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Datenprüfung: Ist die gemessene Temperatur korrekt?

MeteoSchweiz-Blog | 19. August 2024
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Was passiert alles im Hintergrund, damit in der MeteoSchweiz-App und auf der Webseite die aktuelle Wettervorhersage erscheint? Eine ganze Menge. Nach der Messung der Temperatur werden die Daten genau geprüft. Wir nehmen Sie mit von der Messung bis zur Klimamodellierung. Teil 2: Die Datenprüfung.

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Es ist ein warmer Sommertag. An der Messstation in Ilanz in Graubünden werden am 7. August um 15 Uhr 22,5 Grad gemessen. Dieser Wert ist korrekt, oder? Diese Frage klingt auf den ersten Blick nicht notwendig ­– ist sie aber unter Umständen. MeteoSchweiz überprüft laufend systematisch alle gemessenen Daten. Messlücken werden gefüllt, zusätzliche Grössen berechnet und Korrekturen vorgenommen.

Temperatur, Sonnenscheindauer, Wind, etc. ­– all diese Werte und viele mehr werden jeden Tag in der Schweiz an über 200 Messstationen ermittelt. Täglich werden in der ganzen Schweiz Tausende von Daten gemessen und an die Datenbank, das sogenannte Data Warehouse (DWH), von MeteoSchweiz geschickt.

Im Data Warehouse werden alle Messdaten zusammengeführt, für die Anwenderinnen und Anwender aufbereitet und in einheitlicher Form langfristig gespeichert. Der Aufbereitungsprozess beinhaltet unter anderem die Aggregierung und Berechnung meteorologischer Grössen, die Qualitätskontrolle bestehend aus einer Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung sowie die Homogenisierung langer Reihen mit dem Ziel für die Datennutzer verlässliche Messreihen zur Verfügung zu stellen.

Von der Messung zur Prognose

Was passiert alles von dem Moment der Messung der Temperatur bis zur Wetterprognose und den Klimamodellen? Wir nehmen Sie bei allen Schritten mit. Teil 1: Die Temperaturmessung.

Claudine Hotz arbeitet seit 23 Jahren bei MeteoSchweiz, sie ist für die qualitative Prüfung der Daten verantwortlich. «Über 99% aller gemessenen Daten sind korrekt. Es kann aber mal vorkommen, dass ein Messgerät ein Problem hat, zum Beispiel im Winter eingeschneit oder ganz einfach defekt ist. Diese Fehler oder Lücken werden von unseren Plausibilitätstests erkannt», erklärt sie.

Regelbasierte und modellbasierte Tests

Für die Prüfung der Messwerte hat MeteoSchweiz einen Arbeitsablauf festgelegt. Dieser wird jeden Tag wiederholt. Sechs Personen arbeiten im Team von Claudine Hotz, das sich um die Datenqualität, -aufbereitung und -management kümmert. Die Datenprüfung selbst läuft automatisch in einem Programm ab, in «Realtime», also in Echtzeit, stündlich und täglich.

Zum einen werden physikalisch unmögliche Werte herausgefiltert. Zum Beispiel einen Niederschlagswert von minus 10 Millimetern oder eine relative Luftfeuchtigkeit von über 100% oder unter 0% kann es nicht geben. Es kann auch innert 10 Minuten keine längere Sonnenscheindauer geben als eben genau 10 Minuten. Weitere regelbasierte Tests basieren auf stationsspezifischen Limiten und geben an, ob ein Wert klimatologisch zweifelhaft ist. Ein Beispiel: eine Temperatur von mehr als 25 °C im Februar in Zürich ist klimatologisch fragwürdig.

Jede Nacht wird eine Liste generiert

Zudem werden weitere Werte, die zweifelhaft sind, aufgespürt. Ein Beispiel: Wenn an einem bestimmten Tag an dem an den meisten Orten in den Niederungen in der Schweiz maximal 20 Grad gemessen werden, eine Messstation jedoch 26 Grad anzeigt, dann wird dieser Wert angezweifelt. Wie kann es möglich sein, dass in Neuchâtel 26 Grad sind, in Estavayer-le-Lac, Lausanne und allen Ortschaften in der Nähe aber nur 19 Grad? Es könnte ein Messfehler sein.

Jede Nacht wird automatisch eine Liste generiert mit diesen zweifelhaften Messwerten des Vortages. Diese wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von MeteoSchweiz abgearbeitet. Zeile für Zeile wird überprüft, ob die fragwürdigen Werte des Vortages wirklich falsch sind. Mithilfe dieser zweifelhaften Werte können technische Probleme von Stationen oder Messgeräten erkannt werden, welche die Techniker/innen nicht erkennen können. In 99% der Fälle aber sind die Messwerte korrekt.

Bei Gewitter und Föhnzusammenbruch kann es Temperatureinbrüche geben

Einen vermeintlich falschen Wert gab es beispielsweise am 8. Juni: An ein und derselben Messstation wurde innerhalb von 10 Minuten ein grosser Temperaturunterschied gemessen. Kann das denn sein? Für die Datenbearbeitung müssen die Mitarbeitenden das Wettergeschehen vom Vortag kennen, um genau einen solchen Temperaturabfall erkennen und bestätigen zu können. Dazu werden auch Daten von umliegenden Wetterstationen und/oder Radardaten hinzugezogen.

Wenn dort ein ähnlicher Temperaturabfall festgestellt wird oder der Radar zu dieser Zeit eine aktive Zelle zeigt, dann kann der Wert bestätigt werden. Am 8. Juni gab es Gewitter und an manchen Stationen einen Temperaturabfall von mehreren Grad Celsius.

Auch bei einem Föhnzusammenbruch findet die Plausibilitätsprüfung oft auffällige Temperatursprünge. Bei einer solchen Wetterlage kann die Temperatur innert kürzester Zeit um bis zu 10 Grad abstürzen. Einen Föhnzusammenbruch kann man sehr gut zeitgleich bzw. leicht verzögert bei verschiedenen Stationen beobachten. Diese Fälle können ebenfalls bestätigt werden.

Vögel auf Windmessern, Wespennester in Regenmessern

Und was ist mit den 1 %? Obwohl falsche Messwerte selten sind, werden doch immer wieder welche gefunden. Dies liegt dann in der Regel aber nicht an der Messung selbst, sondern meist am Gerät oder einem externen Faktor. «Dies kann beispielsweise vorkommen, wenn eine Maus ein Kabel durchgebissen hat, ein Raubvogel auf dem Schalenstern des Windmessers sitzt, ein Sensor schmutzig oder ein Gerät eingefroren ist», berichtet Claudine Hotz.

Gut vorstellbar sei dies anhand des Pluviometers, des Niederschlagsmessers: Dieser funktioniert mittels einer mechanischen Wippe. Mit der Anzahl der Wippbewegungen, ausgelöst durch den Niederschlag, wird die Niederschlagsmenge bestimmt. Es kann sein, dass Wespen ihre Nester an der mechanischen Wippe bauen. Wenn nun ein Wespennest – schon ein kleines genügt – die Wippe auf eine Seite runterzieht, wird kein Niederschlag mehr gemessen, obwohl es stark regnet.

Und was passiert, wenn Claudine Hotzs Team bemerkt, dass ein Messgerät nicht mehr richtig misst? «Dann melden wir dies dem technischen Dienst in Payerne, mit dem wir eng zusammenarbeiten», erläutert sie. Der technische Dienst arbeitet mit einem Ticketsystem. Wenn eine solche Meldung hereinkommt, dann kümmert sich das Team des technischen Dienstes, reist an den Ort der Messstation und schaut, was dort los ist. Zudem werden die Messstationen von MeteoSchweiz regelmässig gewartet und überprüft. So soll möglichst vermieden werden, dass Messgeräte ausfallen oder falsche Werte übermitteln.

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