Am Abend des 21. Juni 2024 wurde das Misox von heftigen Gewittern getroffen, welche zwei Todesopfer, einen Vermissten und erhebliche Schäden verursachten. Die gewittrigen Niederschläge wurden durch eine Front ausgelöst, welche die warme und sehr feuchte Luft auf der Alpensüdseite labilisierte und dadurch eine quasi-stationäre Gewitterlinie bildete.
Stationäre Gewitterlinien wie am 21. Juni 2024 sind ein charakteristisches Phänomen des Alpensüdhanges. Die Lage und Langlebigkeit solcher Linien hängt eng mit den Winden in verschiedenen Höhen und der Topographie zusammen. Die Gewitterlinie am Abend des 21. Juni 2024 war jedoch besonders stark: Die Gewitter bildeten sich immer wieder neu und führte während etwa zwei Stunden an der gleichen Stelle im Misox zu intensivem Niederschlag. Aufgrund der hohen Schneefallgrenze fiel der Niederschlag auch in den umliegenden Bergen in Form von Regen.
An den Tagen vor dem Unwetter vom 21. Juni 2024 lag die Schweiz am Rand eines schwachen Hochdruckgebietes, welches sich vom Mittelmeerraum bis nach Osteuropa erstreckte. Am 19. Juni 2024 drehten die Höhenwinde im Alpenraum auf Südwest. Diese Strömung führte allmählich immer wärmere, feuchtere und labilere Luft zur Alpensüdseite. Zur gleichen Zeit bildete sich über Nordeuropa eine ausgedehntes Tiefdruckgebiet. An dessen Südflanke bildete sich ein Teiltrog (in der Höhe ausgeprägtes Teiltief), welches sich am 21. Juni 2024 von Spanien nach Deutschland verlagerte und damit in der Höhe kalte Luft zu den Alpen führte. Im Laufe des 21. Juni 2024 überquerte die Kaltfront, welche zum erwähnten Teiltrog gehörte, von West nach Ost die Schweiz und erreichte am Abend auch das Misox. Die Front wurde von einem weiteren Teiltrog begleitet, welcher allmählich schwächer wurde.
Am Freitag, 21. Juni 2024 war die Luftmasse auf der Alpensüdseite typisch sommerlich, d.h. warm und sehr feucht. Obwohl die Höchsttemperaturen in den Niederungen nur 22-23 Grad erreichten, lag die Taupunkttemperatur mit 17-19 Grad recht hoch. Der Wind in den tiefen Lagen war meist schwach, mit der Höhe nahm er jedoch schnell zu und erreichte auf 5 km Höhe rund 140 km/h aus Südwest. Die Luft war also günstig für die Entstehung von Gewittern, der Zustrom von 3-5 Grad kälterer Luft in der Höhe begünstigt dies noch.
Bereits am Morgen des 21. Juni 2024 kam es zu starken Gewittern und Gewitterlinien im Alpenraum. Der Auslöser für diese war der Teiltrog in der Höhe und die typischen präfrontalen Windkonvergenzen, welche sich auf der Alpensüdseite regelmässig bilden. Das automatische System "Flash Orage" hatte mit Warnungen der Stufe 3 im Tessin und Misox vor diesen heftigen Gewittern gewarnt.
Im zweiten Teil der Blogserie zu den Überschwemmungen vom 21. Juni 2024 werden wir die Niederschläge während der intensivsten Phase des Unwetters im Misox analysieren. Im dritten und letzten Teil folgt eine klimatologische Einordnung und das Ausmass der Schäden.
SwissTopo RapidMapping Einsätze
Dokumentation vom RSI zu den Überschwemmungen (auf Italienisch)