Mit einer schwachen bis mässigen Strömung, welche im Verlauf des Wochenendes von Nordost auf West drehte, ist weiterhin kühle, aber sehr feuchte und labile Luft zur Alpennordseite geströmt. Dabei bildeten sich immer wieder teils kräftige Schauer und Gewitter.
Die vorläufigen Niederschlagssummen (Stand Sonntag, 27. Juli um 16 Uhr) bilanzieren vom Berner Oberland über den zentralen Alpennordhang hinweg bis zum Alpstein und zum Galler Rheintal flächig auf 30 bis 90 mm. Die grössten Niederschlagsmengen von lokal über 70 mm wurden bislang in einem schmalen Streifen gemessen, der sich vom Sustengebiet über das untere Urner Reusstal, das Muotathal und die Schwyzer Voralpen hinweg bis zum Kanton Glarus erstreckt.
Auch in den Kantonen Baselland, Aargau, Solothurn, Luzern, Zürich und Schaffhausen traten mit örtlich kräftigen Gewittern sehr hohe Niederschlagsintensitäten auf, dazu später mehr. Ansonsten wurden im Flachland der Alpennordseite und inneralpin 10 bis 30 mm, auf der Alpensüdseite Regenmengen unter 10 mm registriert.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Region Bözberg im Aargau: Hier brachten gewittrige Schauer extreme hohe Niederschlagsintensitäten von rund 80 mm pro Stunde. Ein Teil dieser Niederschläge war mit Hagel durchsetzt. Die an der MeteoSchweiz Messstation Bözberg gemessenen Stundenniederschläge wären neue Rekordwerte für die Alpennordseite. Zusätzlich zu den routinemässigen Qualitätskontrollen durchlaufen derartige Messwerte manuelle Nachkontrollen, weshalb wir sie vorerst als «vorläufig» betrachten. Ausgewählte Stundensummen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Wie immer können derart extreme Niederschlagsintensitäten wie am Samstag in der Nordwestschweiz nur durch ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren, oder anders gesagt einer komplizierten Sequenz von Vorgängen auf verschiedenen Raumskalen erklärt werden.
Im Radarmessnetz waren die Niederschläge in dieser Region mutmasslich unterschätzt, denn insbesondere die am nächsten gelegene Radaranlage auf dem Albis befand sich zum betroffenen Zeitpunkt selbst in einer Zone mässiger bis starker Niederschläge, welche die Signale aus grösserer Entfernung dämpften (der Effekt ist im Fachjargon als «radar beam shielding» bekannt).
Nach Durchgang einer Kaltfront erfolgt ab Sonntagabend eine Winddrehung auf nördliche bis nordwestliche Richtungen. Damit gelangt der Alpennordhang wieder stärker in den Fokus. In diesen Regionen fallen bis am Dienstagmorgen gebietsweise ergiebige Stauniederschläge. Es werden verbreitet 80 bis 120 mm, in Teilen der Zentralschweizer Alpen bis 150 mm Niederschlag erwartet. Für diese Gebiete wurde die Warnsituation am Sonntag angepasst, es gilt nun eine Warnstufe 4 (von 5). Während der intensivsten Phase der Niederschläge sind in den angrenzenden Gebieten des Alpennordhangs sowie in Teilen des Flachlandes Starkregenwarnungen der Stufen 2 und 3 aktiv.
Die Schneefallgrenze sinkt am Montag von 3000 auf rund 2500 Meter, so dass der überwiegende Teil der Niederschläge in flüssiger Form den Boden erreicht. Die Böden werden damit weiter angefeuchtet bzw. gesättigt, die Gewässer schwellen entsprechend an.
Gemeinsam mit den Experten für die Hydrologie und Massenbewegungen des BAFU verfolgen wir die weitere Entwicklung aufmerksam und passen im weiteren Verlauf des Starkregenereignisses die Warnlage gegebenenfalls an. Weitere Informationen finden Sie auf der MeteoSchweiz App sowie auf http://www.naturgefahren.ch.