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Der Einfluss von Saharastaub auf Hurrikans

MeteoSchweiz-Blog | 04. August 2024
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Mehrmals im Jahr grüsst uns die Wüste und schickt etwas Saharastaub nach Mitteleuropa. Heute werfen wir einen Blick über den Tellerrand hinaus und schauen uns eine kürzlich veröffentlichte Studie an, die aufzeigt, welche Rolle Saharastaub bei der Entstehung von Hurrikans und den von ihnen verursachten Niederschlägen spielt.

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Saharastaub über dem Atlantik

Ab und zu sorgt Saharastaub in Mitteleuropa für Schlagzeilen. Dann nämlich, wenn Tiefdruckgebiete in Richtung Maghreb ziehen und mit einer Südströmung Saharastaub nach Europa lenken. Deutlich häufiger wird dieser Staub jedoch von den Passatwinden, die von Westafrika in Richtung Karibik und Südamerika wehen, über den Atlantik getrieben. Der Saharastaub, der mit den Passatwinden in grossen Mengen transportiert wird, überquert den Ozean und hat teilweise einen erheblichen Einfluss auf die Luftqualität in bestimmten Regionen des amerikanischen Kontinents (Prospero, J. M., 1999). Ausserdem düngt der Saharastaub den Amazonas-Regenwald, indem grosse Mengen an Mineralien, insbesondere mehrere tausend Tonnen Phosphor, dort ablagelagert werden (Yu et al., 2015).

Der Geburtsort von Hurrikans

Hurrikans (oder allg. tropische Wirbelstürme) können sich nur unter bestimmten Voraussetzungen bilden (siehe Blog vom 30. August 2023):

  • Wassertemperatur von mindestens 26 Grad (ca. oberste 50 m). Dies sorgt für genügend Wärme- und Feuchtezufuhr.

  • Instabil geschichtete Luftmasse: Abnahme der Temperatur mit der Höhe.

  • Schwache Windscherung begünstigt die vertikale Entwicklung. Der Wind sollte mit der Höhe nicht zu stark in Geschwindigkeit oder Windrichtung variieren.

  • Entstehungsort mindestens 5° nördlich oder 5° südlich des Äquators: Für die Entstehung wird die Corioliskraft für die Rotation benötigt.

Wie historische Zugbahnen zeigen, entstehen die Hurrikans daher im südlichen Teil des Nordatlantiks.

Saharastaub – ein zweischneidiges Schwert

In einer neuen wissenschaftlichen Studie wurden die verschiedenen Faktoren untersucht, die einen Einfluss auf den Niederschlag im Zusammenhang mit Hurrikans haben. Dabei wurde ein "Machine Learning"-Modell verwendet, das auf Daten aus 19 Jahren mit 319 Hurrikans basiert. Dem Modell wurden zahlreiche Parameter vorgegeben, welches dann durch maschinelles Lernen die Parameter mit dem signifikantesten Beitrag zu den Niederschlägen identifiziert hat. Die Forscher reproduzierten ihr Lernmodell mit und ohne den Parameter Saharastaub, um die Rolle des Saharastaubs genauer zu betrachten (Zhu et al. 2024).

Wenig überraschend zeigte das Modell, dass klassische Parameter wie die Meeresoberflächentemperatur oder die äquivalente potenzielle Temperatur, die Temperatur und Feuchtigkeit kombiniert, sowie der geografische Ort und die Jahreszeit eine wichtige Rolle spielen. Erstaunlicherweise ergab die Studie jedoch, dass der wichtigste Faktor die Menge des Staubs in der Atmosphäre ist.

Die Beziehung zwischen der Staubmenge und den Niederschlägen ist nicht-linear:

  • Bis zu einem bestimmten Wert neigt der Saharastaub dazu, Niederschläge zu begünstigen.

  • Oberhalb dieses Wertes werden Niederschläge durch noch höhere Konzentrationen jedoch stark gehemmt.

Der Grund für den nicht-linearen Zusammenhang zwischen der Staubmenge und dem Niederschlag findet sich wahrscheinlich bei unterschiedlichen mikrophysikalischen Prozessen. Staub fungiert als Kondensationskeim, was die Wolkenbildung und damit den Niederschlag begünstigt; bei zu hohen Konzentrationen blockiert der Staub jedoch teilweise die Sonneneinstrahlung und dämpft die Erwärmung in den unteren Luftschichten, was der Hebung und damit dem Niederschlag entgegenwirkt.

Auch wenn die meteorologischen Bedingungen anders sind und wir in der Schweiz keine Hurrikans haben, erinnern uns die Ergebnisse dieser Studie an die Schwierigkeiten, die in Gewittersituationen auftreten können, wenn sich in der Atmosphäre Saharastaub befindet. Einerseits scheint Saharastaub die Wolkenbildung und damit den Niederschlag zu fördern, andererseits begrenzt er, wenn viel davon vorhanden ist, die tageszeitliche Erwärmung und damit die Instabilität. In diesem Fall ist es oft schwierig abzuschätzen, welcher Effekt überwiegt. Saharastaub stellt somit eine zusätzliche Unsicherheit in der Gewittervorhersage dar, die bereits von Natur aus mit vielen Fragezeichen behaftet ist.

Einfluss des Klimawandels

Frühere Studien deuten darauf hin, dass der Saharastaub-Transport in den nächsten Jahrzehnten stark zurückgehen könnte. Gleichzeitig wird in Zusammenhang mit der globalen Erwärmung erwartet, dass die Niederschläge von Hurrikans zunehmen werden.

Das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen diesen verschiedenen Faktoren mit teilweise gegenläufigen Trends wird eine grosse Herausforderung für zukünftige Wetter- und Klimastudien sein. Machine-Learning-Methoden, wie sie in der oben zitierten Studie verwendet wurden, können dabei helfen, die verschiedenen Prozesse besser zu verstehen.

Quellenangabe und Literatur

  • Prospero, J. M. (1999), Long-term measurements of the transport of African mineral dust to the southeastern United States: Implications for regional air quality, J. Geophys. Res., 104(D13), 15917–15927, doi:10.1029/1999JD900072.

  • Yu, H., M. Chin, T. Yuan, H. Bian, L. A. Remer, J. M. Prospero, A. Omar, D. Winker, Y. Yang, Y. Zhang, Z. Zhang, and C. Zhao (2015), The fertilizing role of African dust in the Amazon rainforest: A first multiyear assessment based on data from Cloud-Aerosol Lidar and Infrared Pathfinder Satellite Observations. Geophys. Res. Lett., 42, 1984–1991. doi:10.1002/2015GL063040.

  • Zhu, L. et al. (2024), Leading role of Saharan dust on tropical cyclone rainfall in the Atlantic Basin. Sci. Adv. 10, eadn6106. doi:10.1126/sciadv.adn6106.