Mit einer Fläche von 4,74 Millionen Quadratkilometern wurde das Minimum der Meereisausdehnung in diesem Jahr am 9. September 2025 erreicht. Dies ist der 14. niedrigste Wert seit Beginn der systematischen Satellitenmessungen des Meereises Ende der 1970er Jahre. Das niedrigste jemals gemessene Jahresminimum von 3,3 Millionen Quadratkilometern stammt aus dem September 2012.

Auf der Grundlage der im Frühjahr 2025 erstellten Prognosen, hätte das jährliche Minimum der arktischen Meereisausdehnung deutlich geringer ausfallen und nahe dem absoluten Minimum der Beobachtungsreihe von 2012 liegen sollen. Eine exakte Prognose gestaltet sich allerdings schwierig, da die Meereisausdehnung von komplexen und eng miteinander verbundenen Prozessen und Zyklen bestimmt wird.
Das Klimasystem der Erde ist von Natur aus chaotisch. Es wird von zahlreichen Prozessen gesteuert, die miteinander interagieren. Deren Auswirkungen können sich je nach vorherrschenden Einflüssen oder Kräften gegenseitig addieren oder aufheben, was natürliche Schwankungen des gesamten Systems zur Folge hat.
Gerade die natürlichen Schwankungen im Klimasystem der Arktis haben in den letzten Jahren massgeblich dazu beigetragen, dass die Ausdehnung des Meereises am Ende dieses Sommers nicht so gering ausfiel, wie Expertinnen und Experten noch zu Beginn des Frühjahrs angenommen hatten.

Um zu verstehen, warum das Abschmelzen des arktischen Meereises in diesem Sommer geringer ausfiel als erwartet, müssen die Eisbewegungen im Arktischen Ozean ab dem Jahr 2022 analysiert werden.
In den letzten drei Jahren gab es zwei deutlich voneinander abgegrenzte Phasen, die die Drift des Meereises in der zentralen Arktis prägten. Die erste Phase erstreckte sich von 2022 bis zum Sommer 2023, die zweite begann im Jahr 2024.

Die Daten zur Meereisdrift zeigen, dass der Beaufort-Wirbel von 2022 bis 2024 aussergewöhnlich stark war. Dies begünstigte die Bewegung des mehrjährigen Eises im Uhrzeigersinn, also von der kanadischen Arktis über den Nordpol in Richtung Framstrasse (siehe Abbildung 3). Die Drift des Meereises aus den russischen Randmeeren in Richtung Framstrasse, auch Transpolardrift genannt, fand hingegen nicht statt. Wind und Strömungen hielten das in der Laptewsee gebildete Eis über zwei Jahre lang zurück, sodass es den Sommer überstehen und insgesamt an Dicke gewinnen konnte.
Im Laufe der folgenden zwölf Monate hat sich die Zirkulation erheblich verändert. Nach einer Übergangsphase kehrten sich die Wind- und Eisdriftdynamiken gegen Ende des Jahres 2024 vollständig um. Während sich der Beaufort-Wirbel deutlich abschwächte, reaktivierten starke Winde aus den russischen Ebenen die Transpolardrift in Richtung Laptewsee und brachten sie in den Normalmodus zurück. Dadurch wurde das mehrjährige Meereis, das sich vor der Laptewsee angesammelt hatte, in Richtung der zentralen Arktis getrieben. Von dort aus bewegte sich ein Teil davon in Richtung der Nordküsten Grönlands und Kanadas, wo es wahrscheinlich weiter anwachsen wird. Der restliche Teil bewegte sich hingegen in Richtung Framstrasse, von wo aus es in den Nordatlantik gelangen und dann in wärmeren Gewässern schmelzen wird.

Im Grunde genommen kam es im Arktischen Ozean seit Ende 2024 zu einer erheblichen Umverteilung von vergleichsweise dickem, mehrjährigem Packeis. Dies war nur möglich, weil der Beaufort-Wirbel aufgrund einer natürlichen Schwankung über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren besonders ausgeprägt war. Eine ähnliche Entwicklung gab es bereits Anfang der 1990er Jahre. Die atmosphärischen Ursachen dieser Schwankung sind Teil aktueller Forschung.
Hinweis: Dieser Blog wurde ursprünglich von unseren Kolleginnen und Kollegen in Locarno verfasst. Der Inhalt stammt aus dem Artikel «Der Einfluss der natürlichen Schwankungen», der auf der Website meereisportal.de erschienen ist.