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Was ist ein Downburst beziehungsweise eine Fallböe?

MeteoSchweiz-Blog | 25. Juli 2023
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Das extreme Windereignis am späten Montagvormittag in La Chaux-de-Fonds und Le Locle beschäftigt uns auch heute Dienstag noch. Für eine ausführliche Aufarbeitung fehlte bislang die Zeit. Mittlerweile gehen wir aber davon aus, dass ein sehr starker Downburst für die enormen Schäden verantwortlich war. Aus diesem Grund wird dieses Phänomen nachfolgend erklärt.

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Downburst

Ein Downburst ist eine Fallböe, die im Zusammenhang mit Gewittern oder auch Schauern auftreten kann. Dabei beschleunigt sich der Abwind unterhalb der Gewitterwolke und schlägt mit hoher Geschwindigkeit auf den Erdboden auf.  Am Boden strömt die Luft üblicherweise radial auseinander, kann aber, je nach Topographie kanalisiert werden. Dies geschah möglicherweise auch in Le Locle und La Chaux-de-Fonds. Ein Downburst kann Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h erreichen und damit enorme Schäden verursachen.

Downbursts werden in Abhängigkeit der Dimension in Microbursts oder Macrobursts unterteilt. Wenn der Schadensradius auf weniger als 4 km Ausdehnung begrenzt ist, wird von einem Microburst gesprochen, andernfalls von einem Macroburst.

Bei kräftigen Gewittern können Downbursts auch wiederholt auftreten. Wodurch es entlang der Zugrichtung des Gewitters wiederholt zu Schäden kommen kann. Dies geschah beispielsweise vor rund zwei Jahren am 13. Juli 2021, als eine Superzelle vom Aargau über die Stadt Zürich nordostwärts zog und an verschiedensten Orten eine Spur der Verwüstung hinterliess.

Welche Vorgänge innerhalb einer Gewitter- oder Schauerzelle sind nun aber für die Entstehung eines Downbursts verantwortlich? Im Wesentlichen sind zwei Prozesse für die Beschleunigung des Abwindes verantwortlich. Zum einen das Abkühlen der Luft aufgrund schmelzender Hagelkörner beziehungsweise der Verdunstung des Regens, und zum anderen die Beschleunigung des fallenden Niederschlags selbst.

Durch das Schmelzen des festen Niederschlags (Hagel, Graupel etc.) innerhalb des Gewitters und durch das Verdunsten von flüssigem Niederschlag wird der Luft Wärme entzogen. Die Luft kühlt dadurch ab und wird schwerer (kalte Luft ist aufgrund der höheren Dichte schwerer als warme Luft). Die Verdunstungsabkühlung kann einerseits unterhalb der Gewitterzelle erfolgen und andererseits in den mittleren Wolkenniveaus durch das Einbringen von trockener Umgebungsluft. Besonders günstig ist es, wenn die Wolkenbasis relativ hoch ist und die darunterliegende Luft relativ trocken. In La Chaux-de-Fonds sprachen diese Faktoren eigentlich nicht unbedingt für ein derart heftiges Downburstereignis. Die kalte Luft beschleunigt anschliessend auf dem Weg zum Erdboden und kann sehr hohe Windgeschwindigkeiten erreichen.

Auffallend auf den Fotos und Webcambildern ist hingegen der ausgeprägte und dichte «Niederschlagsvorhang». Die Niederschlagsintensität muss entsprechend stark gewesen sein und entsprechend auch die Beschleunigung des Abwindes durch die riesigen Niederschlagsmassen.

Auf den Radarbildern und deren Vertikalschnitten ist ausserdem erkennbar, wie die zuvor zwar kräftige, aber keineswegs aussergewöhnliche Gewitterzelle über La Chaux-de-Fonds deutlich an Intensität verliert. Es scheint, als ob der einst starke Aufwind der Gewitterzelle über La Chaux-de-Fonds zusammenbrach und sich die Gewitterzelle direkt über der Stadt in einem aussergewöhnlich starken Downburst entlud.

Aufgrund der Beobachtungen und Messungen gibt es kaum aussagekräftige Indizien, die für einen Tornado sprechen. Wir gehen deshalb von einem sehr starken Downburst beziehungsweise Microburst aus.

Ein Kollege von MeteoSuisse wird heute Dienstag noch die Schäden vor Ort inspizieren, woraus wir uns klärende Erkenntnisse erhoffen.

Es ist übrigens nichts aussergewöhnliches, dass Downbursts im Zusammenhang mit Gewittern auftreten. Solche extremen Downbursts wie in La Chaux-de-Fonds sind jedoch äusserst selten. Weitere Infos und Illustrationen zum Thema finden sich übrigens auch im Blog vom 19. Juni 2023.