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Hagelgefährdung

Um das Ausmass der Gefährdung durch Hagelschlag quantitativ zu erfassen, wird die statistische Auftretenswahrscheinlichkeiten von Hagelkorngrössen in Form von Wiederkehrperioden dargestellt. Karten der Wiederkehrperioden von Hagelkorngrössen spielen in der Prävention, beispielsweise dem Gebäudeschutz, eine wichtige Rolle. So werden Materialien und Bauweisen darauf ausgelegt, Hagelkorngrössen von bestimmten Durchmessern, z.B. 3 cm, standzuhalten.

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Wiederkehrperioden von Hagelkorngrössen

Die Karten stellen Wiederkehrwerte als Funktion der Wiederkehrperiode T dar. Sie beschreiben die Hagelkorngrösse, die unter heutigen Klimabedingungen, an einem festen Ort, mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/T pro Jahr überschritten wird.

Eine häufig verwendete Wiederkehrperiode beträgt 100 Jahre. Ein «100-jährliches Ereignis» wird jedoch oft fehlinterpretiert als eines, dass (nur) genau «einmal alle 100 Jahre» auftritt. Beträgt an einem Ort die ermittelte Hagelkorngrösse für ein 100-jährliches Ereignis 4 cm, so beträgt die geschätzte Wahrscheinlichkeit, an diesem Ort ein Hagelkorn von 4 cm Grösse zu beobachten in jedem Jahr aufs Neue 1%. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Zeitspanne von 30 Jahren mindestens einmal ein solches Hagelkorn auftritt, beträgt immerhin 26%. Dies wird nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeitstheorie berechnet: In jedem Jahr besteht eine 99% Wahrscheinlichkeit, dass kein 100-jähriges Ereignis auftritt (1–1/100 = 0,99), die Wahrscheinlichkeit, dass über 30 Jahre kein 100-jährliches Ereignis stattfindet, beträgt 0,9930, also 74%. Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens einmal in dieser Zeit ein solch grosses Hagelkorn auftritt, ist die Gegenwahrscheinlichkeit, also 26%.

Die Wiederkehrwerte der Hagelkorngrössen in der Schweiz zeigen über alle Wiederkehrperioden ein ähnliches räumliches Muster: Die bei gleicher Jährlichkeit zu erwartenden maximalen Hagelkorngrössen pro 1 km2 (MESHS) sind im Südtessin, im Napfgebiet sowie dem Jura grösser als in den Gebirgsregionen. So muss man in diesen drei Hagel-Hotspots bereits jedes zweite Jahr mit grössten zu erwartenden Hagelkörnen von 2-3 cm rechnen, während diese maximalen Korngrössen in den Gebirgsregionen Graubündens oder des Wallis statistisch nur alle 20 Jahre auftreten. Betrachtet man seltenere Ereignisse der 50-jährlichen Wiederkehrperiode, ergibt sich für das Mittelland und Südtessin ein einheitlicheres Bild - verbreitet muss hier mit maximalen Korngrössen gerechnet werden, die 6 cm überschreiten.

Aufgrund des komplexen Wetterphänomens Hagel, der aus klimatologischer Sicht kurzen Datenreihe, technisch bedingter Messungenauigkeit und statistischer Annahmen sind die Wiederkehrwerte, insbesondere der langen Wiederkehrperioden, mit Unsicherheiten behaftet, die verbreitet im Bereich von 0.5 bis 1 cm liegen. Die Unsicherheiten in Bezug auf lange Wiederkehrperioden sind insbesondere in den Regionen gross, in welchen in den vorliegenden Datenreihen selten oder noch nie Hagel beobachtet wurde. Hier sind vor allem die Gebirgsregionen hervorzuheben. In den Alpenregionen ist auch die Bevölkerungs- und Bebauungsdichte viel geringer, so dass weniger historische Daten, Versicherungsdaten, oder Augenzeugenberichte als Referenz zur Verfügung stehen.

Vom Quadratkilometer zum Hausdach

Die Hagelkorngrösse MESHS bezieht sich auf das maximale Korn innerhalb eines Quadratkilometers. Die in der Anwendung betrachteten Flächen sind aber generell kleiner: Ein Einfamilienhaus beispielsweise hat etwa eine Grundfläche von 100 Quadratmeter, ist also 10'000 mal kleiner als die Referenzfläche von MESHS (siehe Abbildung 2). Aus Nutzersicht ist deswegen MESHS nicht einfach anzuwenden.

Um eine reell auf der Skala eines Hausdaches vorkommende Korngrösse abschätzen zu können, wurde eine Umrechnung implementiert. Aus MESHS wird LEHA abgeleitet, was für "Largest Expected Hail on a reference Area", dt. "Grösster zu erwartender Hagel auf einer Referenzfläche", steht. Die Entwicklung und Validierung der Umrechnung wurde unterstützt durch die Hagelmeldungen der MeteoSchweiz App und Daten aus dem Hagelmessnetz, sowie durch Fallbetrachtungen von Schadenfällen durch die Projektpartner.

Die Wahl der Referenzfläche für LEHA ist durch die jeweilige Anwendung bestimmt. Die Transformation geschieht mit einer Rechenvorschrift und dem LEHA-Diagramm (siehe Abbildung 3). Diese abgeleitete Grösse ist insbesondere für Anwendungen rund um Schäden an Gebäuden und Fahrzeugen relevant.

Abbildung 2: Die Abbildung illustriert den Unterschied zwischen MESHS und LEHA. Das Radarprodukt MESHS bezieht sich auf die Skala eines Quadratkilometers. Die Wahrscheinlichkeit, dass das grösste zu erwartende Hagelkorn auf einer 1km2 Fläche gerade auf ein Hausdach oder ein Fahrzeug fällt, ist klein. LEHA bezieht sich hingegen auf eine kleinere Fläche, in diesem Fall ein Hausdach von 100 m2. In der Abbildung hat das grösste Hagelkorn innerhalb des Quadratkilometers einen Durchmesser von 6 cm. Daraus leitet sich für LEHA-100 gemäss dem LEHA-Diagramm (Abbildung unten) ein Durchmesser von 3.8 cm. Obwohl irgendwo innerhalb des Quadratkilometers ein Hagelkorn mit 6 cm Durchmesser vorkommen könnte, erwartet man für die Fläche eines Hauses ein Hagelkorn von knapp 4 cm.

Abbildung 3: Die Abbildung zeigt ein schematisiertes Diagramm zur LEHA-Rechenvorschrift. MESHS gibt den Durchmesser des grösstmöglichen Hagelkornes innerhalb eines Quadratkilometers an. Das LEHA-Diagramm erlaubt die Transformation auf kleinere Referenzflächen. LEHA-100 beispielsweise gibt das grösste zu erwartende Korn auf einer Fläche von 100 m2 an. Nehmen wir einen MESHS Wert von 6 cm an. Daraus leitet sich ein LEHA-100 von 3.8 cm ab.