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Bei Hitze ist Schatten nicht gleich Schatten

MeteoSchweiz-Blog | 07. August 2024
17 Kommentare

Ab diesem Wochenende wird es hochsommerlich warm bis heiss. Wie stark dabei die Hitzebelastung ist, hängt stark von der Umgebung ab, in der man sich befindet. Oft vergessen geht dabei der Einfluss der Wärmestrahlung.

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Bald schon steigen die Temperaturen in den tieferen Lagen wieder verbreitet auf 30 Grad oder mehr. Für die einen sind dies tollen Neuigkeiten, andere stöhnen nur schon beim Gedanken an die Hitze auf. Besonders für hitzeempfindliche Menschen wäre es hilfreich, wenn nebst der Lufttemperatur auch die gefühlte Temperatur vorhergesagt werden könnte. Dies ist jedoch aus verschiedenen Gründen nur bedingt machbar.

Einerseits ist die gefühlte Temperatur ein individueller Wert, wie im kürzlich erschienen Blog beschrieben wurde. Andererseits hängt die gefühlte Temperatur von verschiedenen Parametern ab, welche auf kleinem Raum stark variieren können. Wie im erwähnten Blog beschrieben, hat der Wind und die Luftfeuchtigkeit einen starken Einfluss darauf, als wie warm oder heiss wir es empfinden. Es gibt jedoch noch weitere, stark variable Einflussfaktoren.

Die Wärmestrahlung, ein oft unterschätzter Faktor

Nebst der Lufttemperatur, der Luftfeuchte und dem Wind kommt als wichtiger Einfluss die Strahlung dazu. Bei der Sonneneinstrahlung ist der Fall klar: An der Sonne empfindet man die gleiche Lufttemperatur als höher als im Schatten. Weniger intuitiv erfassbar ist die Wärmestrahlung, welche im Alltag oft mit der Lufttemperatur vermischt wird.

Wärmestrahlung ist allgegenwärtig. Jeder Gegenstand strahlt Wärme ab, umso stärker, je höher seine Temperatur ist. Aus diesem Grund fühlt es sich vor einer warmen Hauswand oder auf einer heissen Strasse im Sommer besonders heiss an. Im Alltag verwechseln aber viele diese Wärme mit der Lufttemperatur. Dabei handelt es sich um zwei völlig verschiedene «Wärmen». Der Unterschied ist bei einem Feuer zu erkennen: Neben einem Feuer fühlt es sich auch mitten im Winter warm an. Dies, obwohl die warme Luft – erkennbar am darin enthaltenden Rauch – nach oben abzieht. Das Wärmegefühl kommt also nicht von der Luft, sondern von Wärmestrahlung. Dass es sich um Strahlung handelt, zeigt sich auch, wenn man beide Hände vor das Gesicht hält. Nun werfen die Hände einen «Schatten» ins Gesicht, was sofort spürbar ist. In einer Sauna dagegen hilft die Hände vor das Gesicht halten nichts. Die Luft ist vor und hinter der Hand genau gleich heiss.

Die Wahl des richtigen Schattens

Mit dem Wissen des Unterschiedes zwischen warmer Luft und Wärmestrahlung wird auch klar, wieso es im Schatten eines Sonnenstorens heisser ist als im Schatten eines Baumes: Der Sonnenstoren heizt sich stark auf und strahlt diese Wärme ab, auch nach unten. Im Volksmund heisst es dann «die Hitze staut sich unter dem Storen». In Wahrheit gibt es jedoch nicht wirklich einen Stau, sondern Wärmestrahlung. Die Blätter eines Baumes dagegen sind viel kühler als ein Sonnenstoren, entsprechend strahlen sie auch deutlich weniger Wärme ab. Haben Sie auf einer Gartenterrasse also die Wahl zwischen einem Baum und einem Schirm, dann empfiehlt sich das Blätterdach, es sei denn, sie lieben Wärme.

Wir werden aber nicht nur von oben «gegrillt», sondern auch von unten und von der Seite. Eine heisse Strasse oder die aufgeheizten Steinplatten einer Terrasse strahlen mehr Wärme ab als ein Rasen. Entsprechend fühlt es sich auf dem Rasen kühler an als auf dem einem aufheizten Steinboden, obwohl die Lufttemperatur an beiden Orten identisch ist. Aus dem gleichen Grund fühlt es sich im Schatten einer warmen Mauer auch wärmer an als im Schatten einer Hecke.

Die Krux der Temperaturmessung

Vielleicht habe ich Sie motiviert, den oben beschrieben Sachverhalt mit einem Thermometer zu überprüfen. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn dies nicht so recht klappt. Genau wie wir «spürt» ein Thermometer auch die Wärmstrahlung resp. es misst irgendein Gemisch aus Lufttemperatur und Wärmestrahlung. (Aus diesem Grund kann ein Thermometer auf einem aufgeheizten Balkon locker 40 Grad anzeigen, obwohl die wahre Lufttemperatur viel tiefer ist). Professionelle Wetterstationen schützen ihre Thermometer deshalb zum Beispiel mit einem Rohr, welches idealerweise noch belüftet ist. So hat das Rohr praktisch die gleiche Temperatur wie die Luft und das Thermometer kann effektiv die Lufttemperatur messen.

Ganz behelfsmässig funktioniert jedoch zur Überprüfung dieses Blogs, das Thermometer mit eine Kartonrolle zu schützen (z.B. vom WC-Papier). Klar werden sie ein paar irritierte Blicke ernten, aber als Wetterfreak ist man sich dies ja gewohnt.