Eine Gezeitenkarte für die Temperatur
Wer schon einmal im tiefsten Winter bei schönem Wetter das Engadin besucht hat, wird eines sicher festgestellt haben: Am frühen Morgen liegen die Temperaturen oft im zweistelligen Minusbereich, während am Nachmittag durchaus Temperaturen über dem Gefrierpunkt möglich sind. Der Unterschied zwischen Tagesminimum und Tagesmaximum kann dabei gut und gerne 30 Grad betragen. Solche Temperaturamplituden sind im Mittelland selten. Üblich sind Temperaturunterschiede von 5 (Winter) bis 15 Grad (Sommer), ausser bei Frontendurchgängen.
Gut sichtbar wird dies in Abbildung 3, in der die mittlere Temperaturamplitude (1991-2020) im Jahresmittel (a) und im Monatsmittel (b: Januar, c: Juli) dargestellt ist. Die mittleren jährlichen Temperaturamplituden werden insbesondere durch die hohen Temperaturunterschiede während der kalten Jahreszeit in den typischen Inversionsbecken im Engadin, Goms und Neuenburger Jura übersteuert. Ganz anders ist die Situation im wärmsten Sommermonat Juli: Hier sind die Temperaturamplituden wesentlich ähnlicher und liegen sowohl im Mittelland als auch in den oben erwähnten Inversionsbecken um 12-15 Grad. Die Hochalpen bleiben das ganze Jahr über unauffällig, da in höheren Lagen der Einfluss der Bodentemperatur immer geringer wird und durch die relativ gleichmässige Temperatur der mittleren Troposphäre der Tagesgang nur wenige Grad beträgt.