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Die Schweiz befand sich heute Montag, 15. September, im Warmsektor eines Frontensystems, welches von einem markanten Tief bei Schottland vom Atlantik her über Frankreich hinweg Richtung Alpen gesteuert wurde.

Nach einer teilweise bewölkten und in erhöhten Lagen windigen Nacht war es im Mittelland und in der Nordwestschweiz schon bei Tagesanbruch mit 15 bis knapp 20 Grad aussergewöhnlich mild. In den Alpen- und Voralpentälern hingegen bildeten sich die üblichen Kaltluftseen und die Temperatur sank auf 10 bis 15 Grad. Im Oberengadin lag das Nachtminimum gar nur knapp über dem Gefrierpunkt.

Nach einem mehrheitlich sonnigen Tag mit sommerlichen Höchsttemperaturen um 25 Grad bildeten sich gegen Abend im Vorfeld der Kaltfront erste Schauer und zogen dem Jurabogen entlang. In den übrigen Landesteilen blieb es bis Redaktionsschluss um 16 Uhr noch trocken.

Die einströmende Meeresluft war frei von Schadstoffen und nicht allzu feucht, so dass in den Alpen eine gute Fernsicht herrschte, wie die obige Rundschau mit Bildern diverser Webcams sowie Wettermeldungen der MeteoSchweiz App Nutzer zeigen.

Rückwärtstrajektorien - die Zugbahnen der Luft

Eine hohe Lufttemperatur kann zwei Ursachen haben. Einerseits spielt das Herkunftsgebiet der einströmenden Luft eine wichtige Rolle: Subtropikluft ist naturgemäss wärmer als Luft, welche aus polaren Breiten stammt. Andererseits spielen auch Vertikalbewegungen eine wichtige Rolle: Sinkt Luft über grosse Höhenbereiche ab wird sie komprimiert und dabei erwärmt.

Bei der aktuellen Wetterlage ist insbesondere das Herkunftsgebiet für die hohe Temperatur entscheidend. Eine Rückwärtstrajektorie für den Alpenraum zeigt, dass die am Morgen einströmende Luft vom subtropischen Nordatlantik um 30 bis 40 Grad nördlicher Breite stammt. Entlang ihres Wegs zum Alpenraum fand zeitweise ein leichtes Absinken statt.

Rückwärtstrajektorie für das Jungfraujoch, Ankunftszeit 15. September 2025, 06 UTC, berechnet mit LAGRANTO auf Basis numerischer Analyse- und Vorhersagedaten des Kontrolllaufes des Integrated Forecasting Systems, IFS vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, ECMWF.
Rückwärtstrajektorie für das Jungfraujoch, Ankunftszeit 15. September 2025, 06 UTC, berechnet mit LAGRANTO auf Basis numerischer Analyse- und Vorhersagedaten des Kontrolllaufes des Integrated Forecasting Systems, IFS vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, ECMWF.

Wie eine derartige Rückwärtstrajektorie entsteht wird im folgenden Abschnitt genauer erläutert.

LAGRANTO

MeteoSchweiz setzt für die Berechnung von Trajektorien das LAGRANTO Tool ein. Das Akronym leitet sich aus dem englischen «LAGRangian ANalysis TOol» ab, wobei der Begriff «Lagrangian» in der Physik meist für eine mit der Strömung verlaufende Bewegung steht.

Datenbasis für die Anwendung von LAGRANTO sind globale Felder der drei Windkomponenten u, v und w. Diese stammen von einem numerischen Wettervorhersagemodell, welches die wichtigste Grundlage für Wetterprognosen und -warnungen sind, in unserem Beispiel vom Kontrolllauf des Integrated Forecasting System, IFS, des Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, ECMWF.

Vom Ausgangspunkt der Trajektorienrechnung ausgehend wird die Position eines fiktiven Luftpakets in mehreren, fixen Zeitschritten rückwärts (oder auch vorwärts) berechnet, wobei stets zwischen den horizontal 9 km auseinanderliegenden Modellgitterpunkten (im Falle des globalen ECMWF Wettermodells) interpoliert wird. Die letzte Position eines Luftpakets zu einem vergangenen Zeitpunkt wird zunächst mit Hilfe des durch das Wettermodell vorgegebenen (räumlich interpolierten) Windvektors an der aktuellen Position des Luftpakets angenähert. Vereinfacht gesagt: Weht der Wind mit 50 km/h aus West war die Luft eine Stunde zuvor noch 50 km weiter westlich. Weil der Wind sowohl in der Natur als auch im Wettermodell jedoch ständig ändert muss mit einem iterativen Verfahren diese erste Annäherung noch verfeinert werden, wie in obiger Illustration vereinfacht dargestellt. Dieses lineare «rückwärts rechnen» der Position an Hand des Windes zu einem bestimmten Zeitpunkt und am entsprechenden Ort wird nun mehrfach wiederholt, bis eine Zugbahn der Luft über den gewünschten Zeitraum vorliegt

Schadstoffausbreitung und andere Anwendungen

Trajektorienrechnungen werden unter anderem auch zur Abschätzung der Schadstoffausbreitung verwendet, wenn der Ort entsprechender Quellen bekannt ist. Auch Ballonfahrer schätzen Trajektorien, um längere Fahrten zu planen, da der Ballon in «Lagrange’scher Manier» von der Strömung in den umgebenden Luftschichten bewegt wird. Weitere Informationen zu LAGRANTO sowie frei verfügbare Trajektorientools sind auf den folgenden Webseiten verfügbar: