Der heutige Donnerstag, 20. März 2025 reiht sich nahtlos ein in die Folge sonniger Frühlingstage. Ein Schub mittelhoher Wolken dämpfte in der Nacht die Abstrahlung und damit die Abkühlung des Bodens. Dennoch fiel die Temperatur, gemessen 5 cm über Boden, in den Niederungen in der ersten Nachthälfte erneut deutlich in den frostigen Bereich.
Im Verlauf des Vormittags zogen diese mittelhohen Wolkenfelder ostwärts ab und nachfolgend zeigte sich der Himmel in der ganzen Schweiz vorübergehend wolkenlos – es wird das letzte Mal für eine Weile gewesen sein. Bereits um die Mittagszeit näherte sich der «Cirrenschirm» des Tiefdruckgebiets «Martinho» und überzog im Verlauf der zweiten Tageshälfte die Schweiz von West nach Ost (vgl. Titelbild des Blogs).
Auf der Vorderseite des Tiefs "Martinho" gelangt am Freitag und Samstag grossräumig Warmluft von Südwest- Richtung Mitteleuropa, während über Norditalien noch bis am Samstagabend kühlere Luft verbleibt, blockiert durch das Relief der Alpen. Dabei baut sich im Verlauf des Freitags über den Alpen vorübergehend ein Süd-Nord Druckgradient von etwas über 10 Hectopascal auf. Der daraus resultierende Föhn dürfte insbesondere im Haslital und im Urner Reusstal mit Böenspitzen von bis zu 100 km/h über die Talböden fegen.
«Martinho» verharrt zwar nahezu stationär über der Biskaya, steuert am Sonntag jedoch kühlere Luft zur Alpennordseite. Der Druckgradient über den Alpen wird dabei abgebaut und die Föhnströmung schwächt sich bereits in der Nacht auf Sonntag deutlich ab.

Für dieses Föhnereignis sind in den Föhngebieten am Alpennordhang Warnungen der Stufen 2 bis 3 aktiv. Weitere und laufend aufdatierte Informationen zur Warnlage sind auf der MeteoSchweiz App sowie auf unseren dedizierten Webseiten verfügbar:
In den vergangenen 10 bis 20 Jahren haben sich die Werkzeuge zur Vorhersage des Transportes von Saharastaub deutlich verbessert. Wenn Sie, liebe Blogleserin, dieses Phänomen selber aktiv verfolgen möchten empfehlen wir Ihnen die folgenden drei Webseiten.
SKIRON: https://forecast.uoa.gr/en/forecast-maps/dust/europe
Die «Atmospheric Modeling and Weather Forecasting Group – AM&WFG» der Universität Athen war eines der ersten Institute, welche Staubprognosen basierend auf einem regionalen Wettermodell im Internet verfügbar machte und mit der Zeit laufend verbesserte. Meteorologen in Europa und darüber hinaus nutzen dieses Vorhersagesystem für ihre Staubprognosen. Die Visualisierung ist sehr intuitiv und hat sich über all die Jahre hinweg nicht verändert, was mit ein Grund sein dürfte für die Beliebtheit dieser Datenquelle.

Die wichtigste Grösse, welche bei der SKIRON-Vorhersage meist verwendet wird, ist der «Dust Load», die Masse an Saharastaub angegeben in Milligramm pro Quadratmeter in der gesamten Luftsäule über der Erdoberfläche.
Copernicus Atmosphere Monitoring Service, CAMS: https://atmosphere.copernicus.eu/global-forecast-plots
CAMS ist eine Forschungsinitiative der Europäischen Union, welche basierend auf dem globalen Wettervorhersagemodell ECMWF sowohl Prognosen des Staubtransportes als auch anderer wichtiger Aerosole und Schadstoffe in der Luft sowie der ultravioletten Strahlung an der Erdoberfläche bereitstellt.

Im aktuellen Fall ist interessant, dass die CAMS Prognose bereits seit mehreren Tagen nur eine stark «verdünnte» Staubwolke vorhersagt, welche die Schweiz am Freitagabend erreicht. Dabei muss jedoch berücksichtig werden, dass im CAMS Vorhersagesystem die «Aerosol Optical Depth AOD» vorhergesagt wird, die sogenannte optische Dichte des Staubes. AOD ist ein Mass für die Abschwächung des Sonnenlichtes beim Durchgang durch die Staubschicht. Je grösser die optische Dichte der Staubschicht ist, desto weniger Sonnenlicht trifft am Erdboden auf. In den Alpen zeigen die CAMS Prognosen oft geringere AOD-Werte, als über dem Flachland, was mit der Orographie des Modells zu tun hat: Im Vorhersagemodell «fehlen» salopp gesagt 2 bis 3 km Luftsäule, welche Staub enthalten kann. Folglich sind die optischen Dichten über der Modellorographie auch etwas geringer als über dem Flachland, was jedoch nicht bedeutet, dass sich dort kein Staub befindet.
In absoluten Zahlen ist die AOD selbst für uns Meteorologen eine schwer fassbare Grösse. Wir interpretieren die Darstellungen eher qualitativ, orientieren uns an der Farbskala und versuchen, die Signale im Vergleich mit vergangenen erlebten Fällen einzuordnen. An Ostern 2024 herrschte eine vergleichbare Wetterlage mit Föhn und Saharastaub. In unseren Tageswetter-Blogs vom 26. bis 30. März 2024 sind CAMS Prognosen dargestellt, gefolgt von einigen eindrücklichen Bildern zu diesem markanten Ereignis:
ICON-ART Modell des KIT: https://www.imk-tro.kit.edu/english/10581.php
Das Institut für Meteorologie und Klimatologie IMKTRO der Universität Karlsruhe rechnet eine eigene, um eine spezielle «Staubkomponente» erweiterte Version des ICON Wettervorhersagemodells. In den Kartendarstellungen wird analog zu CAMS die optische Dichte des Staubs dargestellt, so dass diese beiden Vorhersagen direkt miteinander verglichen werden können.
Nebst den Kartendarstellungen sind für zwei Längengrade sogenannte Zeit-Höhenschnitte verfügbar, welche die zeitliche Entwicklung der vertikalen Verteilung des Staubs an den Standorten Karlsruhe und Augsburg darstellen.

Die beiden Standorte sind genügend nahe an der Schweiz, so dass sie mit leicht zugekniffenen Augen auch noch für die Schweiz repräsentativ sind. Dargestellt sind die absoluten Staubkonzentrationen in Mikrogramm pro Kilogramm Luft. Im aktuellen Fall rechnet das Vorhersagesystem des KIT mit einer vergleichsweise tief mit der süd-südwestlichen Strömung herangeführten Staubwolke, welche sich bereits in der Nacht auf Samstag wieder entfernt.
Egal welches Vorhersagesystem betrachtet wird: Saharastaubprognosen sind stets mit grossen Unsicherheiten behaftet. Bereits die Mobilisierung des Staubes vom Boden mit dem Wind ist schwierig zu modellieren, genauso die Auswaschung aus der Atmosphäre mit dem Niederschlag unterwegs auf dem Transportweg. Die signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Vorhersagesystemen im aktuellen Fall zeigen diese Unsicherheiten deutlich.