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In Baku beginnt heute Montag die 29. UNO-Klimakonferenz

MeteoSchweiz-Blog | 11. November 2024
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MeteoSchweiz ist bei der 29. UNO-Klimakonferenz in Aserbaidschan erneut als Teil der Schweizer Delegation vor Ort. Das Thema, dem sich MeteoSchweiz spezifisch an der Konferenz widmet, ist die systematische Klimabeobachtung. Diese liefert eine wichtige Grundlage für die internationale Klimapolitik.

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Die jährliche UNO-Klimakonferenz dient als Sitzung für die COP, die sogenannte «Conference of the Parties», oder auf Deutsch Vertragsstaatenkonferenz. Sie ist das oberste politische Gremium der Klimakonvention – das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC). Wichtige Ergebnisse dieser UNO-Klimakonferenzen, oder Weltklimagipfel, sind beispielsweise das Kyoto-Protokoll oder das Übereinkommen von Paris. Die Schweiz hat das Pariser Klimaabkommen im Jahr 2017 ratifiziert.

COP29

Die Klimakonferenz der UNO, kurz COP, findet seit 1995 statt. Es werden regelmässig bis zu 20'000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt, 2023 in Dubai waren es gar 97'000. Das stellte aber eine Ausnahme dar. Jedes Jahr wird die Konferenz in einer anderen Weltregion abgehalten. Dieses Jahr treffen sich die Vertragsstaaten des Übereinkommens für die 29. COP (COP29) vom 11. bis 22. November 2024 in Baku, Aserbaidschan.

Isabelle Werner arbeitet bei MeteoSchweiz in der Abteilung «Internationale Zusammenarbeit» und ist schon seit mehreren Jahren Mitglied der Schweizer Delegation an der UNO-Klimakonferenz. Im Interview erklärt sie, was bei der UNO-Klimakonferenz wichtig ist und gibt Einblicke hinter die Kulissen der Konferenz.

Isabelle Werner, du bist für MeteoSchweiz an der COP29. Wie kann man sich deine Rolle dort vorstellen?

Zusammen mit weiteren Kolleginnen und Kollegen bin ich Teil der Schweizer Verhandlungsdelegation. Ich vertrete dort die Interessen der Schweiz. Das Mandat dazu kommt vom Bundesrat.

Wer ist noch Teil der Schweizer Delegation und was sind ihre Aufgaben?

Die Schweizer Delegation wird von Botschafter Felix Wertli geleitet. Die Verhandlungsdelegation umfasst zehn Expertinnen und Experten aus verschiedenen Teilen der Bundesverwaltung. Sie wird zudem unterstützt durch je eine Vertretung der Wissenschaft, dieses Jahr Prof. Géraldine Pflieger von der Universität Genf, und je eine Vertretung der Jugend, dieses Jahr Frau Anna Kurth. Hinzu kommen drei Personen aus der Zivilgesellschaft, aus NGO- und Wirtschaftskreisen. Unsere Delegation ist vergleichsweise klein, arbeitet aber sehr effizient. Wenige Personen decken viele Themen ab.

Welche Rolle übernimmt MeteoSchweiz in der Delegation und an der Konferenz?

Bei MeteoSchweiz ist das Swiss GAW/GCOS Office angesiedelt, welches die nationale Umsetzung zweier Beobachtungsprogramme in der Schweiz koordiniert. GAW steht für das Programm «Global Atmosphere Watch» und GCOS für das Programm «Global Climate Observing System». Beide Programme spielen im Verhandlungsthema «systematic observation» eine wichtige Rolle. Bei diesen Programmen geht es um Klimabeobachtungen – ein Fundament für die internationale Klimapolitik. Auch die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) spielt dort eine zentrale Rolle. Die Schweiz, als eines der Mitglieder der WMO, wird von MeteoSchweiz repräsentiert. Somit nimmt MeteoSchweiz in der Schweizer Delegation an der jährlichen COP teil und deckt spezifisch das Thema «systematische Klimabeobachtung» ab.

GAW und GCOS kurz erklärt

Das «Global Atmosphere Watch» (GAW) Programm ist eine Partnerschaft von über 100 Ländern, um unter anderem die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre mit einem weltweiten Netzwerk von Messstationen z.B. für Treibhausgase, Aerosole und Strahlung zu überwachen. GCOS steht für «Global Climate Observing System» und ist ein internationales Programm mit der Vision, langfristige und qualitativ hochwertige Klimabeobachtungen aus der ganzen Welt allen interessierten Nutzenden zugänglich zu machen. Das Swiss GAW/GCOS Office bei MeteoSchweiz koordiniert die beiden nationalen Programme GAW-CH und GCOS-CH.

Was bedeutet systematische Klimabeobachtung?

Darunter kann man sich alle möglichen Variablen vorstellen, die man misst, da sie wichtig zur Charakterisierung des Erdklimas sind: Luft- oder Wassertemperaturen, Gletschermassenänderung, etc. Klimabeobachtung allein aber, vor allem wenn sie lückenhaft ist, aber nützt erstmal nicht viel. Solche Messungen müssen systematisch stattfinden, das ist ganz wichtig. Die Qualitätssicherung, die Archivierung und der Zugang der Messdaten spielen also ebenfalls eine essenzielle Rolle.  Nur so können langjährige Entwicklungen beobachtet und analysiert werden, und auf dieser Basis Entscheidungen getroffen werden.

Bevor die COP losgeht, welche Vorbereitungen triffst du bzw. trefft ihr?

Es ist wichtig zu wissen, dass das Schweizer Verhandlungsmandat durch den Bundesrat erteilt wird. Zu jedem Verhandlungsthema, welches die Schweiz abdeckt, bereitet anschliessend die zuständige Verhandlerin oder der zuständige Verhandler der Schweizer Delegation das Schweizer Positionspapier mit den wichtigsten Prioritäten für die Verhandlungen vor. Das Verhandlungsmandat gibt die Leitlinien vor. Wichtig ist natürlich auch der Austausch mit den Verhandlerinnen und Verhandlern anderer Länder.

Wie muss man sich die Arbeit an der COP, wie jetzt in Baku, Aserbaidschan, vorstellen?

Jeden Morgen treffen wir uns als erstes zur Delegationssitzung. Wenn die Verhandlungen in der heissen Phase sind, kann das schon ziemlich früh sein. Wir besprechen den Stand der Verhandlungen und die wichtigsten Themen des Tages. Anschliessend findet in der Regel ein Austausch mit Verhandlungsgruppen, anderen Ländern und Organisationen statt, das ist sehr wichtig. Natürlich finden auch die unterschiedlichen Verhandlungen in einer Vielzahl von Räumen statt. Den genauen Zeitplan erfährt man meist erst am jeweiligen Morgen und die Verhandlungen können mehrere Stunden bis in die Nacht andauern.

Was findet an der Konferenz neben den Verhandlungen noch statt?

Es gibt rund um die COP zahlreiche Anlässe, beispielsweise von der Wissenschaft, den NGOs oder den Ländervertretungen. Teile des Geländes, vor allem die sogenannte «Green Zone» ausserhalb des Verhandlungsgeländes, kann schon mal an eine grosse Messe erinnern. Hier lassen sich auch gut Kontakte knüpfen. Neben den intensiven Verhandlungen bleibt dafür aber meist wenig Zeit.

Warum ist der Austausch wichtig?

In den Gängen finden häufig spontane oder geplante Gespräche statt, zum Beispiel bilateral zwischen zwei Ländern. Dort kann man ungezwungener miteinander sprechen und mitunter die gegenseitigen Positionen besser nachvollziehbar machen. Das kann enorm hilfreich für die Verhandlungen im offiziellen Setting sein.

Themen an der Klimakonferenz

Das Übereinkommen von Paris verpflichtet alle Staaten, konkrete Schritte zur Verminderung ihrer Treibhausgasemissionen zu unternehmen, um die weltweite Erwärmung auf einen Anstieg von plus 1,5 Grad zu begrenzen. Unter dem Pariser Übereinkommen sollen die Industrieländer bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutzmassnahmen in Entwicklungsländern zur Verfügung stellen. Dieses Ziel wurde 2022 erstmals erreicht. An der COP29 soll nun das neue kollektive Finanzziel für Investitionen in den Klimaschutz für die Zeit nach 2025 beschlossen werden. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass diese Investitionen gestärkt werden und dass alle Länder nach ihren Möglichkeiten dazu beitragen; insbesondere wohlhabende Länder mit hohem Treibhausgas-Ausstoss. Auch das Potential der Wirtschaft soll dabei besser genutzt werden (Quelle: Medienmitteilung BAFU COP29).

Was ist wichtig für die Schweiz an der COP bezüglich des MeteoSchweiz-Themas systematische Klimabeobachtung?

Es ist wichtig, dass die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie sie im Rahmen von Programmen wie GCOS und GAW oder Organisationen wie der WMO gewonnen werden, in Verhandlungstexte einfliessen und von allen Ländern anerkannt werden. Wir setzen uns mitunter ein, dass Messlücken geschlossen werden, um so beispielsweise die Qualität von Wettervorhersagen weiter zu verbessern. Das sind Themen, welche die ganze Weltgemeinschaft angehen. Dazu gehört beispielsweise die Initiative «Early warnings for all»: Diese Initiative fordert, dass alle Menschen weltweit von Frühwarnsystemen profitieren können. Für solche Frühwarnsysteme braucht es beispielsweise auch Klimabeobachtungsdaten.

Auch dieser Sommer hat den Gletschern wieder stark zugesetzt. Wie wichtig ist das Thema Gletscher in den Verhandlungen?

Die Schweiz ist als Alpenland vom Klimawandel besonders betroffen. Die Temperaturen steigen hierzulande doppelt so stark an wie im weltweiten Durchschnitt. Deshalb setzen wir uns nicht nur für ambitionierte Klimaziele ein, sondern auch dafür, dass die internationale Beobachtung von Gletschern Beachtung findet und gestärkt wird.

Und zum Schluss: Was ist für dich das besondere an den UNO-Klimakonferenzen?

Ich finde es immer sehr eindrücklich, zu sehen wie sich an einem Ort so viele Länder und Organisationen mit unterschiedlichen Ausganslagen, Bedürfnissen und damit verschiedenen Prioritäten in den Verhandlungen treffen. Wichtig für die Verhandlungen dort ist für mich der Aufbau von persönlichen Kontakten unter Verhandlerinnen und Verhandler, also der Vertrauensaufbau. Dieses Vertrauen pflegt man über die Jahre und es ist in meinen Augen sehr wertvoll. An der COP kommen schlussendlich alle Länder an einem Tisch zusammen.

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