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Klimatologie im Sonnensystem: Merkur

MeteoSchweiz-Blog | 14. Januar 2025

Nehmen wir etwas Abstand vom ruhigen Wetter in der Schweiz und erkunden die Klimatologie von verschiedenen Planeten in unserem Sonnensystem. Heute steht Merkur auf dem Programm, ein Planet mit ruhigem Klima, der jedoch von heftigen Sonnenstürmen heimgesucht wird.

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Merkur ist von den acht Planeten der kleinste und am nächsten an der Sonne. Wenn Merkur der Erde am nächsten ist, dann ist er nur etwas weiter von uns entfernt als Mars. Dennoch wurde er deutlich weniger besucht. Bis heute gab es erst drei Missionen zum Merkur: Mariner 10 (3 Vorbeiflüge 1974 und 1975), MESSENGER (3 Jahre im Orbit, bevor er 2015 auf den Merkur abgestürzt wurde) und BepiColombo (laufende Mission, bisher 6 Vorbeiflüge und wird ab Ende 2026 in Orbit um Merkur sein). Es mag auf den ersten Blick einfach erscheinen, ein Sonde Richtung Sonne und Merkur "fallen zu lassen". In Realität ist es komplizierter, besonders um in Orbit um Merkur zu kommen, braucht es eine deutliche Beschleunigung und deshalb einen schlauen Pfad und genügend Treibstoff. Zudem ist die Nähe zur Sonne und ihren Sonnenstürmen nicht ideal für die Funktionalität von Messinstrumenten und die Gravitation der Sonne stört die Navigation. Merkur ist daher nicht der best erforschte Planet.

Ein Planet ohne Atmosphäre

Merkur ist der Planet mir der zweitgrössten Dichte, nur die Erde ist noch dichter. Mit einem Radius von nur gut einem Drittel jener der Erde und mit nur 5% des Volumes der Erde, ist die Gravitationskraft an der Merkuroberfläche ähnlich wie auf dem Mars (37% der Schwerkraft der Erde). Diese geringe Schwerkraft, sowie die Hitze durch die Nähe zur Sonne macht es unmöglich, dass Merkur eine Atmosphäre besitzt. Somit gibt es keinen Wind, keine atmosphärische Zirkulation und, da es auch keine Ozeane gibt, keinen Energietransport. Das Klima und die Wettervorhersagen sind somit wesentlich einfacher als auf der Erde!

Der Planet besitzt eine sogenannte Exosphäre, also eine dünne Hülle aus schwebender Materie, welche aber nicht genug dicht ist, um sich wie ein Gas zu verhalten. Der Druck auf der Merkuroberfläche ist vernachlässigbar: 5 Tausendstel eines Milliardstels des Druckes auf der Erde. Die Oberfläche ist mit Spuren von Asteroideneinschlägen übersäht, ähnlich wie bei unserem Mond.

Ganz andere Tage, Jahreszeiten und Jahre

Ein Jahr auf Merkur dauert 90 Erd-Tage. Merkur dreht sich innerhalb knapp 60 Erd-Tagen um die eigene Achse (siderischer Tag). Folglich braucht es zwei Umkreisungen der Sonne bis sie von einem Ort aus gesehen wieder am selben Ort am Himmel befindet (Sonnentag). Ein Tag wie wir in verstehen - z.B. von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang - dauert also zwei Merkur-Jahre oder ein halbes Erd-Jahr! Dieses "wunderliche" Tag-Jahr-Verhältnis wird Spin-Orbit-Resonanz oder Bahnresonanz genannt und ist darauf zurückzuführen, dass die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten um sich selbst nahe der Rotationsgeschwindigkeit des Planeten um die Sonne. Die Grafik unten visualisiert dies. Die Rotationsachse des Merkurs ist kaum geneigt (0.034°), es gibt also keine Jahreszeiten auf dem Planeten.

Das Klima auf Merkur ist folglich vor allem vom Tageszyklus beeinflusst. Während eines (langen) Merkur-Tages steigt die Temperatur am Äquator bis rund 425°C an. Ohne Atmosphäre welche die Wärme speichert sinkt die Temperatur in der Nacht gegen -175°C ab. Die Temperaturamplitude beträgt also 600°C; das ist bei weitem die grösste in unserem Sonnensystem. Auf der Erde ist in Extremfällen eine Differenz von 100°C zwischen dem jährlichen Maximum und Minimum möglich. Dies verdeutlicht die wichtige Rolle, welche unsere dünne Erdatmosphäre ausübt. Die höchste Temperatur im Sonnensystem wird jedoch auf der Venus gemessen, dank dem dortigen Treibhauseffekt. Doch dies ist ein Thema für ein ander Mal.

An den Polen von Merkur ist die Temperatur nie grösser als -90°C. Es gibt einige Krater, wo die Sonnenstrahlen nie den Boden erreichen, wo es trotz des fast nicht vorhandenen Druckes wahrscheinlich Wassereis gibt.

Heftige Sonnenstürme

Merkur ist auf den vordersten Plätzen, wenn es um Sonnenstürme geht. Wie auch die Erde besitzt der Planet ein Magnetfeld. Dieses schützt bis zu einem gewissen Grad vor Sonnenstürmen, auch wenn es etwa 100-Mal schwächer als jenes der Erde ist. Die Sonnenwinde werden vom Magnetfeld zu den Polen abgelenkt, auf der Erde führt dies zu Polarlichtern. Auf Merkur, ohne Atmosphäre, gibt es keine Lichter am Himmel. Wahrscheinlich sorgt der Sonnenwind dafür, dass Materie von der Oberfläche von Merkur abgehoben wird und so zur Exosphäre beiträgt. Die Exosphäre von Merkur ist also nicht statisch, sondern wird vom Sonnenwind weggeblasen und wieder gebildet.

Eines der Ziele der europäisch-japanischen Mission BepiColombo ist es, die Exosphäre und das Magnetfeld des Merkur, sowie deren Wechselwirkungen und Zusammenhänge zu untersuchen. Merkur hat noch einige Geheimnisse preiszugeben.

Eine Wettervorhersage für Merkur

Wie Sie bemerkt haben, ist die Erstellung eines Wetterberichts für Merkur nicht sonderlich schwierig. Er könnte etwa so aussehen:

"In den Regionen wo die Nacht zu Ende geht, zum Beispiel beim den Kratern MacNicol und Narine, steigen die Temperaturen allmählich um einige Hundert Grad. Im Gegensatz dazu ist die Sonne in der Ebene von Altair schon unter dem Horizont und die Temperaturen sind im freien Fall. Merkur ist im Aphel (am weitesten weg von der Sonne), die Temperaturen sind also einige Grad unter der Norm auf der Sonnenseite. Wie üblich ist der Himmel wolkenfrei in allen Regionen. Ein Sonnensturm mittlerer Stärke ist auf dem Weg und führt wahrscheinlich für erhöhte Strahlungswerte in der Region des Kodema-Kraters. Es ist eine Strahlungswarnung der Stufe 3 aktiv, bitte begeben Sie sich in die Strahlungsschutzräume."

In einem zukünftigen Blog widmen wir uns dann dem Klima der Venus, welches bedeutend turbulenter ist.

Dieser Blog ist ursprünglich von einem Kollegen auf Französisch geschrieben worden.