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Wenn sich Sonnenschein und Wolken nicht ausschliessen

MeteoSchweiz-Blog | 22. September 2024
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Heute zogen mit einer südlichen Höhenströmung ausgedehnte, hohe Wolkenfelder über die Schweiz. Diese dünnen Eiskristallwolken lassen die noch kräftige Herbstsonne weitgehend ungehindert durch, sodass der freundliche Wettercharakter erhalten bleibt. Im Winter hingegen ist deren Einfluss deutlich besser spürbar.

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Wetterlage

Pünktlich auf die Tag-und-Nachtgleiche (dem astronomischen Herbstbeginn, astr. «Äquinoktium»), stellt sich derzeit die Grosswetterlage über Mitteleuropa um. Die hochdruckbestimmte Bisenlage der vergangenen Tage wird bis Mitte Woche von windigem Westwindwetter abgelöst.

Der Alpenraum lag heute auf der Vorderseite eines Tiefs mit Kern über der Bretagne in einer mässigen Südwestströmung. Besonders in den höheren Schichten wurde dabei warme und auch feuchtere Luft zu uns geführt, welche sich in Form von ausgedehnten hohen, später und gegen Westen hin auch mittelhohen Wolkenfeldern bemerkbar machte.

Was versteht man unter hohen Wolkenfeldern?

Hohe Wolkenfelder, die fast ausschliesslich aus kleinen Eiskristallen bestehen, werden in der Meteorologie zur Gruppe der Cirrenwolken zugeordnet. Wegen ihrer meist dünnen und filigranen Struktur werden sie auch als Schleierwolken bezeichnet. Hierzulande gibt’s zudem die umgangssprachliche, «schwiizerdütsche» Formulierung vom sogenannten «Gschlirg», welches den Himmel überzieht. Die Wolken sind zwischen 6 und 12 km anzutreffen, entsprechend gehören auch die Kondensstreifen von Flugzeugen zu dieser Wolkengruppe.

Typischerweise entstehen Cirrenfelder auf der Vorderseite von Tiefdrucksystemen, wenn aus Süden grossflächig wärmere und feuchtere Luft herangeführt und zum Aufsteigen gezwungen wird. Besonders ausgeprägt und ausgedehnt sind Cirren an der Vorderseite von Warmfronten. Im Sommerhalbjahr sind auch Gewitter effiziente «Gschlirg-Produzenten»: Die Cirrenschirme, die für die ambossartige Struktur der Gewitterwolken mitverwantwortlich sind, können den Himmel teils mehrere 100 km vom eigentlichen Gewitter weg bedecken.

Im Sommer kaum störend, im Winter eher unerwünscht

Die dünnen Eiskristallwolken haben eine geringe optische Dichte. Das bedeutet, dass nur ein kleiner Teil der einfallenden Strahlung an der Wolkenobergrenze absorbiert oder reflektiert wird. Der grosse Teil des Sonnenlichts erreicht trotzdem den Erdboden.

Deshalb kann man im Sommer auch bei ausgedehnten Schleierwolken von «meist sonnigem» Wetter sprechen. Der Himmel präsentiert sich zwar nicht mehr strahlend blau, aber die wärmende Wirkung der Sonne und der freundliche Wettercharakter bleiben erhalten.

Im Winterhalbjahr haben die Cirren einen grösseren Einfluss auf unser Wärmeempfinden. Durch den niedrigen Sonnenstand liefert die Sonne im Vergleich zu frühsommerlichen Tagen nur noch etwa die Hälfte an Energie. Der relative Anteil, der von den Cirrenfeldern «zurückgehaltenen» Strahlung nimmt also deutlich zu.

Betrachten wir als Beispiel den Verlauf der Globalstrahlung in Einsiedeln: Während man gestern Samstag bei wolkenlosem Himmel beim sünnele um 11 Uhr morgens mit rund 550 Watt/qm «erwärmt» wurde, strahlte die Sonne heute bei ausgedehnten Schleierwolken nur mit 400 Watt/qm. Die Cirren hielten heute Morgen also etwa 150 Watt/m2 zurück, was gut 30% der zu dieser Tages- und Jahreszeit maximal möglichen Einstrahlung entspricht.

Im Sommer würden die diesselben hohen Wolkenfelder die Strahlung um nur etwa 20 % (550 von 700 Watt/qm), im Winter aber um gut 50 % (150 von 300 Watt/qm) reduzieren. Hohe Wolkenfelder können also im Herbst und Winter durchaus den Unterschied machen, ob man beim Sonntagsbrunch auf dem sonnigen Balkon nun doch eine dickere Jacke braucht oder nicht.

Weitereführende Informationen: