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Den Änderungen der Vegetationsentwicklung auf der Spur

MeteoSchweiz-Blog | 24. März 2023
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Die langen phänologischen Beobachtungsreihen zeigen, wie stark sich die Entwicklung der Pflanzen mit dem Klimawandel in den letzten 60 Jahren verändert hat. Neu werden für die verschiedenen phänologischen Phasen landesweite Mittelwerte und Normwerte für die Perioden 1961-1990 und 1991-2020 berechnet.

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Schweizer Mittelwerte und Normwerte in der Phänologie

Das phänologische Beobachtungsnetz von MeteoSchweiz umfasst 160 Stationen, an denen Beobachterinnen und Beobachter die Entwicklung von 26 verschiedenen Pflanzenarten erfassen. Die ersten Beobachtungsstationen wurden 1951 eingerichtet. Über die Jahre sind weitere Stationen dazu gekommen. Die Beobachterinnen und Beobachter an diesen Stationen notieren den Zeitpunkt der Blüte, Blattentfaltung, Fruchtreife, Blattverfärbung und des Blattfalls der jeweiligen Pflanzenarten.

Die einzelnen Datenreihen an einem Standort weisen aufgrund verschiedener Einflussfaktoren Unsicherheiten auf, die nicht genau quantifiziert werden können. Zu diesen Einflussfaktoren gehören folgende:

  • Trotz genauer Anleitung durch MeteoSchweiz ist eine Erfassung dieser phänologischen Daten immer bis zu einem gewissen Grad subjektiv.
  • Pflanzen zeigen eine genetische Variabilität. Dies hat zur Folge, dass früh- und spätblühende Pflanzen derselben Art direkt nebeneinander wachsen können.
  • Auch die Umgebung einer Pflanze und die lokalen Bodeneigenschaften spielen eine Rolle.

Robustere Aussagen zur Vegetationsentwicklung lassen sich machen, wenn Mittelwerte über mehrere Stationen gebildet werden. MeteoSchweiz hat Mittelwerte für verschiedene Höhenstufen und für die ganze Schweiz berechnet. Die Datenfiles stehen auf der MeteoSchweiz-Website zum Download bereit:

Vegetations­entwicklung

Der Frühling beginnt 4 – 10 Tage früher

Eine starke Verfrühung um 12 Tage zwischen den beiden Normperioden 1961-1990 und 1991-2020 weist die Blüte der Haselsträucher auf. In den letzten Jahren kam eine frühe Blüte besonders häufig vor.

Die Blüte der Obstbäume und von Blumen wie Löwenzahn, Buschwindröschen und Wiesenschaumkraut verfrühte sie zwischen den beiden Normperioden um 5 – 10 Tage. Den grössten Einfluss auf den Zeitpunkt der Entwicklung im Frühling hat die Temperatur von Februar bis April, die zwischen den Normperioden um 1.4 °C anstieg. Bei allen Datenreihen ist eine starke Verfrühung der jeweiligen phänologischen Phase ab 1989 auffällig, die mit einer Erhöhung der Februar-bis-April-Temperatur einhergeht.

Die Blattentfaltung und der Nadelaustrieb verfrühten sich etwas weniger stark, um 4 – 6 Tage. Bei der Buche weiss man, dass sie erst ab einer bestimmten Tageslänge stärker auf wärmere Temperaturen reagiert. Damit ist sie besser vor Spätfrösten geschützt und treibt nicht schon während einer warmen Phase im frühen Frühling.

Starke Verfrühung um 10 – 12 Tage im Frühsommer und Sommer

Zu den Frühsommer- und Sommerphasen gehören die Blüte der Margerite, des Schwarzen Holunders und der Sommerlinde. Die mittleren Daten der Blüte der aktuellen Normperiode 1991-2020 sind um 10 – 12 Tage früher als in der Periode 1961-1990. Die Temperatur der einflussreichsten Monate März bis Mai und April bis Juni hat sich zwischen den Normperioden im Schweizer Mittel um 1.6 °C beziehungsweise um 1.8 °C erhöht. Die starke Verfrühung ab Ende der 1980er Jahre läuft parallel mit einer markanten Erhöhung der Temperatur dieser Monate.

Der späteste Termin der Blüte der Sommerlinde in der ganzen Datenreihe ist der 14. Juli 1980. Im Jahr 1980 war der Frühling kühl und sonnenarm und selbst Ende Mai schneite es noch bis gegen 1000 m. Sommerliche Phasen waren auch im Juni nur von kurzer Dauer. In den Annalen von MeteoSchweiz werden der Juni und Juli folgendermassen beschrieben: «Das nasskalte Wetter bereitete der Landwirtschaft, besonders in den Berggebieten, grosse Schwierigkeiten. Die höheren Lagen verzeichneten einen Vegetationsrückstand bis zu drei Wochen». Das Schweizer Mittel der Temperatur von April bis Juni 1980 betrug 5.2 °C. Die Jahre 2007, 2011 und 2018 unterscheiden sich deutlich davon mit einer mittleren Temperatur von April bis Juni von 10.4 bis 10.7 °C und mit der frühesten Blüte der Sommerlinde im Schweizer Mittel am 9. und 10. Juni.

Der Herbst verändert sich kaum

Die Blattverfärbung der Buche veränderte sich nicht signifikant. Der Auslöser der herbstlichen Blattverfärbung ist die abnehmende Tageslänge, die den Abbau des Chlorophylls und damit das Hervortreten der gelben und roten Farbstoffe einleitet. Zusätzlich spielen die Temperatur und die Trockenheit eine Rolle. Zu einer späteren Blattverfärbung kommt es, wenn die Monate August und September sehr warm sind. Ein kühler September führt meist zu einer frühen Blattverfärbung. Auch ein sehr warmer, trockener Spätfrühling und Frühsommer kann die Blattverfärbung verfrühen.

Die früheste Blattverfärbung fand 1996 statt, einem Jahr mit einem besonders kühlen September mit frühem Schneefall bis gegen 1100 m und mit einer Temperatur in allen Monaten von Juli bis Oktober unter der Norm. Weil die Blattverfärbung von verschiedenen Einflussgrössen abhängt, ist es schwierig vorherzusagen, ob die Tendenz zu einer späten Blattverfärbung der letzten Jahre mit steigenden Temperaturen weitergeht, oder ob die zunehmende Trockenheit im Frühsommer und Sommer zu einer früheren Blattverfärbung führen wird.

Auswirkungen einer veränderten Phänologie

Das immer frühere Auftreten von Blüte und Blattentfaltung kann zu einer stärkeren Gefährdung durch Spätfröste führen. Studien aus der Schweiz haben gezeigt, dass bei unseren einheimischen Pflanzen die Sicherheitsmarge zwischen dem letzten Frost und der Blüte und Blattentfaltung weiterhin genügend gross ist und sie meist erst nach dem letzten Frost austreiben. In höher gelegenen Gebieten hat diese Sicherheitsmarge jedoch abgenommen. Starke Spätfröste gab es in den Jahren 2017 an Obst- und Waldbäumen und an Reben, 2019 an Buchen in Höhenlagen um 1000 m, 2021 an Obstbäumen und 2022 an Obstbäume vor allem in Frankreich.

Jede Pflanzenart reagiert unterschiedlich auf den Klimawandel. Auch Tiere haben eigene Rhythmen, wie z.B. die Brut oder das Schlüpfen von Insekten, die häufig ebenfalls von der Temperatur beeinflusst sind. Bestehende Nahrungsketten können mit ändernden Temperaturen aus dem Gleichgewicht geraten, so dass z.B. während der Aufzucht von Jungvögeln nicht genügend grosse Mengen an Raupen für die Nahrung vorhanden sind. Beobachtet wurde auch ein verändertes Nahrungsangebot für Rehkitzen, weil sich die Vegetation stärker verfrühte als die Setzzeit der Rehe.

Diese Beispiele machen deutlich, wie sich Klimaveränderungen direkt auf die Pflanzen- und Tierwelt in der Schweiz auswirken können.

Weiterführende Informationen

Daten der phänologischen Jahresmittelwerte und Normwerte zum Download: Vegetations­entwicklung

Literatur