Videosequenz der Ankunft des Gewitters, gefilmt vom Tower des Flughafens Les Eplatures. Quelle: https://vimeo.com/847984284
Die Kamera blickt in Richtung des aufziehenden Unwetters. Direkt hinter dem markanten Mast links der Bildmitte ist die SwissMetNet-Station zu erkennen.
Der sehr rasch voranschreitende Aufzug des Unwetters ist gut zu erkennen. Schnell wird die SwissMetNet-Station durch den von links aus Richtung Süden heranwehenden Niederschlagsvorhang verhüllt. Wenig später erreicht dieser den Tower und es wird zunehmend Material (sichtbar sind abgebrochene Äste) durch die Luft gewirbelt.
Dieses mitgeführte Material hat mit grosser Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass beide Windmessgeräte auf dem Tower (gelbe und rote Kurven auf der Verlaufsgraphik) zum Zeitpunkt der maximalen Böenspitze ausgefallen sind bzw. vom Messgerät als unbrauchbar taxiert wurden.
Fazit zur Plausibilität des Messwertes
Die Zusammenschau aller Informationen ergibt folgenden Befund:
Die maximale 1-Sekunden-Böenspitze von 60.4 m/s an der SwissMetNet-Station wurde durch ein Schalenkreuzanemometer Typ 14152 der Firma Lambrecht aufgezeichnet. Dieser Wert liegt ausserhalb des Kalibrationsbereiches von 0 bis 35 m/s sowie knapp ausserhalb des Einsatzbereiches von 0 bis 60 m/s.
Alle anderen Umstände sprechen jedoch dafür, diesen Messwert dennoch als plausibel und gültig zu betrachten:
- Das Potential für starke Gewitter mit Sturmböen war aufgrund der Wetterlage vorhanden.
- Sowohl die Anwendung der „International Fujita Scale (englisch)“ zur Beurteilung von Tornado- und Windschäden als auch die „Skala D“ von Keraunos für Downbursts (französisch) erlauben die Abschätzung einer Grössenordnung der Windspitzen, welche die in La Chaux-de-Fonds aufgetretenen Schäden verursacht haben. Diese Schätzungen bestätigen die registrierte maximale Böenspitze der SwissMetNet-Station.
- Die verschiedenen Messgrössen der SwissMetNet-Station passen zueinander und zeigen keine Auffälligkeiten.
- Die Aufstellung der Station entspricht den Vorgaben der WMO und ist gut gewartet. Es gibt zwar Hindernisse stromaufwärts zur Windrichtung während der Böenspitze – diese hatten jedoch einen eher dämpfenden Einfluss.
- Der zeitlich hochaufgelöste Verlauf der Windparameter erreicht mehrfach 3-Sekunden-Werte von über 50 m/s.
- Ergänzende Windmessungen auf dem Tower liefern nur einen unteren Grenzwert und sind zum Zeitpunkt der maximalen Böenspitze ausgefallen. Das wird durch eine Video-Sequenz bestätigt.
Kurz: Es gibt keine bessere Näherung an die Realität als die vorliegende Messung. Der Wert wird bestätigt und in der Datenbank beibehalten. Er steht damit für klimatologische Auswertungen zur Verfügung.
Wie ist die Böenspitze im zeitlichen und räumlichen Kontext einzuordnen? Stationsrekord – aber kein Schweizer Rekord
Die Reihe hochaufgelöster Windmessungen in La Chaux-de-Fonds wurde für den Zeitraum 1982 - 2022 ausgewertet: in diesem Zeitraum sind nie auch nur annähernd ähnlich hohe Böenspitzen aufgetreten. Der Höchstwert von knapp 135 km/h wurde am 26.12.1999 im Zuge des Orkantiefs Lothar registriert. Eine statistische Extremwertanalyse dieser Messreihe schätzt eine Wiederkehrperiode von deutlich über 300 Jahren ab.
Über das gesamte automatische Messnetz von MeteoSchweiz wurden seit 1982 nur an fünf exponierten, alpinen Gipfel- bzw. Passstationen höhere Werte als in La Chaux-de-Fonds gemessen: