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Zu hohe Temperaturen für Kunstschnee

MeteoSchweiz-Blog | 07. November 2024
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Im Spätherbst beginnen die höher gelegenen Skigebiete normalerweise mit der Produktion von Kunstschnee. In diesem Jahr lassen die hohen Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit in den Bergen dies bislang nicht zu. Doch was braucht es eigentlich, um Kunstschnee zu produzieren?

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Die grossen Skigebiete sind zunehmend auf Kunstschnee angewiesen, dessen Produktion beginnt in höheren Lagen normalerweise im Laufe des Herbstes. Um Kunstschnee zu erzeugen, werden mikroskopisch kleine Wassertröpfchen in die Atmosphäre geschleudert. Sie gefrieren zu Eiskörnchen, an denen sich dann grössere Tropfen anlagern können. Mit einem kleinen Exkurs in die Physik beleuchten wir im Folgenden die Bedingungen, die für die Produktion von Kunstschnee notwendig sind und schauen uns die aktuelle Situation in den Bergen an.

Was braucht es für die Produktion von Kunstschnee?

Für die Erzeugung von Kunstschnee müssen gewisse Bedingungen erfüllt sein, insbesondere dann, wenn der Energieverbrauch so gering wie möglich gehalten werden soll. Die Hauptvoraussetzung sind tiefe Temperaturen, zudem sollte es trocken sein. Genaugenommen ist die Kombination der beiden Parameter entscheidend: Je höher die Luftfeuchtigkeit ist, desto kälter muss es sein, damit sich die kleinen Wassertröpfchen in Schneekristalle verwandeln. Umgekehrt gilt: Je trockener die Luft ist, desto höher liegt die Grenztemperatur, bei der noch Schnee produziert werden kann.

Die Kombination von Temperatur und Luftfeuchtigkeit wird mit der Feuchtkugel- bzw. Psychrometertemperatur ausgedrückt. Dies entspricht der niedrigsten Temperatur, die durch Verdunstungsabkühlung bei einer Luftmasse erreicht werden kann, wenn Wasser bis zur Sättigung verdunstet. Schneeflocken sublimieren relativ leicht, dabei sorgen sie für eine Anfeuchtung der Umgebung und kühlen sie gleichzeitig ab. Denn es braucht Energie, um Wasser von der festen Phase (Schnee) in die Gasphase (Wasserdampf) zu überführen.

Zurück zu den Schneekanonen. Oben haben wir gelernt: Je trockener die Luft, desto besser die Bedingungen für die Produktion von Kunstschnee. Zudem kann der Schnee, der bei der Produktion durch die Luft fliegt, seine Umgebung abkühlen und so den Prozess der Schneeproduktion unterstützen. Damit das möglich ist, braucht es eine Psychrometertemperatur unter -2.5 Grad. Dies ergibt folgenden Zusammenhang zwischen der relativen Luftfeuchtigkeit und der maximal möglichen Temperatur, die für die Kunstschneeproduktion benötigt wird (siehe Abbildung 1):

Ausgesprochen milder Herbst in den Bergen

Seit Mitte Oktober sind die Temperaturen in den Bergen für die Jahreszeit sehr hoch. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Tagesmitteltemperaturen für verschiedene Bergstationen. Nach einem teilweise unterdurchschnittlichen Oktoberbeginn, liegen die Temperaturen seit dem 12. bzw. 13. Oktober durchwegs über der Norm.

Seit Mitte Oktober sind nicht nur die Temperaturen überdurchschnittlich hoch, sondern es erreichten uns auch immer wieder Luftmassen subtropischen Ursprungs, die etwas angefeuchtet waren. Die Psychrometertemperatur war entsprechend recht hoch. In Abbildung 3 ist die Psychrometertemperatur für die drei Bergstationen (Grimsel Hospiz, Säntis, Jungfraujoch) dargestellt. Seit dem 7. Oktober muss man, abgesehen von wenigen Ausnahmen, auf die Höhe des Jungfraujochs, d.h. über 3500 Meter, aufsteigen, um Bedingungen für die Kunstschneeproduktion vorzufinden. Das ist für die meisten Skigebiete deutlich zu hoch.

Bis am Montag Hochdruckwetter, und dann?

Wie im Blog vom 6. November beschrieben, bleibt unser Wetter bis am kommenden Montag hochdruckbestimmt. Danach zeichnet sich ein Wetterwechsel mit deutlich tiefen Temperaturen und womöglich auch Niederschlag ab. Dadurch steigen die Chancen, dass zumindest in höheren Lagen etwas Neuschnee fällt und gleichzeitig auch mit der Kunstschneeproduktion begonnen werden kann. Über die Wetterentwicklung halten wir Sie wie gewohnt auf unserer Homepage und in der MeteoSchweiz-App auf dem Laufenden.

Was hat Schnee für einen Einfluss auf seine Umgebung?

Wie oben erwähnt, tragen Schneeflocken in der Luft dazu bei, dass sich die Umgebungsluft abkühlt. Aber auch am Boden beeinflusst der Schnee seine Umgebung. Durch seine hohe Albedo trägt er dazu bei, dass die Temperaturen tagsüber im Vergleich zu schneefreien Gebieten tiefer bleiben. Ausserdem emittiert Schnee sehr effizient Infrarotstrahlung, was bedeutet, dass Schnee nachts, vor allem bei klarem Himmel, zu einer stärkeren Abkühlung beiträgt. Hier spricht man auch von einem positiven Rückkopplungseffekt.

In Zusammenhang mit dem Klimawandel zeigt sich, dass eine Erwärmung um ein paar Grad dazu führt, dass einige Gebiete, die normalerweise im Winter mit Schnee bedeckt sind, aper bleiben. Dies hat zur Folge, dass der positive Rückkopplungseffekt wegfällt und die Wintertemperaturen zusätzlich ansteigen.

Alternative Lösungen

Die Produktion von Kunstschnee erfordert Energie und Wasser. Um effizienter zu werden, sind Alternativen gefragt. So forscht das Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) im Bereich von «Snowfarming». Das bedeutet, dass im Frühling mehrere Meter mächtige Schneehaufen z.B. mit Sägemehl oder Hackschnitzel bedeckt werden, um den Schnee vor dem Schmelzen zu schützen. Dadurch kann er bis zur nächsten Saison konserviert und für die Pistenpräparation verwendet werden.

Wie beispielsweise auf der Webcam Tschentenalp (siehe Abbildung 4) zu sehen ist, wurde bereits ein kleiner Pistenabschnitt mit dem seit letztem Winter konservierten Schnee präpariert. Auch in Davos wurden dank «Snowfarming» bereits Loipen präpariert.

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