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Starke gewittrige Niederschläge – Analysen und ein Update zur Warnsituation
MeteoSchweiz-Blog | 27. Juli 2025

Wie schon seit Tagen haben am Samstag und Sonntag weitere, teils kräftige gewittrige Schauer die Schweiz heimgesucht. Im heutigen Wetterblog schauen wir genau hin, wo und wie viel Regen gefallen ist, und wie sich diese Entwicklung auf die Warnsituation auswirkt.

Extrem starker Regen vermischt mit Hagel in Effingen (AG) (Quelle: Meteo Meldung MeteoSwiss App )
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Mit einer schwachen bis mässigen Strömung, welche im Verlauf des Wochenendes von Nordost auf West drehte, ist weiterhin kühle, aber sehr feuchte und labile Luft zur Alpennordseite geströmt. Dabei bildeten sich immer wieder teils kräftige Schauer und Gewitter.

Die vorläufigen Niederschlagssummen (Stand Sonntag, 27. Juli um 16 Uhr) bilanzieren vom Berner Oberland über den zentralen Alpennordhang hinweg bis zum Alpstein und zum Galler Rheintal flächig auf 30 bis 90 mm. Die grössten Niederschlagsmengen von lokal über 70 mm wurden bislang in einem schmalen Streifen gemessen, der sich vom Sustengebiet über das untere Urner Reusstal, das Muotathal und die Schwyzer Voralpen hinweg bis zum Kanton Glarus erstreckt.

48-stündige Niederschlagssummen von Samstag, 26. bis Sonntag, 27. Juli 2025, Stand bei Redaktionsschluss um 16 Uhr. SwissMetNet sowie Messwerte von Partnermessnetzen sind als Zahlen, die Radarabschätzungen (CombiPrecip Produkt) in der Fläche dargestellt.
48-stündige Niederschlagssummen von Samstag, 26. bis Sonntag, 27. Juli 2025, Stand bei Redaktionsschluss um 16 Uhr. SwissMetNet sowie Messwerte von Partnermessnetzen sind als Zahlen, die Radarabschätzungen (CombiPrecip Produkt) in der Fläche dargestellt.

Auch in den Kantonen Baselland, Aargau, Solothurn, Luzern, Zürich und Schaffhausen traten mit örtlich kräftigen Gewittern sehr hohe Niederschlagsintensitäten auf, dazu später mehr. Ansonsten wurden im Flachland der Alpennordseite und inneralpin 10 bis 30 mm, auf der Alpensüdseite Regenmengen unter 10 mm registriert.

Ein besonderer Fokus liegt auf der Region Bözberg im Aargau: Hier brachten gewittrige Schauer extreme hohe Niederschlagsintensitäten von rund 80 mm pro Stunde. Ein Teil dieser Niederschläge war mit Hagel durchsetzt. Die an der MeteoSchweiz Messstation Bözberg gemessenen Stundenniederschläge wären neue Rekordwerte für die Alpennordseite. Zusätzlich zu den routinemässigen Qualitätskontrollen durchlaufen derartige Messwerte manuelle Nachkontrollen, weshalb wir sie vorerst als «vorläufig» betrachten. Ausgewählte Stundensummen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Ausgewählte Niederschlags-Stundensummen am Wochenende 26./27. Juli 2025, SwissMetNet und Partnerstationen. Der vorläufige Messwert der Station Bözberg ist mit einem Stern markiert.
Ausgewählte Niederschlags-Stundensummen am Wochenende 26./27. Juli 2025, SwissMetNet und Partnerstationen. Der vorläufige Messwert der Station Bözberg ist mit einem Stern markiert.

Wie immer können derart extreme Niederschlagsintensitäten wie am Samstag in der Nordwestschweiz nur durch ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren, oder anders gesagt einer komplizierten Sequenz von Vorgängen auf verschiedenen Raumskalen erklärt werden.

  1. Die Schauer und Gewitter bildeten sich in einer kühlen, aber sehr feuchten und labilen Luftmasse.
  2. Die schwache bis mässige Höhenströmung liess die Schauer und Gewitter nur langsam ziehen.
  3. Die bodennahe Strömung zeigte sowohl ein west- als auch ostseitiges Umströmen des Schwarzwaldmassivs, wobei am Nachmittag insbesondere über den Hochebenen entlang der oberen Donau erste Schauer und Gewitter entstanden und Richtung Schweiz zogen.
  4. Eine solche Schauer- und Gewitterzone verstärkte sich dabei entlang einer Linie, die sich vom westlichen Bodenseeraum über die Region Zürich hinweg südwärts bis in die Zentralschweiz erstreckte.
  5. Aus dieser Schauer- und Gewitterlinie floss Kaltluft westwärts Richtung Hochrhein, was zu einer Konvergenz im Aargauer- bzw. Baselbieter Jura und so zur raschen Bildung einer weiteren Gewitterlinie in dieser Region führte.
  6. Das Relief, welches vom 300 m ü. M. gelegen Hochrhein-Niveau her zu den östlichen Juraausläufern gegen 600 m ü. M. ansteigt, bewirkte für den Strömungsast aus Nordwesten eine zusätzliche «orographische» Hebung.
  7. Die in allen Höhenlagen sehr feuchte Luft unterstützte auf der mikrophysikalischen Skala eine effiziente Niederschlagsbildung in den Wolken und verhinderte ein Verdunsten der Niederschläge unterhalb der Wolkenbasis.

Im Radarmessnetz waren die Niederschläge in dieser Region mutmasslich unterschätzt, denn insbesondere die am nächsten gelegene Radaranlage auf dem Albis befand sich zum betroffenen Zeitpunkt selbst in einer Zone mässiger bis starker Niederschläge, welche die Signale aus grösserer Entfernung dämpften (der Effekt ist im Fachjargon als «radar beam shielding» bekannt).

Windmessungen am Boden (dargestellt als Windfiedern) sowie Radarbilder in der Nordwestschweiz am Samstag, 26. Juli 2025, von 14 bis 16 UTC. Die Niederschlagsstation Bözberg ist mit "UBB" markiert. Im Standbild am Schluss der Animation ist die regionale bodennahe Strömung mit weissen Pfeilen schematisch dargestellt, die kräftigen Gewitter über der Region Bözberg mit einer «Fischgrat» Signatur, und die vorlaufende Schauer- und Gewitterlinie über der Nordostschweiz als dicke, strichlierte Linie. Die nördliche Höhenströmung ist mit einem schwarzen Pfeil dargestellt. Ein Vertikalprofil der Temperatur und des Taupunktes aus der Region Baselland, repräsentativ für die in die Konvergenzzone am Hochrhein einströmende und angehobene Luft, erscheint in der linken Bildhälfte (Basis ICON-CH2 Modelllauf von 12 UTC).
Windmessungen am Boden (dargestellt als Windfiedern) sowie Radarbilder in der Nordwestschweiz am Samstag, 26. Juli 2025, von 14 bis 16 UTC. Die Niederschlagsstation Bözberg ist mit "UBB" markiert. Im Standbild am Schluss der Animation ist die regionale bodennahe Strömung mit weissen Pfeilen schematisch dargestellt, die kräftigen Gewitter über der Region Bözberg mit einer «Fischgrat» Signatur, und die vorlaufende Schauer- und Gewitterlinie über der Nordostschweiz als dicke, strichlierte Linie. Die nördliche Höhenströmung ist mit einem schwarzen Pfeil dargestellt. Ein Vertikalprofil der Temperatur und des Taupunktes aus der Region Baselland, repräsentativ für die in die Konvergenzzone am Hochrhein einströmende und angehobene Luft, erscheint in der linken Bildhälfte (Basis ICON-CH2 Modelllauf von 12 UTC).

Stauniederschläge am Alpennordhang bis am Dienstagmorgen

Nach Durchgang einer Kaltfront erfolgt ab Sonntagabend eine Winddrehung auf nördliche bis nordwestliche Richtungen. Damit gelangt der Alpennordhang wieder stärker in den Fokus. In diesen Regionen fallen bis am Dienstagmorgen gebietsweise ergiebige Stauniederschläge. Es werden verbreitet 80 bis 120 mm, in Teilen der Zentralschweizer Alpen bis 150 mm Niederschlag erwartet. Für diese Gebiete wurde die Warnsituation am Sonntag angepasst, es gilt nun eine Warnstufe 4 (von 5). Während der intensivsten Phase der Niederschläge sind in den angrenzenden Gebieten des Alpennordhangs sowie in Teilen des Flachlandes Starkregenwarnungen der Stufen 2 und 3 aktiv.

Warnsituation (nur Starkregen) am Sonntag, 27. Juli 2025
Warnsituation (nur Starkregen) am Sonntag, 27. Juli 2025

Die Schneefallgrenze sinkt am Montag von 3000 auf rund 2500 Meter, so dass der überwiegende Teil der Niederschläge in flüssiger Form den Boden erreicht. Die Böden werden damit weiter angefeuchtet bzw. gesättigt, die Gewässer schwellen entsprechend an.

Gemeinsam mit den Experten für die Hydrologie und Massenbewegungen des BAFU verfolgen wir die weitere Entwicklung aufmerksam und passen im weiteren Verlauf des Starkregenereignisses die Warnlage gegebenenfalls an. Weitere Informationen finden Sie auf der MeteoSchweiz App sowie auf http://www.naturgefahren.ch.