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Ozon - der gefährliche Beschützer

MeteoSchweiz-Blog | 20. Juli 2023
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Ozon ist natürlicher Bestandteil der Atmosphäre. Menschliche Aktivitäten beeinflussen jedoch dessen Verteilung in der Atmosphäre und dies nicht zu unseren Gunsten. Denn je nachdem, wo sich das Ozon befindet, ist es entweder nützlich oder schädlich für das Leben.

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Ich bin froh, dass du da bist, aber bleib mir bitte fern. Diese für Eltern von Teenagern sicher bekannte Aussage gilt auch für Ozon. Ozon schützt uns zwar vor gefährlicher UV-Strahlung, aber im direkten Kontakt ist es ungesund.

Der Mensch hat nun unabsichtlich in den letzten Jahrzehnten dafür gesorgt, dass das ferne, schützende Ozon abnahm, während es in unserer Atemluft zunahm. Ein Grund, sich ein wenig mit dem Gas und seiner nicht gerade von Subtilitäten geprägten Lebensgeschichte zu befassen.

Rabiate Bedingungen

In der Atmosphäre gibt es eine Schicht zwischen 15 und 50 km Höhe, welche Stratosphäre genannt wird und in welcher sich die Ozonschicht befindet. Es ist kein Ort, wo man Leben möchte. Nicht nur ist die Luft viel zu dünn zum Atmen, die Sonnenstrahlung ist so aggressiv, dass wir es dort nicht lange überleben würden. Für das Ozon ist es dagegen die perfekte Zone: Energiereiche Strahlung spaltet dort Sauerstoffmoleküle in zwei einzelne Atome.

Radikale Singles

In der Chemie gibt es eine Regel: Atome sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen - sehr ungerne alleine. Ist ein Atom alleine, so sucht es sofort Anschluss zu einem anderen Atom. Dabei geht es oft recht unzimperlich vor. Es scheut nicht davor zurück, bestehende Verbindungen zwischen anderen Atomen zu modifizieren oder gar aufzubrechen, nur damit sie eine Verbindung eingehen können. Kein Wunder, werden solche einzelne Atome in der Chemie Radikale genannt.

Im Falle des Ozons geht es um Sauerstoff. Sauerstoffatome suchen zwei Bindungen. Den Sauerstoff den wir atmen, besteht deshalb nicht aus einzelnen Atomen, sondern aus einem Molekül mit zwei Sauerstoffatomen (Moleküle sind zwei oder mehr Atome, welche untereinander verbunden sind). Im Sauerstoffmolekül sind die beiden Atome über eine Doppelbindung verbunden. Somit sind sie «zufrieden», weil sie wie gewünscht ihre zwei Bindungen haben.

In der Stratosphäre wird die friedliche Zweierbeziehung jedoch zerstört: Die UVC Strahlung zerbricht die Doppelbindung und es entstehen zwei Sauerstoffradikale. Diese versuchen nun sofort wieder Verbindungen zu anderen Atomen aufzubauen. Dabei gibt es für die Radikale zwei Wege: Die zwei Radikale verbinden sich wieder zum Sauerstoffatom oder ein radikal sucht sich gewaltsam Anschluss an einem Sauerstoffmolekül (siehe Graphik). Dabei brechen sie die bestehende Doppelbindung auf und es entsteht Ozon, ein Molekül aus drei Sauerstoffatomen.

UV-Strahlung schaufelt sich ihr eigenes Grab

Die UVC-Strahlung, welche das Sauerstoffmolekül auftrennt, wird bei diesem Vorgang «verbraucht», d.h. absorbiert. Somit schützt uns der Sauerstoff vor dieser Strahlung. Das entstandene Ozon absorbiert nun aber auch noch die UVB-Strahlung, welche sonst weitgehend ungehindert durch die Atmosphäre gelangen würde. In diesem Sinne hat die UVC-Strahlung mit seiner Spaltung des Sauerstoffs und der Entstehung des Ozons dazu geführt, dass nun auch noch das UV-B zum grössten Teil absorbiert wird. Die absorbierte UV-Strahlung wird dabei in Wärme umgewandelt. Dies ist auch einer der Gründe, wieso die Stratosphäre relativ warm ist und für das Wetter eine Sperrschicht darstellt, wie im letzten Blog beschrieben wurde.

Dieser Ozonschicht haben wir Menschen im letzten Jahrhundert mit dem Freisetzen von FCKW jedoch arg zugesetzt. FCKWs sind ungiftige und unbrennbare Chemikalien,  weshalb sie zunächst als ideale, harmlose Produkte galten. Leider zeigte es sich, dass diese Stoffe, wenn sie in die Stratosphäre gelangen, eine ziemlich unangenehme Eigenschaft haben: Das UV in der Stratosphäre spaltet die FCKW in Radikale und diese wiederum zerstören das Ozon. Das perfide dabei ist, dass diese Radikale selber den Prozess unbeschadet überstehen. Somit kann ein einzelnes Radikal viele Ozonmoleküle zerstören, ohne dass es dabei selber verbraucht wird.

Zum Glück aber zeigt das weltweite, weitgehende Verbot von FCKWs erste Erfolge und die Ozonschicht scheint sich langsam zu erholen.

Die toxische Seite des Beschützers

Ozon ist im direkten Kontakt giftig. Der Grund findet sich bei der Struktur des Ozons. Die drei Atome sind mit einer Art «Anderthalb-Bindung» verbunden. Die Sauerstoffatome würden aber lieber zwei richtige Bindungen haben. Gelangt Ozon an ein anderes Molekül (zum Beispiel in unserer Lunge), dann versuchen die Sauerstoffatome, ihrem Bedürfnis nach Bindung nachzukommen. Dabei brechen sie in unseren Zellen bestehende Verbindungen in Molekülen auf, was selbstverständlich der Gesundheit nicht förderlich ist. Diese schädigende Wirkung auf Zellen ist in höheren Konzentrationen so stark, dass Ozon im Wasser auch zur Entkeimung eingesetzt wird.

Unerwünschtes Ozon

Bei uns am Boden würde eigentlich nur wenig Ozon entstehen, da die dafür nötige UVC-Strahlung fehlt. Mit unseren Abgasen aber ermöglichen wir hier dennoch dessen Bildung. Stickstoffdioxid, ein Teil von Abgasen, zerfällt bereits durch die Einwirkung von UVA. Dabei entstehen Sauerstoffradikale, welche, wie in der Stratosphäre, in der Folge Ozon bilden. Dieser Prozess läuft bei hohen Temperaturen und hohem Sonnenstand besonders gut ab, weshalb die Ozonwerte am Boden an solchen Tagen am höchsten sind. Wer gerne Ausdauersport macht, sollte dies im Sommer deshalb mit Vorteil am Morgen oder dann wieder spät am Abend machen. Schliesslich brauchen wir keine anschlusshungrigen Radikale in unserer Lunge.