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Sehr kaltes Skandinavien

MeteoSchweiz-Blog | 16. Februar 2024
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Nach der gestrigen Einordnung der Februarwärme in der Schweiz machen wir heute einen kurzen Abstecher nach Nordeuropa. Dort war es in Skandinavien mehr als vier Monate anhaltend zu kalt.

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Kältebastion inmitten zu warmer Regionen

Wer eisiges Winterwetter liebt, wäre im Winter 2023/2024 in Skandinavien gut aufgehoben. Dort waren seit Oktober 2023 mehr als vier Monate deutlich zu kalt. Von Oktober bis Dezember 2023 lag die Durchschnittstemperatur teilweise mehr als 3 Grad unter der Norm der Klimaperiode 1991-2020. Auch der Januar 2024 endete verbreitet zu kalt und der Kältepol weitete sich bis nach Westrussland aus.

Nach Beginn der Kälteperiode haben wir in diesem Blog bereits im November über den Wintereinbruch in Schweden berichtet. Seitdem hatte sich die Kältewelle mit teilweise kräftigen Schneefällen und eisigen Temperaturen verstärkt. Vor allem nach dem Jahreswechsel herrschte Anfang Januar strenger Frost mit Tiefsttemperaturen um und unter -40 Grad in Nord- und Mittelskandinavien. Im schwedischen Vittangi wurden am 5. Januar 2024 -44.6 Grad gemessen. Dies ist die tiefste Temperatur, die bisher im laufenden 21. Jahrhundert in Skandinavien registriert wurde. Von absoluten Temperaturrekorden war man jedoch weit entfernt. Diese liegen bei -51.4 °C (Norwegen), -51.5 °C (Finnland) und -52.6 °C (Schweden). Zum Vergleich: Der offizielle Kälterekord für die Schweiz liegt bei -41.8 °C und wurde am 12. Januar 1987 in La Brévine (NE) gemessen.

Was war der Grund für die skandinavische Kälte?

Die Kälteanomalie war über Skandinavien und Nordwestrussland am stärksten ausgeprägt und reichte abgeschwächt südwestwärts bis Island, Schottland, Dänemark und ins Baltikum. Im übrigen Europa war es zum Teil deutlich zu warm. Eine mögliche Erklärung für das zu kalte Wetter liefert eine Reanalyse der Druck- und Windverteilung über Nordeuropa. In der mittleren Troposphäre wurde über Westrussland während der Periode tieferer Luftdruck als üblich beobachtet. Höherer Druck herrschte zwischen Island, Grönland und Spitzbergen und vor allem über Südwesteuropa. Dadurch konnte sehr kalte Polar- und Arktikluft aus Norden und Nordosten nach Skandinavien strömen und sich dort festsetzen. Der wärmende Golfstrom im Nordmeer und die Westwinddrift mit milderer Atlantikluft hatten in diesem Winter deutlich weniger Einfluss in Skandinavien als sonst.

Die Ursachen, warum sich in diesem Winter dieses hartnäckige Strömungsmuster über Nordeuropa etabliert hat, können derzeit noch nicht abschliessend geklärt werden. Einerseits wird vermutet, dass das Klimaphänomen El Niño zu kalten (Früh-)Wintern in Nordeuropa führen kann. Andererseits sind die Fernwirkungen von El Niño auf das europäische Wetter eher nur schwach oder kaum vorhanden. Zudem ist das derzeitige El Niño-Ereignis nicht besonders stark. Möglicherweise hat auch der Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga-Hunga Haʻapai im Jahr 2022 einen Einfluss auf die Entstehung der Kälteanomalie. Unabhängig von äusseren Einflüssen könnte es sich ebenfalls um eine natürliche Variabilität des skandinavischen Klimas handeln. Fest steht jedoch, dass sowohl das persistente grossräumige Strömungsmuster als auch die über vier Monate anhaltende Kälteanomalie aussergewöhnlich und selten waren.

Die Aussichten

Inzwischen hat sich der Frost in Nordeuropa deutlich abgeschwächt und für die nächsten Wochen werden auch dort, wie in fast ganz Europa, überdurchschnittliche Temperaturen vorhergesagt.

Und bei uns in der Schweiz?

Winterwetter oder strenger Frost ist, wie bereits gestern erwähnt, nach wie vor kein Thema. Im Gegenteil: Am Freitagnachmittag wurde in Giswil (OW) eine Höchsttemperatur von 18.7 Grad gemessen und die Tagesmitteltemperaturen im Flachland entsprechen derzeit der Norm für die erste Aprilhälfte. Zumindest in den Bergen ist der Winter wenigstens optisch noch Zuhause: