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Wetterlage

Der Beginn des Monats Mai 2015 war geprägt durch das Auftreten einer speziellen atmosphärischen Erscheinung über Westeuropa, eines so genannten atmosphärischen Flusses. Dieser war für die hohen Niederschlagsmengen verantwortlich, die zwischen 30. April und 4. Mai über der Schweiz niedergingen.

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Ein atmosphärischer Fluss ist ein langer und enger Luftkorridor, in dem ein intensiver Feuchtigkeitstransport stattfindet. Dieser Transport erfolgt in der unteren Atmosphäre, d. h. auf einer Höhe zwischen 0 und 2 km sowie über einem grossen Gebiet, denn atmosphärische Flüsse sind üblicherweise länger als 2000 km. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Feuchtigkeitstransport von den tropischen Regionen hin zu den mittleren Breiten und sind in manchen Fällen für hohe Niederschlagsmengen verantwortlich.

In diesem Fall transportierte ein atmosphärischer Fluss zwischen 30. April und 6. Mai 2015 Feuchtigkeit vom westlichen tropischen Atlantik über den Ozean Richtung Schweiz. Der atmosphärische Fluss stand in Zusammenhang mit mehreren kleinen zyklonalen Systemen, die den Transport von Feuchtigkeit während mehrerer Tage und über eine solch lange Distanz erlaubten.

Der atmosphärische Fluss ist in der Abbildung unten über dem Atlantik ungefähr dort ersichtlich, wo der gesamte Säulenwasserdampf über 20 kg/m2 beträgt (grün, gelb und orange). Über Land ist dieser weniger gut erkennbar, da Feuchtigkeit bei Niederschlägen aus der Atmosphäre entweicht, was tiefere Säulenwasserdampfwerte als über dem Ozean (blau) zur Folge hat.

In der Schweiz gingen die Niederschläge zwischen 30. April und 4. Mai nicht kontinuierlich nieder, sondern traten in der betroffenen Region in drei aufeinanderfolgenden Phasen ein. Die erste Phase begann in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, als der atmosphärische Fluss die Schweiz von Westen her erreichte. Die Hebung der feuchten Luft über der Schweizer Topografie verursachte zunächst Niederschläge über dem Jura sowie am Jurafuss und danach über der gesamten Alpennordseite, da die feuchte Luft über die ganze Schweiz wanderte. Die Niederschläge dauerten bis am Morgen des 2. Mai an.

Tagsüber während fast des gesamten 2. Mai war der Transport von Feuchtigkeit in Richtung Schweiz reduziert, wodurch die Niederschläge vorübergehend ausblieben. Am Nachmittag erreichte ein neuer Zustrom an feuchter Luft vom atmosphärischen Fluss die Schweiz aus westsüdwestlicher Richtung. Dies verursachte am 2. und 3. Mai die zweite bzw. dritte Niederschlagsphase in der betroffenen Region. Gleichzeitig zog eine Warmfront über die Schweiz, die wärmere Luft aus südwestlicher Richtung brachte und einen Anstieg der Temperaturen zur Folge hatte.

Am 4. Mai drehte die Strömung und erfolgte anstatt aus westlicher aus südlicher Richtung, was Föhnwind, einen weiteren Temperaturanstieg auf der Alpennordseite sowie eine Niederschlagsabnahme in diesem Gebiet zur Folge hatte.