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Tiefdruckgebiet «Radha» auf Vb Zugbahn

MeteoSchweiz-Blog | 30. Mai 2024
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Weitere Schauer und einzelne Gewitter zogen heute übers Land. Sie markierten den Beginn eines Niederschlagsereignisses, welches bis am Samstag andauert und inbesondere am östlichen Alpennordhang ergiebigen Dauerregen bringt. Nach einem Blick auf die Warnsituation vergleichen wir die aktuelle Wetterlage mit derjenigen vom 19. August 2022.

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Ein weiterer Tag mit unbeständigem Wetter reiht sich in die aktuell herrschende, nasse Witterungsphase ein. Mit einer mässigen Westströmung zogen Schauer und einzelne Gewitter übers Land und brachten verbreitet 10 bis 20 mm Regen (Stand 17 Uhr). Dazwischen zeigte sich für kurze, im Süden für etwas längere Abschnitte die Sonne. Die Höchsttemperaturen von 17 bis 21 Grad in den Niederungen der Alpennordseite sind im Vergleich zur Norm für Ende Mai rund 2 bis 4 Grad zu tief.

Warnungen vor ergiebigem Dauerregen aktiv

Im Blog des Vortages wurde bereits auf den bevorstehenden Dauerregen in Teilen der Schweiz hingewiesen. Die neusten Prognosen bestätigten sich weitgehend, so dass Teile der Alpen und des angrenzenden Flachlandes Regenwarnungen der Warnstufe 2 bis 3 erhielten.

Tiefdruckgebiet «Radha» auf Vb Zugbahn

Über dem Golf von Genua hat sich im Tagesverlauf ein Tiefdruckgebiet gebildet, welches in der Folge über Norditalien und den östlichen Alpenbogen hinweg Richtung Tschechien zieht. Diese Zugbahn ist bekannt unter dem Namen «Vb», so benannt vom Meteorologen Wilhelm Jacob Van Bebber. Zur Verbesserung der Wettervorhersagen analysierte er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zugbahnen von Tiefdruckgebieten, kategorisierte und benannte diese mit römischen Zahlen (das V steht für die römische Fünf, mehr Informationen unter diesem Link). Die von ihm benannte Vb Zugbahn ist bekannt für Starkniederschläge im Raum Mitteleuropa. Die exakte Position dieser Tiefdruckgebiete, ihre Stationarität sowie der Wassergehalt der mitgeführten Luft entscheiden darüber, in welchen Regionen und wie viel Niederschlag letztendlich fällt.

Ähnlichkeiten zum 19. August 2022

Diese grossräumige Wetterentwicklung und die räumliche Verteilung prognostizierten Niederschlagsmengen zeigen Ähnlichkeiten zum Ereignis vom 19. August 2022 (siehe unser Blog zum damaligen Ereignis). Damals fielen insbesondere in Teilen Vorarlbergs Rekordniederschläge, aber auch die angrenzenden Gebiete der Schweiz waren von Überschwemmungen betroffen. Für die Wetterdienste war dieses Ereignis insofern eine Herausforderung, als dass die Wettermodelle in letzter Sekunde, als der Dauerregen bereits einsetzte, den Schwerpunkt des Ereignisses zwar geringfügig aber dennoch entscheidend näher an der Schweiz zeigten. Die prognostizierten Niederschlagssummen und entsprechenden Warnungen wurden bei laufendem Ereignis und somit für viele Nutzer zu spät auf höhere Warnstufen korrigiert.

Das aktuelle Ereignis unterscheidet sich bzgl. dem Wassergehalt der Luftmasse zum 19. August 2022, wie die folgenden Karten anhand des niederschlagbaren Wassers («Total Precipitable Water»), einer Masszahl für die in der Luft enthaltenen und potentiell für die Niederschlagsbildung zur Verfügung stehende Menge an Wasser illustrieren.

Der deutliche Unterschied im Wassergehalt der Luft zwischen dem 19. August 2022 und dem aktuellen Fall ist vor allem der Jahreszeit geschuldet. Damals folgte die Vb Tiefdruckentwicklung auf die grosse und lang andauernde Hitze des Sommers 2022. Die Atmosphäre war aufgeheizt und konnte viel Wasser aufnehmen. Aktuell haben wir es eher mit einer kühleren Luftmasse zu tun, welche weniger Wasser aufnehmen kann. Dennoch gilt es, wachsam zu bleiben, diese sehr dynamische Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und die neusten Prognosen der Wettermodelle laufend zu analysieren und neu zu bewerten.