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Morgen- oder Abendrot: Wenn die Natur ein Farbenspiel dichtet
MeteoSchweiz-Blog | 10. Januar 2025

Heute Morgen konnte in einigen Regionen der Schweiz, wo die Bewölkung noch aufgelockert war, ein schönes Morgenrot bestaunt werden. Was macht eigentlich ein Morgen- oder Abendrot aus?

Die noch unter dem Horizont stehende Sonne leuchtet bereits die mittelhohe Bewölkung an und entfacht ein schönes Morgenrot. Foto aus Birrhard AG, Meteomeldungen/App
Die noch unter dem Horizont stehende Sonne leuchtet bereits die mittelhohe Bewölkung an und entfacht ein schönes Morgenrot. Foto aus Birrhard AG, Meteomeldungen/App
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Lichtstreuung als Ursache

Wenn wir, wie im Bild oben, am Morgen oder Abend rötlich gefärbte Wolken sehen, dann sehen wir den Teil des Sonnenlichts, der an den Wolken reflektiert und in unsere Augen gelangt.

Die Färbung selbst entsteht aber durch die Streuung des Sonnenlichts in der Erdatmosphäre. Kleine Luftmoleküle, aber auch kleine Schwebeteilchen (Aerosole) in der Luft, streuen das Sonnenlicht je nach Wellenlänge des Lichts unterschiedlich.

Wellenlängenbereich des für uns sichtbaren Lichts. Je nach Wellenlänge hat das Licht eine andere Farbe. Blaues Licht hat eine kurze Wellenlänge, während Rot eine lange Wellenlänge besitzt.
Wellenlängenbereich des für uns sichtbaren Lichts. Je nach Wellenlänge hat das Licht eine andere Farbe. Blaues Licht hat eine kurze Wellenlänge, während Rot eine lange Wellenlänge besitzt. (Schema: MeteoSchweiz)

Weg durch die Erdatmosphäre

Das für uns Menschen sichtbare Licht liegt in einem schmalen Wellenlängenbereich. Dieser reicht von Violett mit rund 400 Nanometer (Milliardstel Meter) bis Rot mit etwa 750 Nanometer. Kurzwelliges blaues Licht wird stärker gestreut als langwelliges rötliches Licht. Dies erklärt, warum der Himmel tagsüber Blau erscheint, wenn bei hochstehender Sonne der Weg des Sonnenlichts durch die Atmosphäre kurz ist.

Schematische Darstellung des Sonnenlichts durch die Erdatmosphäre. Am Morgen oder am Abend legt das Sonnenlicht einen längeren Weg durch die Erdatmosphäre zum Betrachter als am Mittag, wenn die Sonne hoch über der Betrachterin steht.
Schematische Darstellung des Sonnenlichts durch die Erdatmosphäre. Am Morgen oder am Abend legt das Sonnenlicht einen längeren Weg durch die Erdatmosphäre zum Betrachter als am Mittag, wenn die Sonne hoch über der Betrachterin steht. (Schema: MeteoSchweiz)

Wenn die Sonne jedoch tief oder noch knapp unter dem Horizont steht, so ist der Weg des Sonnenlichts durch die Erdatmosphäre länger. Das blaue Licht wird dadurch so stark gestreut, dass es quasi herausgefiltert wird. Übrig bzw. für uns sichtbar bleibt damit noch der rötliche Anteil des Lichts. Und fertig ist das Morgen- oder Abendrot.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für das zahlreiche Einsenden der Fotos via MeteoSwiss-App!

Bedingungen heute Morgen

Eine bekannte Bauernregel besagt, dass Morgenrot ein Schlechtwetterbot sei. Warum das hierzulande immer wieder zutrifft, können Sie in unserem Blog «Ist Morgenrot ein Schlechtwetterbot?» nachlesen.

Die Bauernregel traf heute im Prinzip zu, auch wenn sich die Ansichten wohl diametral unterscheiden, ob eine schneebringende Warmfront wie heute Freitag nun als «Schlechtwetter» oder als «Freude-herrscht-Wetter» bezeichnet werden kann.

Jedenfalls erfassten am Morgen die ersten Ausläufer der Warmfront in Form von aufgelockerter Schichtbewölkung die West- und Zentralschweiz. Besonders in der Ostschweiz war der Himmel zum Sonnenaufgang oder kurz davor noch teilweise klar, sodass die Sonne die aus Westen aufziehende Bewölkung von unten anscheinen konnte und für kurze Zeit für ein Morgenrot fast wie ein Gedicht sorgte.

MTG Satellitenbild vom Freitag, 10. Januar 2025 um 8 Uhr MEZ. Besonders, aber nicht nur im Nordosten der Schweiz war der Himmel noch teilweise klar, sodass die Sonne die aus Westen aufziehende Warmfrontbewölkung beleuchten konnte.
MTG Satellitenbild vom Freitag, 10. Januar 2025 um 8 Uhr MEZ. Besonders, aber nicht nur im Nordosten der Schweiz war der Himmel noch teilweise klar, sodass die Sonne die aus Westen aufziehende Warmfrontbewölkung beleuchten konnte. (Quelle: Eumetsat/MeteoSchweiz)

Apropos Gedicht. Auch Johann Wolfgang von Goethe beschäftigte sich in verschiedenen Kontexten mit der Dämmerung. In seiner Farbenlehre untersuchte er die Wirkung und Bedeutung von Farben, einschliesslich der Farben des Morgen- oder Abendrots. Goethe war fasziniert von der Art und Weise, wie Licht und Farben die menschliche Wahrnehmung und Emotionen beeinflussen.

Ausschnitt aus Goethes Faust 2, 4. Akt:

Der Horizont hat sich verdunkelt,
Nur hie und da bedeutend funkelt
Ein roter ahnungsvoller Schein;
Schon blutig blinken die Gewehre,
Der Fels, der Wald, die Atmosphäre,
Der ganze Himmel mischt sich ein.