Im Frühjahr stellen Frosttemperaturen vor allem direkt am Boden eine besondere Gefahr für die Landwirtschaft dar. Schäden an jungen Trieben und Pflanzen können zu erheblichen Ertragseinbussen führen. Frostwarnungen für die Landwirtschaft gehören deshalb zu den Standardaufgaben der Wetterdienste in den von Frühjahrsfrösten betroffenen Ländern.
Überlieferte Vorstösse von Kaltluft
Über Jahrhunderte traten in Mitteleuropa immer wieder Frühjahrsfröste auf, was zur Überlieferung führte, dass Mitteleuropa Mitte Mai häufig von einem Kaltluftvorstoss erfasst wird. Daraus hat sich der Witterungsregelfall der Eisheiligen entwickelt. Als Witterungsregelfall oder Singularität wird eine an bestimmten Kalendertagen mehr oder weniger regelmässig auftretende Abweichung vom mittleren jährlichen Gang der meteorologischen Elemente bezeichnet.
Das Datum der Eisheiligen
Vermutlich aus dem Mittelalter stammt auch die Überlieferung des Zeitraums: Gemäss Beschreibungen in der Literatur fallen die Eisheiligen in Mitteleuropa auf die Tage vom 11. bis zum 14. Mai. Es sind die Namenstage von Mamertus, Pankratius, Servatius und Bonifatius. Als Abschluss dieser Kaltphase wird schliesslich die Kalte Sophie vom 15. Mai genannt. Laut Überlieferung soll der Frost nach den Eisheiligen für die Landwirtschaft keine Gefahr mehr darstellen. Mit der gregorianischen Datumsverschiebung 1582 haben sich auch die Eisheiligen verschoben, obwohl dies in der Literatur zu den Eisheiligen oft keine Beachtung findet. Wird hingegen die gregorianische Kalenderreform berücksichtigt, beginnen die Eisheiligen am 19. Mai, die Kalte Sophie fällt auf den 23. Mai.
Nicht häufiger Frost als sonst im Mai
Der Witterungsregelfall der Eisheiligen lässt sich anhand der Frosthäufigkeit im Frühling überprüfen. Dafür ist es wesentlich, langjährige Temperaturmessungen direkt über dem Boden zur Verfügung zu haben. Die in der Schweiz längsten Messreihen mit Temperaturdaten 5 cm über Boden reichen bis 1965 zurück. Sie stammen von den Messstandorten Genève-Cointrin, Payerne und Zürich-Kloten. Die Analyse dieser Messreihen für die Monate April und Mai zeigt deutlich, dass Frost direkt über dem Boden, im Folgenden vereinfacht Bodenfrost genannt, im langjährigen Durchschnitt nur an den Tagen bis Mitte April regelmässig auftritt. Dann sinkt die Auftretenshäufigkeit von Bodenfrost kontinuierlich und liegt Ende Mai nahe Null.
Die Tage der Eisheiligen vom 19. Mai bis zum 23. Mai zeigen keine spezielle Häufung. Auch an Messstationen mit kürzeren Messreihen ist keine Häufung von Bodenfrost um die Eisheiligen zu beobachten. Es lässt sich also festhalten, dass die Eisheiligen, verstanden als besondere Phase im Mai mit gehäuftem Auftreten von Bodenfrost, in der Schweiz nicht feststellbar sind.