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Wie MeteoSchweiz die Temperatur misst

MeteoSchweiz-Blog | 27. März 2024
17 Kommentare

Was passiert alles im Hintergrund, damit in der App und auf der Webseite die aktuelle Wettervorhersage erscheint? Die Mitarbeitenden von MeteoSchweiz warten in der ganzen Schweiz meteorologische Messstationen, analysieren Messdaten und schleifen an Daten-Modellen. Wir nehmen Sie mit von der Messung bis zur Klimamodellierung. Teil 1: Die Messung der Temperatur.

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Auf dem Gras hat sich weisser Raureif gebildet, Nebelschwaden wabern über der Wiese. Es ist ein kalter Januarmorgen, als wir die Wetterstation am Flughafen Zürich besuchen. Auf einer Wiese auf dem Flughafengelände, abseits des Flughafengebäudes und nahe der Landepiste und einem Naturschutzgebiet befindet sich ein 150 Quadratmeter grosses Feld. Auf diesem befindet sich die meteorologische Messstation Zürich / Kloten.

Von Temperatur bis Sonnenscheindauer

Wie sieht so eine Messstation von MeteoSchweiz aus? Nicht sehr spektakulär, würde man als Laie sagen. Auf der Wiese in Kloten fällt als erstes ein schmales Stahlgerüst ins Auge, an dem kleine Kästen befestigt sind. Michael Kopp, Mitarbeiter bei MeteoSchweiz, erklärt, das sei die sogenannte Messbrücke. «Zudem haben wir hier ein Niederschlagsmessgerät, und einen grossen grauen Kasten - einen Elektroschrank mit den Systemen zur Erfassung, Speicherung und Übermittlung der Daten.» Michael Kopp kennt alle Stationen in der Schweiz - er besucht, kontrolliert und wartet sie regelmässig.

Hier an der Messstation beginnt der Kreislauf der Messung. Hier werden die Messwerte erfasst – von Temperatur bis zum Wind – aus denen etwas später die Wetterprognose entsteht und ein paar Jahre oder Jahrzehnte später eine Grafik, die den Anstieg der Durchschnittstemperatur in Zürich-Kloten über die Zeit zeigt. Ohne diese Messstationen könnten wir bei MeteoSchweiz den Klimawandel in der Schweiz nicht anhand von Daten zeigen.

Eine von 260 Messstationen

Die Station am Flughafen Zürich / Kloten ist eine von 260 automatischen Messstationen in der Schweiz. 160 dieser Stationen sind vollausgerüstet, an 100 Stationen wird nur Niederschlag, also Regen und Schnee, gemessen. Das heisst, dass an 160 Stationen alle 10 Minuten eine ganze Reihe meteorologischer Parameter gemessen werden: Luft- und Bodentemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Sonneneinstrahlung, Niederschlagsmenge, Windrichtung und -geschwindigkeit.

Geräte werden regelmässig geprüft

Zurück nach Kloten: Zwei Meter über dem Boden an der Messbrücke ist das Temperatur- und Feuchtemessgerät befestigt, es trägt den Namen «Thygan». Es misst alle zehn Minuten die Lufttemperatur. Sechs Minuten lang wärmt sich das Gerät auf, dann schleudert ein Ventilator die warme Luft wieder heraus – so wird verhindert, dass bei Minustemperaturen Luftfeuchtigkeit gefriert und sich am Gerät Eis ansetzt. Denn das könnte zu einer falschen Messung führen. Neue frische Luft wird eingesaugt, daraufhin wird die Temperatur gemessen. Am 30. Januar 2024 morgens um 10 Uhr misst das Gerät einen Wert von minus 2,3 Grad Celsius.

Der Nebel hält sich, die Sonne lässt auf sich warten. Michael Kopp schaut sich das Gerät ganz genau an. Er blickt von unten hinein, und begutachtet den kleinen Metallstab, der regemässig die Lufttemperatur misst. Ist das Gerät sauber? Hat sich nichts darin verfangen? «Dieses Gerät funktioniert so, wie es soll. Aber das ist nicht immer der Fall», sagt er. Wenn ein Gerät verschmutzt ist oder beispielsweise von einem Blatt blockiert wird, kann das zu Problemen führen.

Beim Regenmesser, beim sogenannten Pluviometer, komme das immer wieder vor. Das Gerät funktioniert mit dem Kippen eines Gefässes. Wenn das Gefäss nicht mehr kippt, weil eine Baumnadel, ein Blatt oder ein Spinnennetz das Gerät blockiert, dann misst MeteoSchweiz den Regen nicht mehr. Um solchen Problemen vorzubeugen oder sie rasch zu beheben, gibt es für jede Station einen Stationswart. Dies ist eine freiwillige Arbeit, die dankenswerterweise von etwa 150 Personen in der Schweiz geleistet wird. Der Stationswart verpflichtet sich dazu, die Messstation regelmässig zu kontrollieren. «Das ist vor allem bei etwas abgelegenen Stationen wie zum Beispiel Soglio im Bergell sehr wertvoll und dafür sind wir dankbar», sagt Michael Kopp.

Messwert wird übermittelt

Als letzter Schritt der Temperaturmessung schicken alle Messgeräte ihre ermittelten Werte an den ein paar Meter entfernt stehenden Elektroschrank. Dieser enthält die Systeme zur automatischen Erfassung, Speicherung und Übermittlung der Daten. Von hier aus wird der gemessene Wert in die Cloud von MeteoSchweiz übermittelt. Das neue Erfassungssystem von MeteoSchweiz basiert auf den neuesten technologischen Entwicklungen.

Suche nach Standorten nicht immer einfach

Die Wiese auf dem Flughafengelände in Zürich / Kloten ist ein optimaler Messstandort. Es gibt nämlich genaue Regeln: Die Temperatur beispielsweise muss auf zwei Metern über dem Boden gemessen werden – über Rasen, um genau zu sein. Des Weiteren sollte es 100 Meter rund um die Station keine Bäume oder hohen Gebäude, welche Schatten auf die Geräte werfen oder Wärme abstrahlen, geben. So lauten nur zwei einer ganzen Reihe von Vorgaben der Weltmeteorologie Organisation, der WMO.

Für die Auswahl der Messstandorte ist unter anderem Joël Fisler zuständig. Auch er, genau wie Michael Kopp, kennt alle Stationen von MeteoSchweiz. Die Auswahl der Standorte sei gar nicht immer einfach, sagt Joël Fisler. Manchmal gebe es entgegengesetzte Kriterien: «Für die Windmessung brauchen wir einen windexponierten Standort, für die Regenmessung aber einen windgeschützten Standort». In solchen Fällen müsse ein Kompromiss gefunden werden.

Falls es einen neuen Standort für eine Messstation braucht, macht Joël Fisler sich auf die Suche. Er gibt einen Eindruck, wie das abläuft: «Zunächst schaue ich, in welcher Höhenlage die Station sein soll. Dann suche ich eine geeignete Zone, meist eine Landwirtschaftszone. Aber nicht jeder Standort ist passend, denn wir brauchen Strom. In der Regel schaue ich mit der jeweiligen Gemeinde, welcher Ort geeignet sein könnte».

Regelmässig passiert es, dass sich die Umgebung an einer Messstation ändert. Wird beispielsweise in der Nähe eine Baustelle eröffnet und ein Gebäude gebaut, kann es sein, dass dort ganz plötzlich höhere Temperaturen festgestellt werden. An der Messstation in Sion beispielsweise war ein neu gebauter Hangar für erhöhte Temperaturmessungen verantwortlich.

So kann es auch vorkommen, dass eine Messstation verschoben werden muss. Das wolle man aber wann immer es geht, vermeiden, sagt Joël Fisler. Denn das Ziel bei MeteoSchweiz sei es, möglichst lange, vergleichbare Messreihen zu haben. Anhand von homogenen Daten an den Schweizer Messstationen ermittelt MeteoSchweiz, wie sich das Klima in der Schweiz verändert. Homogen sind Klimadaten dann, wenn sie von Einflüssen bereinigt sind, die nichts mit dem Klima und dessen Veränderung zu tun haben. So sind zum Beispiel die Temperaturdaten der Station Basel-Binningen gut dafür geeignet: Das ist eine der ältesten Stationen und sie steht seit 1864 am gleichen Ort.

Extreme Bedingungen für Wettermessung am Säntis

Eine besondere Messstation ist jene am Säntis auf 2501 Metern über Meer. «Dort können wir nicht jederzeit hinfahren, denn der Zeitaufwand ist sehr gross», sagt Michael Kopp. Im Januar habe er sich den Weg zur Messstation erstmal stundenlang freischaufeln müssen, erzählt er. Bei extremer Kälte kann es zudem vorkommen, dass die Geräte vereisen. Die Station auf dem Säntis ist die mit den extremsten Bedingungen in der gesamten Schweiz. Durch die nördlich vorgelagerte Position des Alpsteins ist der Gipfel dem Wetter schutzlos ausgesetzt.Es ist aber auch Kopps Lieblingsstation: «Der Säntis ist unsere interne Teststation. Wenn ein neues Gerät hier mit diesen extremen Bedingungen funktioniert, dann funktioniert es überall.»

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