Die Druckverteilung über Mitteleuropa ist ausgesprochen flach. Seit Tagen hält sich ein stabiles Hochdruckgebiet über den Alpen. Es verlagert sich kaum und bleibt mehr oder weniger an der gleichen Stelle. Das bringt uns zwar tagelang hochdruckbestimmtes und schwachwindiges Sommerwetter, bedeutet aber auch, dass die Luftmasse im Alpenraum kaum ausgetauscht oder ausgewaschen wird: Die Luft altert sozusagen.

Die Luft, die derzeit bei uns liegt, stammt aus dem zentralen Mittelmeerraum und aus Norditalien. Sie ist sehr warm und in den unteren Luftschichten auch feucht. Zudem befindet sich die Luft schon seit Tagen in derselben Region und ist reich an Partikeln (Aerosolen). In feuchter und mit Aerosolen angereicherter Luft dominiert die Mie-Streuung des weissen Sonnenlichts und die Sicht wird schlechter. Das typische Blau des Himmels verschwindet und weicht einem verwaschenen, dunstigen Weiss, wie wir es in den letzten Tagen erleben. Mehr zur Rayleigh- und Mie-Streuung gibt es in diesem Blog.


Vor allem am Donnerstag und am Samstag war die bodennahe Mischungsschicht, in der die Luftmasse tagsüber durch Sonneneinstrahlung und Thermik turbulent durchmischt wird, nicht sehr hoch. Sie wurde nach oben durch eine schwache Inversion in etwa 1800 Meter Höhe begrenzt. Die Inversion verhindert oder reduziert den vertikalen Luftaustausch. Entsprechend klein war das darunter liegende Luftvolumen, in dem sich die Feuchtigkeit und Aerosole aller Art anreicherten.

In den Sommermonaten werden Bodeninversionen oder (schwache) Inversionen an der Obergrenze der Grundschicht in der Regel vollständig abgebaut, so dass die Luftmasse gut durchmischt ist und Frischluftzufuhr aus der freien Atmosphäre gewährleistet ist. In den letzten Tagen machten sich jedoch bereits der abnehmende Sonnenstand und die längeren Nächte des Spätsommers bemerkbar. Bei ruhigen Wetterlagen wie derzeit können sich dann Inversionen nachts stärker ausbilden und tagsüber unter Umständen nicht mehr vollständig «weggeheizt» werden.

Die dunstige Luft und die schlechte Sicht sind durch die oben beschriebenen Prozesse weitgehend «hausgemacht». Weder Rauchpartikel von fernen Waldbränden noch Saharastaub sind diesmal dafür verantwortlich. Das ist auch der Grund, warum auf den Bergen überwiegend gute Sicht herrschte und sich die Dunstschicht auf die tiefen und mittleren Lagen beschränkte. Rauchaerosole oder Saharastaub würden grösstenteils in der Höhe herantransportiert und dann allmählich in tiefere Luftschichten absinken.
...war es am Nachmittag nicht mehr ganz so dunstig und auch die Sicht war etwas besser. Es fand zwar kein Luftmassenaustausch statt, aber die Luft wurde in der Grundschicht besser durchmischt und damit teilweise auch etwas abgetrocknet. Ursache war ein Tief über Frankreich, das etwas Bewegung in die Wetterküche brachte. Der Hochdruckeinfluss über der Schweiz liess nach und die Gewitteraktivität nahm ab dem Nachmittag von den Bergen her zu.
