Mehr zur aktuellen Lage im Wallis lesen Sie im französischen Blog "Accalmie sur le front des pluies".

An der Station Grono wurden in nur 60 Minuten 63.7 mm gemessen. Da die Station erst seit 2012 Messwerte in 10-minütiger Auflösung liefert, ist eine statistische Einordnung schwierig. Interpoliert man Extremwertstatistiken aus der Umgebung mit längeren Messreihen, so kommt man auf eine Wiederkehrperiode von 20 bis 30 Jahren. Mit anderen Worten, solch hohe, stündliche Niederschlagsintensitäten treten im Schnitt in Grono nur einmal alle paar Jahrzente auf.

Wie in diversen Medien heute berichtet wurde, hatte das Ereignis entsprechend grosse Auswirkungen, insbesondere im südlicheren Misox.

Hinweis:

Dies ist eine verkürzte Fassung des Blogs von MeteoSvizzera (italienisch).