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Wenn ein Tief von Süden über die Alpen zieht

MeteoSchweiz-Blog | 21. Mai 2024
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Das heute für uns wetterbestimmende Tief hatte eine spezielle Zugbahn. Wir schauen uns an, warum diese oftmals sehr heikel ist und warum aktuell nur wenig Niederschlag gefallen ist.

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Das für uns heute wetterbestimmende Tiefdruckgebiet ist am Pfingstmontag im Mittelmeer nördlich von Tunesien entstanden. Die Zugbahn verlief nordwärts über das Tyrrhenische Meer zur norditalienischen Küste bei La Spezia. Schliesslich überquerte das Tief die Alpen via Engadin und Vorarlberg und zog weiter nach Süddeutschland. In weiterer Folge dürfte es sich unter Verstärkung nordwestwärts via die Niederlande zur Ostsee verlagern.

Mittelmeertiefs, welche die Alpen nordwärts überqueren, sind berüchtigt für Starkniederschläge. Dies nicht nur im Alpenraum, sondern auch in den Ländern nördlich und nordöstlich davon. Berüchtigt ist vor allem die Zugbahn «Vb» (sprich «fünf b»), welche etwas weiter östlich verläuft. Weitere Infos zu dieser etwas kurios anmutenden Namensgebung und der entsprechenden Wetterlage finden Sie in unserem Rückblick auf das Auffahrts- und Pfingsthochwasser im Jahr 1999.

Warum ist diese Zugbahn so heikel?

Doch weshalb bringen Tiefdruckgebiete mit einer solchen Zugbahn häufig Starkniederschlag? Es gibt mehrere Gründe dafür:

  • Die herangeführte Luftmasse stammt aus dem Mittelmeerraum. Mittelmeerluft ist warm und kann damit sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen und transportieren. Dies vor allem in den Sommer- und Herbstmonaten, wenn das Meerwasser warm ist. Zudem ist die Luftmasse häufig labil geschichtet und der Niederschlag mit Gewittern durchsetzt.
  • Sobald das Tief über die Alpen gezogen ist, verstärkt es sich häufig. Dies führt zu einer Intensivierung der Niederschläge. Stichwort: Leezyklogenese.
  • In der ersten Phase eines solchen Ereignisses stellt sich häufig eine sogenannte Gegenstromlage ein. Dabei fliesst in den unteren Luftschichten aus Sektor Nord kältere Luft ein, während in den höheren Schichten aus Sektor Süd feuchtwarme Luft darauf aufgleitet. Dieser Vorgang löst grossflächigen Niederschlag aus.
  • In der zweiten Phase, in der das Tief langsam nordwärts abzieht, dreht der Wind in allen Höhen häufig auf Nord- bis Nordost. Damit staut sich die feuchtwarme Mittelmeerluft am Alpennordhang und der Niederschlag intensiviert sich noch einmal.

Aktuell glimpflicher Verlauf

Während dem aktuellen Ereignis ist bisher verhältnismässig wenig Niederschlag gefallen. Die am Vortag ausgegebenen Warnungen der Stufe 2 für die zentralen und östlichen Regionen werden wahrscheinlich nur punktuell erfüllt. Warum ist das so?

Das Tief ist nahe der Schweiz durchgezogen. Somit waren die Winde in den verschiedenen Höhen und die damit verbundenen Aufgleitprozesse relativ schwach ausgeprägt. Zudem ist das Tief rasch nordwärts abgezogen. Damit war das Ereignis einerseits relativ kurz; andererseits fehlte auch die oben erwähnte Stauphase am Alpennordhang.

Ganz anders die Situation in Deutschland. Hier werden im Bereich der Luftmassengrenze des beschriebenen Tiefdruckgebiets in einem Streifen von Ostbayern über Hessen bis nach Nordrhein-Westfalen erneut teils intensive Niederschläge erwartet. Unsere Kolleginnen und Kollegen vom Deutschen Wetterdienst haben dazu ein "Thema des Tages" erstellt.