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Grosse Trockenheit in der Schweiz

MeteoSchweiz-Blog | 23. Februar 2023
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In weiten Teilen der Schweiz ist es seit längerer Zeit sehr trocken. Wenn es in den letzten Wochen Niederschlag gab, dann nur für kurze Zeit und in geringen Mengen. Die Niederschlagsarmut veranlasst erste Gemeinden, ihre Einwohnerinnen und Einwohner zum Wassersparen aufzurufen. Wir ordnen den aktuellen Niederschlagsmangel ein.

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Im aktuellen Winter lag bisher stets weniger Schnee in den Bergen, als wir uns das gewohnt sind. Dies steht im Zusammenhang mit anhaltendem Hochdruckwetter. Letzten Sommer war es mit viel schönem Wetter, grosser Hitze und damit auch hoher Verdunstung schweizweit sehr trocken.

Landesweit betrachtet fiel in den vergangenen zwölf Monaten weniger Niederschlag als in der Norm 1991-2020 über den gleichen Zeitraum. In manchen Regionen fehlt ein Viertel oder gar die Hälfte einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge über die Monate März-Februar.

Wasser sparen

Am stärksten vom Niederschlagsmangel betroffen ist eine Region in den Alpen, die vom Oberwallis über das Tessin, Nord- und Mittelbünden bis in die Bündner Südtäler reicht. Angesichts der aktuellen Lage rufen nach unserer Kenntnis erste Gemeinden in den Alpen erneut zum Wassersparen auf, nachdem dies im letzten Sommer bereits vielerorts nötig war.

Grosses Niederschlagsdefizit

Einige Messstandorte weisen ein bemerkenswertes Niederschlagsdefizit auf. So fielen in Mosogno in den letzten zwölf Monaten nur 1023 mm, was etwa der Hälfte eines normalen Niederschlags in diesem Zeitraum entspricht (2060 mm). Ein ähnliches Bild zeigt sich an Stationen in der Leventina. In Binn im Oberwallis fielen 494 mm (Norm: 1177 mm). Oberengadin und Bergell erhielten nur wenig mehr Niederschlag. Dort wurde über zwölf Monate etwa 60-80% des Niederschlags für die Periode 1991-2020 gemessen.

So wenig Niederschlag über zwölf Monate gab es in der Vergangenheit zwar ab und zu. Dies trifft besonders dann zu, wenn man sich vom Zeitraum März-Februar löst und beliebige 12-Monats-Perioden betrachtet. Trotzdem gilt: Defizite in dieser Grössenordnung sind kurzfristig kaum aufzuholen. Dafür bräuchte es in diesen Regionen mehrere Monate mit weit überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen.

Extreme Trockenheit

Niederschlagsmangel ist nur ein Faktor, der zu Trockenheit oder Dürre beiträgt. Ein weiterer zentraler Faktor ist die Verdunstung. Folgende Abbildungen zeigen den Standardized Precipitation Evapotranspiration Index (SPEI) für lange Messreihen von MeteoSchweiz. Er kombiniert die beiden Faktoren und beschreibt, wie stark die Wasserbilanz (Differenz aus Niederschlag und Verdunstung) über einen bestimmten Zeitraum (hier: 12 Monate, z.B. relevant für Energiewirtschaft und Wasserversorgung) vom langjährigen Mittel abweicht. Ein negativer SPEI bedeutet trockenere Bedingungen im Vergleich zum langjährigen Mittel, ein positiver SPEI dementsprechend nassere Bedingungen. Unterschreitet der SPEI einen Wert von -2 ist es «extrem trocken», bei einem Wert über +2 «extrem nass».

Mehr Details zum SPEI: Trockenheitsindikatoren

Der SPEI macht deutlich, dass praktisch alle Landesteile über die letzten 12 Monate von einer extremen Trockenheit betroffen sind – nicht nur die inneralpine Region mit dem grössten relativen Niederschlagsdefizit, sondern auch das Mittelland, wo im heissen Sommer 2022 besonders hohe Verdunstung herrschte.

Wird der SPEI über den Zeitraum von 365 Tagen ab dem 20. Februar berechnet, belegt das aktuelle Jahr vom 20.2.2022 bis 20.2.2023 am Messtandort in Genève/Cointrin den ersten Rang seit Messbeginn 1864. Es war in Genf also über diesen 12-Monats-Zeitraum in der Vergangenheit noch nie trockener als heute. So ist es auch inneralpin in Engelberg und Davos. Am Messstandort in Zürich/Fluntern belegt der aktuelle 12-Monats-Zeitraum Rang 2. In Lugano ist es mit Rang 4 seit 159 Jahren ebenfalls enorm trocken.

Auch über andere Zeiträume betrachtet – z.B. ein Monat – sind die aktuellen Bedingungen mehrheitlich trocken. Es bleibt abzuwarten, was dies für den kommenden Frühling und Sommer 2023 bedeutet.

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