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Heftige Gewitter am Montag
MeteoSchweiz-Blog | 13. August 2024
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Nach einem hitzigen Wochenstart bildeten sich am Montagnachmittag und -abend verbreitet kräftige Gewitter, welche sich mit ihrem spektakulären Auftritt einen kleinen Rückblick verdient haben.

Grossartige Blitzshow am Montagabend über Winterthur. Bild: A. Hostettler
Grossartige Blitzshow am Montagabend über Winterthur. Bild: A. Hostettler
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Explosives Gemisch

Gestern Montag lag über der Schweiz eine schwülheisse, ausgesprochen instabil geschichtete Luftmasse. Mit diesem Umstand war die Sache angerichtet für heftige Gewitter. Das explosive Gemisch musste nur noch gezündet werden. Als Zünder fungierte einerseits die Sonneneinstrahlung, andererseits geringe dynamische Hebung durch einen Teiltrog in der Höhe.

Radiosondenaufstieg Payerne 14 Uhr: Vertikaler Aufbau der Atmosphäre, Verlauf von Taupunkt (gestrichelte Linie), Temperatur (durchgezogene Linie) und Windwerte. Der Tag war gekennzeichnet durch sehr hohe CAPE (Convective Available Potential Energy)-Werte, welche durch die rote Fläche beschrieben wird. Je feuchter und instabiler eine Luftmasse, desto höher wird der CAPE-Wert. Gestern lag der CAPE Wert vom Kumuluskondensationsniveau (KKN) aus berechnet bei über 3000 J/kg, was ein sehr hoher Wert bedeutet.
Radiosondenaufstieg Payerne 14 Uhr: Vertikaler Aufbau der Atmosphäre, Verlauf von Taupunkt (gestrichelte Linie), Temperatur (durchgezogene Linie) und Windwerte. Der Tag war gekennzeichnet durch sehr hohe CAPE (Convective Available Potential Energy)-Werte, welche durch die rote Fläche beschrieben wird. Je feuchter und instabiler eine Luftmasse, desto höher wird der CAPE-Wert. Gestern lag der CAPE Wert vom Kumuluskondensationsniveau (KKN) aus berechnet bei über 3000 J/kg, was ein sehr hoher Wert bedeutet.

Los ging es mit den Gewittern am frühen Nachmittag über dem Jura und Schwarzwald, Mitte Nachmittag dann über den westlichen Alpen.

Radarbilderanimation von 12 bis 18 Uhr.
Radarbilderanimation von 12 bis 18 Uhr.

Geringe Höhenströmung

Durch die fast in allen Höhenlagen eher geringen Windgeschwindigkeiten (siehe Radiosondierung oben) verlagerten sich die kurzlebigen Gewitterzellen kaum. Mit den kalten Abwinden der Gewitterzellen bildeten sich durch Windkonvergenzen und der instabilen Schichtung der Atmosphäre aber rasch und konstant neue Zellen. Die Gewitter «frassen» sich somit durch die energiereiche Luft der Alpennordseite.

Radarbilderanimation von 18 bis 24 Uhr.
Radarbilderanimation von 18 bis 24 Uhr.

Hohe Niederschlagsmengen

Langsam ziehende Gewitterzellen sind natürlich prädestiniert für hohe Niederschlagsmengen. Als Beispiel herhalten soll an dieser Stelle die Station Beznau: in 30 Minuten fielen hier über 50 mm.

24h-Niederschlagsmenge bis Dienstag 7 Uhr Bodenmessnetz.
24h-Niederschlagsmenge bis Dienstag 7 Uhr Bodenmessnetz.

Bodenmessdaten können selbstredend nicht die ganze Wahrheit abbilden. Nimmt man von Radardaten abgeleitete Niederschlagskarten zur Hand, fällt ein weiterer Schwerpunkt der gewittrigen Niederschläge auf: die Region Brienzersee. Hier dürften stellenweise gegen 100 mm Niederschlag gefallen sein. In der Folge trat der Milibach über die Ufer und führte in Brienz laut Gemeinde-Website zu Schäden.

24h-Niederschlagsmenge bis Dienstag 7 Uhr, von Radardaten abgeleitet.
24h-Niederschlagsmenge bis Dienstag 7 Uhr, von Radardaten abgeleitet.

Hagel spielte gestern aufgrund der geringen Windscherung eine untergeordnete Rolle. Es kam zwar zu Hagelschlag, der Durchmesser der Körner blieb aber meist gering (unter rund 2 cm).

Hohe Windgeschwindigkeiten

Mit den kräftigen Niederschlägen sank die Temperatur rapide, in Interlaken beispielsweise von über 30 Grad auf etwas über 17 Grad. So baute sich ein immer grösserer Temperatur- und damit Druckgradient auf.

Temperatur-/Druck- und Windverhältnisse um 19:40 Uhr. Ein grosser Temperatur- (links) und Druckgradient (rechts) hat sich aufgebaut (weisse Isobarenlinien sind eng beieinander). Dies löste eine Druckwelle aus, welche Windböen von 40-70 km/h, stellenweise über 100 km/h brachte (Windböen rechts in Knoten).
Temperatur-/Druck- und Windverhältnisse um 19:40 Uhr. Ein grosser Temperatur- (links) und Druckgradient (rechts) hat sich aufgebaut (weisse Isobarenlinien sind eng beieinander). Dies löste eine Druckwelle aus, welche Windböen von 40-70 km/h, stellenweise über 100 km/h brachte (Windböen rechts in Knoten).

Dieser Druckgradient wurde mit einer Druckwelle ausglichen. Damit frischte der Wind, den Gewitter vorausgehend, mit 40-70 km/h auf, in Gewitternähe wurden gar Böen von lokal über 100 km/h aufgezeichnet.

Hohe Blitzaktivität

Eindrücklich war auch die Blitzaktivität der Gewitterzellen. Über 70'000 Blitze wurden registriert. Gewitterlagen mit hohen CAPE-Werten (siehe Grafik Radiosondenaufstieg oben) bedeuten oft auch blitzintensive Gewitter. Die hohe Instabilität führt zu hohen Aufwindgeschwindigkeiten (welche proportional zum CAPE-Wert ist). Die Aufwinde wiederrum sind für die Entstehung verschiedener Niederschlagsteilchen (Regentropfen, Graupel, Hagel) verantwortlich, welche dann durch Reibung zu unterschiedlicher Ladung und somit zu Blitzen führen.

Sehr hohe Blitzaktivität am Montag mit über 70'000 registrierten Blitzen. Die Grafik zeigt Blitze über die vergangenen 12 Stunden bis Mitternacht, hinterlegt die Niederschlagsmengen.
Sehr hohe Blitzaktivität am Montag mit über 70'000 registrierten Blitzen. Die Grafik zeigt Blitze über die vergangenen 12 Stunden bis Mitternacht, hinterlegt die Niederschlagsmengen. (Météorage)