Aussertropische Tiefdrucksysteme (nicht zu verwechseln mit tropischen Wirbelstürmen) sind Tiefdruckgebiete, die ausserhalb der Tropen entstehen und mit markanten Wettererscheinungen (Niederschlag, Wind, Wolken) einhergehen. Diese Tiefdrucksysteme bestimmen weitgehend das Wetter in unseren Breiten. Sie sind für den Grossteil der Niederschläge in den mittleren Breiten und für viele Sturmereignisse verantwortlich (z.B. Lothar).
Wie werden sich diese mächtigen Tiefdrucksysteme in einem wärmeren Klima entwickeln? Wie werden sich die Winde und Niederschläge, die mit diesen Systemen verbunden sind, bis zum Ende des Jahrhunderts verändern? Diese Fragen sind alles andere als trivial und waren in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten. Deshalb fassen wir den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu diesem Thema in zwei Teilen zusammen. Im ersten Teil analysieren wir die Merkmale des Klimawandels, die einen direkten Einfluss auf die Dynamik aussertropischer Tiefdruckgebiete haben. Im zweiten Teil wird gezeigt, wie diese Eigenschaften die Intensität und Häufigkeit von aussertropischen Tiefdruckgebieten und deren Auswirkungen (Wind, Niederschlag, Wellen, Sturmfluten) beeinflussen.
Vielleicht haben Sie schon einmal davon gehört, dass die globale Erwärmung in den Polarregionen (insbesondere in der Arktis) stärker ist als in den Tropen. Diesen Effekt nennt man polare Verstärkung. Dies ist grösstenteils auf den Eis-Albedo-Rückkopplungsmechanismus zurückzuführen. Durch die globale Erwärmung schmilzt das Eis. Da Eis eine hohe Albedo hat, reflektiert es den grössten Teil der Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum, während Wasser oder Vegetation den grössten Teil absorbiert. Dieser Mechanismus wirkt nicht nur in den Polarregionen, sondern auch im Gebirge, wo das Abschmelzen der Gletscher zur gleichen Beschleunigung der Erwärmung führt. Eine direkte Folge der polaren Verstärkung ist, dass der Unterschied in der Durchschnittstemperatur zwischen den Tropen und den Polen mit der globalen Erwärmung tendenziell abnimmt. Da sich die Pole stärker erwärmen, verringert sich der Temperaturunterschied zu den Tropen, wo die Erwärmung weniger intensiv ist. Abbildung 1 zeigt dieses Phänomen schematisch für die Nordhalbkugel. Sie können das vorindustrielle Klima mit dem heutigen und dem zukünftigen Klima vergleichen, indem Sie mit den Pfeilen zwischen den beiden Klimazonen hin- und herschalten.
Wie hängt der Temperaturunterschied zwischen Pol und Äquator, der sogenannte meridionale Temperaturgradient, mit den aussertropischen Tiefdrucksystemen zusammen? Die von den aussertropischen Tiefdruckgebieten genutzte Energie stammt aus diesem meridionalen Temperaturgradienten, der entlang der Polarfront am grössten ist. Der Temperaturunterschied zwischen polaren und tropischen Luftmassen bewirkt auch einen Dichteunterschied, der eine Quelle der Instabilität ist. Daher neigt eine kleine Störung entlang der Polarfront dazu, sich zu verstärken und Tiefdruckgebiete entstehen zu lassen.
Eine erste Folge des geringeren meridionalen Temperaturgradienten (also einer schwächeren Polarfront) ist also, dass weniger Energie für Tiefdruckgebiete zur Verfügung stehen sollte. Bedeutet das, dass die Tiefs in Zukunft weniger intensiv sein sollten? So einfach ist es nicht. Erstens: Wie wird die Intensität eines Tiefs definiert? Durch den Druck in seinem Zentrum, die Windgeschwindigkeit oder die kumulierte Niederschlagsmenge? Zweitens gibt es noch andere Prozesse, die die Intensität eines Tiefs beeinflussen, und auch sie werden vom Klimawandel beeinflusst. Sie hängen vor allem mit der Veränderung der Wasserphase zusammen (z.B. Verdunstung, Kondensation) und damit mit der Luftfeuchtigkeit in der Atmosphäre, die direkt vom Klimawandel beeinflusst wird. Dies führt uns zu einer zweiten wichtigen Eigenschaft der globalen Erwärmung, die im nächsten Abschnitt beschrieben wird.
Eine zweite Folge der polaren Erwärmung ist die Verlagerung von Tiefdruckgebieten in Richtung der Pole (siehe diesen Artikel). Denn mit der Erwärmung neigt die tropische Luft dazu, sich in Richtung der Pole zu verlagern: Der Bereich, in dem sie auf polare Luft trifft, verschiebt sich also in Richtung der Pole. Da sich Tiefdruckgebiete entlang der Polarfront entwickeln, werden sie ebenfalls in Richtung der Pole verschoben. Dies ist auch schematisch in Abbildung 1 dargestellt, wo man gut erkennen kann, wie sich die Isothermen in Richtung der Pole verschieben.
Wahrscheinlich haben Sie schon einmal gehört, dass die Luft je wärmer sie ist, umso mehr Wasserdampf enthalten kann. Das ist die Clausius-Clapeyron-Gleichung, die besagt, dass die Atmosphäre pro Grad (Celsius) Erwärmung 7 % mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Das bedeutet nicht nur, dass das Potenzial für Starkniederschläge mit der globalen Erwärmung zunimmt, sondern auch, dass die latente Wärme eine größere Rolle spielen wird. Vielleicht erinnern Sie sich aus dem Physikunterricht, dass die Energiemenge, die bei der Verdampfung (oder Kondensation) von Wasser freigesetzt wird, sehr hoch ist (2'257 kJ/kg bei einem Luftdruck von 1013 hPa und 100 °C - das ist fünfmal mehr als bei der Erwärmung von Wasser von 0 auf 100 °C). In einem aussertropischen Tiefdruckgebiet kommt es nun durch die Aufwärtsbewegung der Fronten zu starker Kondensation: Es bilden sich Wolken und Niederschlag. Diese Kondensation gibt viel Wärme ab, die auch eine Energiequelle für die Tiefdruckgebiete ist. Eine wärmere Atmosphäre bedeutet also mehr Feuchtigkeit und mehr Energie, die in Form von latenter Wärme bei der Wolken- und Niederschlagsbildung freigesetzt wird. Dies könnte der geringeren Energieverfügbarkeit bei einem schwächeren meridionalen Temperaturgradienten entgegenwirken.
Es wird deutlich, dass die Frage nach den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Tiefdruckgebiete hochkomplex ist, da sie Phänomene betrifft, die auf verschiedenen Skalen interagieren. Darüber hinaus muss auch die vertikale Struktur der Atmosphäre berücksichtigt werden, da es sich bei Tiefdruckgebieten um dreidimensionale Systeme handelt. Dieser Aspekt wird im nächsten und letzten Abschnitt behandelt.
Der dritte Aspekt der globalen Erwärmung, der die Tiefdruckgebiete beeinflusst, ist die Veränderung in der oberen Troposphäre und in der Stratosphäre. Laut dem fünften IPCC-Bericht wird der Klimawandel zu einer Erwärmung der oberen Troposphäre in den Tropen und zu einer Abkühlung der Stratosphäre in den Polarregionen führen. Damit ergibt sich der umgekehrte Effekt wie in der unteren Troposphäre, nämlich eine Zunahme des meridionalen Temperaturgradienten zur Tropopause hin.
Ein zweiter Effekt, der bei der vertikalen Struktur der Atmosphäre zu beachten ist, ist der Ort der Erwärmung durch die Freisetzung latenter Wärme: Das Maximum findet in der mittleren und oberen Troposphäre statt, was laut diesem Artikel im Journal of the Atmospheric Sciences zu einer Erhöhung der vertikalen Stabilität führt. Wieder einmal zeigt sich, dass derselbe Mechanismus (in diesem Fall die Freisetzung latenter Wärme) sowohl zu einer Verstärkung (Beitrag zur Energie des Tiefs) als auch zu einer Abschwächung (Erhöhung der vertikalen Stabilität) von Tiefdruckgebieten führen kann. Dieser Artikel in Nature quantifiziert diese verschiedenen Effekte, die sich manchmal gegenseitig aufheben können.
Um die drei Eigenschaften des Klimawandels, die die Tiefdrucksysteme beeinflussen, zusammenzufassen, kann man Folgendes sagen:
Während wir uns über diese Eigenschaften sehr sicher sind, ist weniger bekannt, wie sie interagieren und die aussertropischen Tiefdrucksysteme beeinflussen (siehe diesen Bericht von 2019). Dennoch ist es möglich, einige Erkenntnisse über den Einfluss des Klimawandels auf aussertropische Tiefdruckgebiete zu gewinnen. Nachdem Sie nun den theoretischen Hintergrund kennen, werden wir im zweiten Teil dieses Blogs sehen, welche Veränderungen zu erwarten sind und wie signifikant sein könnten. Verpassen Sie also nicht den zweiten Teil, der in Bälde erscheinen wird!
Weitere Details und Referenzen finden Sie im Artikel von Catto et al. 2019 (siehe unten), der die Hauptquelle dieses Blogs ist. Die Eis-Albedo-Rückkopplung ist nicht der einzige Rückkopplungsmechanismus, der für die polare Verstärkung verantwortlich ist. Die anderen unten aufgeführten Artikel wurden per Hyperlink zitiert oder werden im zweiten Kapitel dieses Blogs verwendet.
Hawcroft, M. K., et al. “How Much Northern Hemisphere Precipitation Is Associated with Extratropical Cyclones?” Geophysical Research Letters, vol. 39, no. 24, 2012, pp. 1–7, https://doi.org/10.1029/2012GL053866
Dieser Blog ist ursprünglich auf Französisch publiziert worden.