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Rückblick auf den gestrigen Gewittertag

MeteoSchweiz-Blog | 01. August 2024
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Am Mittwoch 31. Juli zogen einige heftige Gewitter mit Sturmböen, Hagel und intensivem Regen über die Schweiz. Dabei zeigte sich auch, dass man bei gewittrigen Lagen die Prognosen mit Vorsicht geniessen sollte.

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Gestern zogen wie erwartet einige heftige Gewitter über die Schweiz. Das Spektakel begann, wie so oft, über dem «Gewittergenerator» Waadtländer Jura. Um den Mittag entstand dort innerhalb von 40 Minuten aus einem praktisch wolkenlosen Himmel ein erstes Gewitter.  In der folge «ploppten» zunächst vor allem am Jura, bald danach auch in den Alpen immer mehr Gewitter auf.

Animation von Satellit und Radar vom 31. Juli 2024 zwischen 11 Uhr und 20:30 Uhr. Quelle: MeteoSchweiz

Die Gewitter zogen in der Folge mit der südwestlichen Höhenströmung allgemein nach Nordosten. Wie so oft hielten sich aber nicht alle Gewitter an die Zugbahn. So bog ein Gewitter vom Jura her nach rechts ab, brachte Balsthal Hagel und wanderte danach unter Abschwächung südostwärts über das Mittelland.

Starke Böen, Hagel und Temperatursturz

Einige Gewitter brachten Hagel, was bei der über der Schweiz liegenden Luftmasse und den Windverhältnissen nicht überraschend war. Zum Glück waren die Körner meistens nicht sehr gross.

Die Niederschläge waren ebenfalls zum Teil sehr ausgiebig. In Marbach (LU) blieb das Gewitter vorübergehend fast ortsfest, was dazu führte, dass dort 54 mm Regen in nur einer Stunde runterprasselten

Die Gewitter kühlten mit ihren kräftigen Niederschlägen und dem Hagel die Luft unter ihnen stark ab. Besonders eindrücklich geschah dies in Courtelary (BE) im Jura. Nach dem Mittag herrschte dort mit rund 30 Grad eine sommerliche Hitze. Dann zogen plötzlich dunkle Wolken auf, stürmische Böen und starker Regen setzten ein und anderthalb Stunden später waren bei nur noch 14 Grad lange Hosen und eine Jacke angesagt. Damit war es Mitten am Nachmittag kälter als in der Nacht zuvor.

Die kalte und somit schwerere Luft ist auch verantwortlich für die heftigen Böen bei Gewittern. Die durch die Niederschläge abgekühlte Luft stürzt lawinenartig aus der Gewitterwolke herab und strömt am Boden seitlich weg. Gestern sorgte dies verbreitet für kräftige Böen von 50 bis 80 km/h, lokal erreichten sie sogar 100 bis 110 km/h, z.B. in Einsiedeln oder in Glarus.

Trauen Sie keinem Modell einfach blind

Wie meistens bei Gewitterlagen, variierten die Niederschlagsmengen selbst auf kurze Distanz stark.  Die Wettermodelle können das zeitliche und räumliche Auftreten der Gewitter nur bedingt berechnen (mehr zu Gewittern und ihrer Vorhersage finden sie hier)

Dies zeigte sich auch bei der gestrigen Lage.

Auf den ersten Blick scheint das Modell ziemlich daneben zu liegen. Bei genauerem Betrachten sind jedoch die groben Strukturen der Niederschlagsverteilung zu erkennen.

Viele Prognosen wie z.B. Lokalprognosen sind automatisiert und basieren auf solchen Modellen. Kein Wunder, darf man diese bei gewittrigen Lagen nicht «beim Wort» nehmen, sondern diese lediglich als Trend betrachten.

Zu Beginn des Blogs wurde ein nach rechts ausscherendes Gewitter genannt, welches vom Jura über Balsthal zog und dort Hagel brachte. Die Zugbahn dieses Gewitters lässt sich in der Karte mit den gemessenen Werten als grün-blaues Band erkennen, welches sich vom Neuenburger Jura über den Solothurner Jura bis ins Mittelland erstreckt.

Das Modell hat ebenfalls ein leicht nach rechts abbiegendes Gewitter über dem Jura vorhergesagt. Eine starke Leistung des Modells. Es berechnete die Zugbahn lediglich ein wenig zu nördlich.

Hätte man das Modell jedoch ohne Interpretation verwendet, dann wäre man zum Schluss gekommen, dass es in Balsthal trocken bleibt. Interpretiert man jedoch das Modell, dann ist die Gefahr eines vom Jura zum Mittelland ziehenden Gewitters zu erkennen. Kein/e MeteorologIn hätte deshalb gewagt, den Bewohnern von Balsthal einen trockenen Tag zu versprechen.

Kurz: An gewittrigen Tagen müssen Regenanimationen oder Lokalprognosen mit Vorsicht genossen werden. Es ist besser, sich die Regenanimation zu Gemüte zu führen und diese bezüglich räumlichen und zeitlichen Ablauf als Trend zu verstehen. Wer unsere Lokalprognosen in stündlicher Auflösung betrachtet, erkennt beim Niederschlag übrigens diesen Trend in Form von farblosen Balken. Diese spiegeln die Bandbreite wieder, die das Modell für diese Stunde vorsieht.)

Berücksichtigt man diesen Spielraum, dann wird die Prognose zwar schwammiger, dafür ist man weitgehend von Überraschungen gefeit. Für die Kurzfristprognose empfiehlt es sich zudem, den Blick vom Bildschirm zu lösen und den Himmel zu beobachten. Nicht nur erkennt man so ein aufziehendes Gewitter am schnellsten, es macht auch noch richtig Spass!