Am traditionellen Frühlingsfest der Zürcher Zünfte wird ein 10 m hoher Scheiterhaufen mit einem 3.4 m grossen und 100 kg schweren Watteschneemann angezündet. Der Volksmund sagt: Je schneller der Kopf explodiert, desto schöner wird der Sommer. Heute ist es wieder so weit: Um 18 Uhr geht das Spektakel auf dem Sechseläutenplatz los, exakt beim sechsten Schlag der Kirche St. Peter. Schliesslich hat der Böögg eine lange Erfahrung in der Vorhersage, ist er doch seit 1892 Teil des Zürcher Sechseläutens.

Nein, wie denn auch? Vielmehr hängt die Brenndauer wohl von der Menge der Brandbeschleuniger, der Feuchtigkeit des Holzes, der Schichtung der Holzbürdeli und dem Wetter am Tag des Sechseläutens ab. Wie «schön» ein Sommer ausfällt, ist ohnehin eine subjektive Frage. Für eine wissenschaftliche Beurteilung bietet sich der Vergleich mit der mittleren Sommertemperatur an. Ein Blick auf die folgende Statistik zeigt: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Brennzeit des Bööggs und der Sommertemperatur im Schweizer Mittelland. Einzig den Hitzesommer 2003 hat der Watteschneemann gut vorhergesagt. Seine Prognosegüte für hohe Temperaturen ist jedoch nicht überzeugend: Die heissesten Sommer seit Messbeginn 1864 sind rot markiert. Eine Korrelation mit der Brenndauer besteht nicht. Vor dem zweitheissesten Sommer im Jahr 2022 explodierte der Böögg sogar erst nach knapp 40 Minuten.

Der Saisonausblick von MeteoSchweiz ist zurzeit für die Monate Mai bis Juli verfügbar. Der Klimaausblick für den ganzen Sommer von Juni bis August wird Ende Mai publiziert. In Zeiten des Klimawandels erstaunt es nicht, dass die Berechnungen als wahrscheinlichste Variante einen warmen Sommer vorschlagen. Dieser Trend ist für die Deutschschweiz ausgeprägter als für die West- und Südschweiz, wie die folgenden Grafiken zeigen.
Mit Hilfe eines numerischen Modells kann der Temperaturtrend für die nächsten drei Monate berechnet werden. Trotz grosser Fortschritte in den letzten Jahren ist die Qualität der Langfristprognosen für Mitteleuropa und damit auch für die Schweiz noch begrenzt. Allerdings besteht ein statistisch signifikanter Zusammenhang zur später gemessenen mittleren Sommertemperatur, während die Bööggprognose nicht besser ist, als wenn einfach geraten wird.
Egal, wie lange sich der Böögg heute Abend Zeit lässt, bis sein Kopf explodiert, sommerliche Temperaturen sind in greifbarer Nähe. Ab 25 Grad wird in der Meteorologie von einem Sommertag gesprochen. Von Mittwoch bis Samstag werden im Mittelland die ersten Sommertage prognostiziert. Am wärmsten wird es wahrscheinlich am Freitag und am Samstag: In Zürich sind bis zu 27 Grad möglich.

