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Meteosat-12 Cloud Phase RGB

MeteoSchweiz-Blog | 29. Dezember 2024

Der neue Wettersatellit Meteosat-12 erzeugt nicht nur zeitlich und räumlich höher aufgelöste Satellitenbilder der Erde als seine Vorgänger. Dank zusätzlicher Kanäle macht er auch spezifische Eigenschaften der Wolken und der Erdoberfläche sichtbar. Im heutigen Blog illustrieren wir diese Fähigkeiten anhand des «Cloud Phase RGB» Produktes.

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Im musikalisch-emotional geprägten Blog des Vortages, «Tschêl blov», wurde unter anderem auch das «Cloud Phase RGB» Produkt des neuen Meteosat-12 Satelliten gezeigt, welches seit kurzem operationelle Bilder liefert. In diesem Satellitenbild ist - minimales geographisches Vorwissen über das Relief des Alpenraumes vorausgesetzt - intuitiv das Nebelmeer über den Niederungen der Alpennordseite sowie den angrenzenden Gebieten Frankreichs und Deutschlands in beige-weisslich, bis leicht rosaroten Farbtönen erkennbar. Betrachten wir dasselbe Produkt vom aktuellen Tag, dem Sonntag 29. Dezember 2024 um 1000 UTC im Detail: Um die spezielle, für viele Betrachter anfangs noch ungewohnte Farbgebung besser interpretieren zu können, nehmen wir einen Farbschlüssel zu Hilfe. Ausserdem stellen wir dem Satellitenbild drei Webcam-Bilder zur Seite, welche die visuelle Wahrnehmung der Landschaft mit dem menschlichen Auge zum selben Zeitpunkt repräsentieren.

Eine auffällige und sehr nützliche Eigenschaft dieses Satellitenbildes sind die dunkelblauen, mit Schnee und Eis bedeckten Flächen, welche sich scharf vom aperen Boden und von den Wolken abgrenzen und so eine präzise Beschreibung der Nebelverteilung ermöglichen.

Blauer Schnee?

Keine Sorge, es handelt sich dabei nicht um einen Fehler in der Farbgebung, sondern um einen sehr bewusst eingesetzten Trick, um spezifische Eigenschaften der Oberflächen sichtbar zu machen.

In diesem Satellitenbild werden drei verschiedene Kanäle des Instruments (Flexible Combined Imager, FCI) genutzt, welche reflektiertes Sonnenlicht in drei unterschiedlichen Spektralbereichen messen. Diese werden den drei Farbkomponenten Rot, Grün und Blau zugewiesen. Unterschiedliche Reflexionseigenschaften der Land- oder Wolkenoberflächen werden so gemischt und treten in entsprechenden Farbtönen hervor. Betrachten wir zunächst die drei verschiedenen Kanäle separat in einer klassischen schwarz-weissen Darstellung.

In allen drei Spektralbereichen, welche von den Kanälen abgedeckt sind, misst der Sensor das Reflexionsvermögen der Erdoberfläche. Bei derartigen klassischen Satellitenbilddarstellungen werden stark reflektierende Flächen weiss, nicht reflektierende Flächen schwarz dargestellt.

Die schneebedeckten Berge sowie das Nebelmeer über den Niederungen reflektieren das Sonnenlicht insbesondere im sichtbaren Spektralbereich (VIS 0.6, unten links) sehr stark und erscheinen nahezu weiss. Die Adria hingegen reflektiert nur sehr wenig Sonnenlicht zum Sensor hin und erscheint im VIS 0.6 Bild dunkelgrau. Apere Flächen ordnen sich irgendwo dazwischen ein. Das menschliche Auge nimmt die reflektierte Strahlung sehr ähnlich wahr: Ohne Sonnenbrille werden wir im Winter beim Skifahren vom Schnee rundherum geblendet. Auch das Nebelmeer erscheint uns von oben betrachtet vergleichsweise hell, denn seine Flüssigwasserwolken reflektieren das Sonnenlicht stark in alle Richtungen.

Im nahen Infrarot verändert sich jedoch die Wahrnehmung, wie der Vergleich mit den NIR 1.6 und NIR 2.2 Bildern oben zeigt. Während das Nebelmeer unvermindert stark reflektiert und somit weiss erscheint, erscheinen die schneebedeckten Flächen dunkler, in grauen Farbtönen. In diesen Spektralbereichen wird ein Teil der Strahlung vom Eis absorbiert, während das flüssige Wasser in der Nebelwolke die einfallende Sonnenstrahlung immer noch stark zum Sensor hin reflektiert.

Erdbeobachtung in Farben

Weil wir Menschen Dinge lieber in Farben betrachten als in Schwarz-Weiss kombinieren wir nun diese physikalischen Eigenschaften der Erdoberfläche bzw. ihre Interaktion mit der Sonnenstrahlung in den verschiedenen, vom Satelliten gemessenen Spektralbereichen mit den drei Farbkomponenten Rot, Grün und Blau. Wir ersetzen einfach die Farbe Weiss für stark reflektierende Flächen in den drei einzelnen Satellitenbildern durch Rot, Grün und Blau und addieren die drei ehemals schwarz-weissen Bilder zu einem farbigen Bild.

Nun wird klar, warum die schneebedeckten Berge im Cloud Phase RGB blau hervortreten: Bei der Mischung der drei Farbkomponenten Rot, Grün und Blau (RGB) erhalten die wolkenlosen, aber schneebedeckten Alpen einen hohen Anteil Blau vom VIS 0.6 Kanal, jedoch geringere Anteile Rot und Grün von den beiden NIR Kanälen.

Ganz anders beim Nebelmeer bspw. über dem Schweizer Mittelland: Alle drei Kanäle tragen einen hohen Anteil der jeweiligen Farben Rot, Grün und Blau bei, wodurch sich bei Addition eine helle beige-weisslich bis leicht rosarote Farbe ergibt. Aperer Boden wiederum trägt nur gering zu den drei Farbkomponenten bei, was in der Mischung weniger helle, erdig-bräunliche Farbtöne ergibt.

Mit einem «Pipetten-Tool», welches in vielen Bildbearbeitungsprogrammen zur Verfügung steht, um die RGB-Anteile in einem Pixel zu evaluieren kann dieser Mischprozess nachvollzogen werden. In der folgenden Tabelle wurden die RGB-Komponenten für Pixel in verschiedenen Regionen evaluiert:

Der Farbschlüssel im Cloud Phase RGB Bild ganz oben verrät, dass sich hinter den verschiedenen Farbnuancen noch weitere Eigenschaften der Erdoberfläche verstecken. Tatsächlich wurden die nahen Infrarotkanäle gezielt in die jeweiligen Spektralbereiche gelegt, um mikrophysikalische Eigenschaften der Wolkenoberfläche wie beispielsweise die Tröpfchengrösse beobachten zu können. Ausführlichere Beschreibungen des Cloud Phase RGB Produktes, allgemeine Informationen zum neuen Meteosat-12 Satelliten sowie aktuelle Satellitenbilder sind auf den folgenden Webseiten verfügbar:

Eine animierte Darstellung der Cloud Phase RGB Satellitenbilder des aktuellen Tages zeigt, wie hartnäckig sich der Nebel über den Niederungen hielt. Nur punktuell öffneten sich ein paar Lücken im Nebelmeer. Im Gegensatz zur Schweiz sind über Frankreich interessante Feinstrukturen erkennbar, welche auf eine Westströmung an der Nebelobergrenze einerseits (Bewegung) und auf eine unterschiedliche Verteilung der Grösse der Wolkentropfen andererseits (Farbtöne) hinweisen.