Inhaltsbereich

Wolken wie ein Wasserfall
MeteoSchweiz-Blog | 16. Juli 2025

Der Himmel hält immer wieder schöne Überraschungen bereit, wie die Wolken an jenem Abend des 1. Juli über dem Unterwallis. Wie ein Wasserfall schienen die Wolken die Nordflanke der Dents du Midi herunterzufliessen. Auch wenn das Phänomen nur kurz zu bestaunen war, haben wir zahlreiche Fotos erhalten. Gern teilen wir die spannenden Aufnahmen und gehen diesem «Wolkenfall» auf den Grund.

Foto einer Bergflanke mit Wolken, die an einen Wasserfall erinnern.
Spezielle Wolken über den Dents du Midi (Meteo Meldungen, MeteoSwiss App)
  • Wetter

Fussbereich

Top Bar Navigation

Alle Schweizer Bundesbehörden

Servicenavigation

Ein seltenes und kurzlebiges Phänomen

Nach einem heissen und gewittrigen Tag zeigte sich diese besondere Wolke an der Nordseite der Dents du Midi. Über die MeteoSchweiz App wurden uns Bilder zugeschickt, die diesen «Wolkenfall» aus verschiedenen Blickwinkeln zeigen. Die Aufnahmezeiten der Fotos sowie der umliegenden Webcams zeigen, der Effekt war nur ganz kurz von 21.20 bis 21.45 Uhr zu sehen. Dafür passte das Timing mit dem Sonnenuntergang perfekt, der die Wolken sogar noch in rötliches Licht tauchte.

Wie ist diese Wolke entstanden?

Wie jede Wolke, hat sich auch dieser «Wolkenfall» nicht zufällig gebildet. Die Form einer Wolke spiegelt die Strömung der umgebenden Luft. Aus den Bildern lässt sich daher auf eine Abwärtsströmung an der Nordflanke der Dents du Midi schliessen. Wenn Luft sinkt, wird sie komprimiert, wodurch sie sich erwärmt und trockener wird. Dieser Prozess ist als Föhneffekt bekannt. So löste sich die Wolke auf der Nordseite der Dents du Midi auf ihrem Weg talwärts wieder auf. Vielleicht haben einige Bilder einer sogenannten Föhnmauer im Kopf, die sich auch auf der Leeseite des Gebirges auflöst und an einen Wasserfall erinnert. Ähnliche Effekte gibt es auch mit kalter Nebelluft, wobei sich dann ein «Nebelfall» bildet.

Für eine wasserfallähnliche Wolke muss also der Gipfel überströmt werden, im vorliegenden Fall von Süden nach Norden. Das ist sehr selten: Das Dents du Midi Massiv ist mit 3257 m ü. M. so hoch und isoliert, dass die Luft es meist umfliesst und nicht überströmt. Zudem muss die Luftfeuchtigkeit auf Gipfelhöhe ausreichend hoch sein, damit es zur Bildung einer sichtbaren Wolke kommt.

Meteorologische Situation am 1. Juli

Wie kam es zu dieser kurzzeitigen Südströmung über die Dents du Midi? Auf den ersten Blick scheint dieses Phänomen nicht zur Wetterlage am 1. Juli zu passen: Die Höhenströmung war schwach und wehte aus westlicher Richtung, also parallel zur Krete der Dents du Midi. Die Windmessungen der Bodenwetterstationen der Region sind zu lokal, um Rückschlüsse auf die Strömung im Bereich der Dents du Midi zu ermöglichen.

Ein Blick auf das Niederschlagsradar hilft jedoch weiter: Zum Zeitpunkt des Wolkenfalls zogen südlich der Dents du Midi Gewitter von West nach Ost vorüber. Mit Gewittern sind jeweils auch kalte Fallwinde verbunden. Es ist denkbar, dass der Talkessel südlich der Dents du Midi mit dem Lac de Salanfe mit Kaltluft gefüllt wurde. Ein Abfluss dieser schweren Kaltluft ist nur über das enge Vallon de Van Richtung Rhonetal möglich. So wurde die Kaltluft vermutlich gezwungen, über die Dents du Midi nach Norden zu strömen. Sobald die Gewitter weiter nach Osten zogen, stoppte die Zufuhr von Kaltluft und entsprechend verflüchtigte sich dann auch das Wolkenphänomen.

Diese Erklärung beruht ausschliesslich auf Radarmessungen. Uns ist bewusst, dass es schwierig ist, diese Hypothese zu validieren. Unabhängig davon, ob dieser «Wolkenfall» gelöst werden kann oder nicht, sind die Aufnahmen auf jeden Fall spektakulär.

Radaranimation vom 1. Juli
Animation des Niederschlagsradars vom 1. Juli von 20.30 bis 21.50 Uhr (MeteoSchweiz)

Hinweis: Dieser Blog wurde am 12. Juli 2025 auf Französisch publiziert. Die Übersetzung ist leicht angepasst. Das Original unserer Kollegin von Genf ist hier zu finden.