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Temperaturprognose: Ein Blick hinter die Kulissen

Hinter den einfachen Zahlen und Kurven, die wir in den Wettervorhersagen sehen, steckt eine komplexe Kette von Berechnungsschritten. Früher war die Wettervorhersage weniger detailliert, doch heutzutage haben wir höhere Ansprüche und nutzen fortschrittliche Wettermodelle.

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Früher: Einfache Methoden

Noch bis zur Jahrtausendwende informierten sich die Menschen hauptsächlich über Radio, Fernsehen und Zeitungen über das Wetter. Die Meteorologen sagten die Temperatur für eine wenige Orte voraus, oft basierend auf einfachen Regeln.

Zum Beispiel:

  • Klimatologie: Die durchschnittliche Temperatur in einer bestimmten Jahreszeit. In Zürich schwankt die Temperatur Anfang August beispielsweise zwischen 5 und 35 Grad.
  • Persistenz: Die Annahme, dass das Wetter am nächsten Tag ähnlich wie am Vortag sein wird. Zum Beispiel, wenn die Höchsttemperatur gestern 22 Grad betrug, wird sie heute wahrscheinlich ähnlich sein.
  • Höhenanpassung: Berechnung der Temperaturunterschiede zwischen verschiedenen Höhenlagen, z. B. in den Bergen. Von der Temperatur auf einer Standard-Höhe von 1’500 m wird grob mit einem Temperaturgradienten von 1 Grad pro 100 Höhenmetern auf die Höhe des Mittellands heruntergerechnet.
  • Energiezufuhr durch die Sonne und die Luftmasse: Bei stabilem Wetter mit guter Sonneneinstrahlung wurde am frühen Morgen auf der Grundlage des in der Nacht aufgezeichneten vertikalen Temperaturprofils (Radiosondierung) die Tageshöchsttemperatur berechnet. Dazu wurden spezielle Diagramme auf die Radiosondierung angewendet, die die von der Sonne gelieferte Energie in Abhängigkeit von der Jahreszeit wiedergeben. Zu der so ermittelten Höchsttemperatur wurden Korrekturen hinzugefügt, um etwaige Änderungen der Luftmasse und der Durchmischung aufgrund des Windes zu berücksichtigen.

Diese Methoden waren oft ausreichend, aber die heutigen Anforderungen an Wettervorhersagen sind viel höher.

Heute: Wettermodelle und Nachbearbeitung

Heute stützen sich Wettervorhersagen auf numerische Simulationen der Atmosphäre, sogenannte Wettermodelle. Diese Modelle berechnen den Zustand der Atmosphäre in einem dreidimensionalen Gitter und berücksichtigen dabei die physikalischen Gesetze der Natur. MeteoSchweiz betreibt das ICON-Modellsystem für kurzfristige Vorhersagen bis zu 5 Tagen und nutzt das globale europäische Modell für die erweiterte Mittelfristprognose.

Herausforderung: Modellfehler

Wettermodelle sind jedoch nicht perfekt. In den Alpen zum Beispiel kann die komplexe Erdoberfläche mit ihren Bergen und Tälern nicht exakt abgebildet werden, was zu Fehlern in den Vorhersagen führt. In den Modellen muss die Landschaft vereinfacht werden, damit die Berechnungen stabil laufen. Daher sind spezifische Prognosen für Orte wie z.B. das Urner Reusstal schwierig, weil die Topographie in den Modellen geglättet wird.

Ähnliche Probleme treten auch bei der Abbildung von Seen oder Städten auf. Diese beeinflussen das Wetter auf lokaler Ebene, aber die Modelle können die komplexen Strukturen dieser Bereiche nicht immer detailliert erfassen.

Eine dreidimensionale Darstellung einer Berglandschaft, die durch ein Gittermodell dargestellt wird. Die Berge und Täler sind in verschiedenen Grüntönen eingefärbt, wobei schwarze Punkte die Knotenpunkte im Gitter markieren, die durch Linien verbunden sind. Diese Darstellung veranschaulicht, wie Wettermodelle die komplexe Orographie einer Region vereinfachen, um Wettervorhersagen zu ermöglichen.
Die Gotthardregion mit Blick von Süden her auf das Urner Reusstal. In Farbschattierungen die reale Orographie. Überlagert in Schwarz die stark geglättete Orographie des Modells mit den einzelnen Gitterzellen, an welchen das Modell eine Prognose berechnet, als Netz dargestellt.

Statistische Nachbearbeitung: Verbesserte Vorhersagen

Um die Vorhersagen zu verbessern, werden statistische Verfahren eingesetzt, die systematische Fehler in den Modellen korrigieren. Ein Beispiel dafür ist das "MOSMIX" des Deutschen Wetterdienstes (DWD), das auch von MeteoSchweiz verwendet wird. MOS steht für "Model Output Statistics" und nutzt die Modellvorhersagen als Ausgangswerte.

Die Modellvorhersagen werden über eine lange Trainingsperiode mit den tatsächlichen Messwerten verglichen. Das Korrekturverfahren funktioniert ähnlich wie ein Bogenschütze, der seine Schusstechnik verbessert: Ein erfahrener Schütze trifft unter idealen Bedingungen bereits recht genau, muss aber unter realen Bedingungen wie Wind und Lichtverhältnissen seine Schüsse anpassen. Ebenso wird bei MOSMIX die rohe Modellprognose angepasst, indem systematische Abweichungen eliminiert werden.

Zusätzlich zu den Temperaturprognosen selbst werden weitere Vorhersageparameter wie Wind, Bewölkung oder Bodenzustand in die statistischen Gleichungen einbezogen. Dadurch können systematische Fehler weitgehend korrigiert werden, was zu genaueren Temperaturprognosen führt.

Inter- und Extrapolation: Vorhersagen für jeden Ort

Da die optimierten Vorhersagen nur für bestimmte Standorte verfügbar sind, müssen sie für andere Orte zeitlich und räumlich interpoliert werden. Hierbei kommen wieder die Modellsysteme ins Spiel, um kontinuierliche Temperaturverläufe zu erstellen. Bei der Extrapolation der Stationswerte in den Raum werden die flächigen Modellfelder und reale Eigenschaften der Landschaft, wie die Höhe über dem Meeresspiegel oder Hangneigungen, berücksichtigt.

So können wir für jede Gemeinde in der Schweiz statistisch korrigierte Prognosewerte zur Verfügung stellen. Dank der Inter- und Extrapolationsschritte erhalten wir zuverlässigere Vorhersagen, auch an Orten ohne Wetterstationen.

Moderne Technik: Stündlich aktualisierte Vorhersagen

MeteoSchweiz rechnet stündlich neue Vorhersagen und integriert die neuesten Messwerte und Prognosedaten der eingehenden Wettermodelle. Der MOSMIX des DWD und die ECMWF-Vorhersagen werden zweimal täglich aktualisiert. Zudem führt das ICON-CH1-EPS-Modell acht Mal pro Tag und das ICON-CH2-EPS-Modell vier Mal pro Tag neue Berechnungen durch, um stets aktuelle Vorhersagen zu liefern.

Grafische Aufbereitung und Verteilung

Im letzten Schritt werden diese Daten umgehend auf der Website und in der MeteoSwiss-App aktualisiert und visualisiert (Lokalprognose / Meine Orte). Bei der Temperatur werden Unsicherheiten dezent im Hintergrund der Verlaufskurven dargestellt. Dies hilft, ein besseres Verständnis für die Genauigkeit der Vorhersagen zu vermitteln.

Fazit

Die Erstellung von Wettervorhersagen ist heute deutlich komplexer als früher. Dank moderner Wettermodelle, statistischer Nachbearbeitung und kontinuierlicher Aktualisierung können präzise und ortsspezifische Prognosen erstellt werden. Sie helfen, den Alltag besser zu planen. Trotz der Komplexität im Hintergrund sorgen diese Arbeitsschritte dafür, dass die Wetterinformationen für alle leicht zugänglich und verständlich bleiben.