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Schneefallgrenze

Mit der Schneefallgrenze wird die Höhe angegeben, bei der das Verhältnis zwischen Schneeflocken und Regentropfen 50:50 beträgt. Die Schneegrenze bezeichnet die Höhenlage, wo der Schnee am Boden liegen bleibt. Diese liegt in der Regel 50-200 Meter höher als die Schneefallgrenze.

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Die Diagnose und Prognose der Schneefallgrenze ist von allgemeinem Interesse. Wer in den Alpen wohnt oder sich als Tourist in die Höhe wagt, interessiert sich dafür, auf welcher Höhe bei allfälligem Schlechtwetter Schnee fällt. Und wer auf Skiern unterwegs ist, möchte wissen, wie weit hinunter Schnee gefallen ist.

Schneefallgrenze und Nullgradgrenze

Man könnte annehmen, die Schneefallgrenze sei sehr eng mit der Nullgradgrenze verbunden. Das stimmt allerdings nur ungefähr. Bei der Schneefallgrenze handelt es sich nicht um eine scharf definierte Grenze. Vielmehr kann man sich eine mehrere hundert Meter dicke Schmelzschicht (unterhalb der Nullgradgrenze) vorstellen, wo Schneekristalle langsam in Regen übergehen. Deshalb liegt die Schneefallgrenze stets tiefer als die Nullgradgrenze. Als guter Richtwert gilt: Schnee ist oftmals 200 bis 400 Meter unterhalb der Nullgradgrenze zu erwarten.

Komplexe Prozesse

Bei Niederschlag in den höheren Schichten der Atmosphäre handelt es sich fast immer um Schneeflocken. Diese beginnen dann zu schmelzen, wenn ihre Temperatur beim Herunterfallen den Gefrierpunkt erreicht hat und sie nun weitere Wärme aus der Umgebung aufnehmen. Das ist aber sehr oft nicht exakt auf der Höhe der Fall, wo die Lufttemperatur (=Umgebungstemperatur) bei 0 °C liegt.

Der Schmelzprozess ist allerdings etwas komplexer. Er ist abhängig von der umgebenden Luftfeuchtigkeit der Schmelzschicht. Häufig ist die Luft um die Schneeflocke herum nicht mit Wasserdampf gesättigt. In seltenen Fällen oder manchmal bei Niederschlagseinsatz liegt sie gar lediglich bei 50 Prozent. Bei genauer Betrachtung zeigt sich dann, dass die Schneeflocke zuerst etwas verdunstet (das heisst sublimiert), und das passiert häufig auch schon oberhalb der Nullgradgrenze. Dabei kühlt die Oberfläche der Schneeflocke ab, denn bei Verdunstung wird der Schneeflocke Wärmeenergie entzogen. Erst nach einer gewissen Fallstrecke nimmt die Schneeflocke so viel und so schnell Wärme auf, dass die Energie zum Schmelzen reicht. Ab diesem Punkt wird die Schneeflocke zunehmend wässrig und geht in einen Regentropfen über.

Warum es bei positiven Temperaturen schneit

Fällt somit der Schnee in relativ trockene Luft, so kann es auch mehrere hundert Meter unterhalb der Nullgradgrenze schneien, also bei deutlichen Plusgraden. Dieser Vorgang mit starker Verdunstung des Schneefalls tritt typischerweise bei aufziehenden Warmfronten auf. Er kann sehr gut aus einer gewissen Entfernung beobachtet werden: Die Wolkenunterseiten sehen wie aufgeweicht aus. In diesen Fällen kann die Schneefallgrenze durchaus 1000 Meter tiefer liegen als die Nullgradgrenze. Schneit es nun länger oder stärker weiter, so feuchtet sich die Atmosphäre durch den beschriebenen Verdunstungsprozess allmählich bis zur Sättigung (100% Feuchtigkeit) an. Dann beträgt der Höhenunterschied zwischen Nullgradgrenze und Schneefallgrenze nur noch etwa 200 bis 400 Meter.

Weitere Spezialfälle

Es noch weitere Spezialfälle, die dazu führen, dass die Höhe der Schneefallgrenze enorm schwanken kann: Inversionslagen, Wetterwechsel und Niederschlagsabkühlung.

Höhere Schneefallgrenzen bei winterlichen Inversionslagen

Bei einer herbstlichen oder winterlichen Schönwetterlage kann sich eine starke Inversionslage einstellen: Die Temperatur nimmt mit der Höhe zunächst nicht ab, sondern zunächst zu. Auf 2500 m ü. M. kann es dann durchaus milder sein als im Talgrund auf 500 m. Falls die Temperatur im Tal +3 °C beträgt, könnte man annehmen, bei einsetzendem Niederschlag liege die Schneefallgrenze wenig oberhalb des Standortes. Doch wegen der vorhandenen Warmluft in den mittleren und höheren Lagen liegt die Schnellfallgrenze deutlich höher, bei 1500 oder sogar 2000 m.

Verzögerte Anstieg der Schneefallgrenze in den Alpentälern bei Wetterwechseln

Bei winterlichen Wetterwechseln passiert auch oft das Umgekehrte. Der Wetterbericht kündigt Niederschläge an mit einer Schneefallgrenze, die auf zum Beispiel 1500 m steigen sollte. Dann kann es vorkommen, dass es vor allem in den inneren Alpentälern zuerst eine ganze Weile bis in den Talgrund schneit. Der Grund dafür ist folgender: Die gesamte Luftmasse, die innerhalb der Täler liegt, ist ausgekühlt, sodass die wärmere Meeresluft Mühe, die schwerere Luftmasse auszuräumen. In den detaillierteren Wetterberichten wird dies in der Regel erwähnt.

Niederschlagsabkühlung

Bei Niederschlagsabkühlung wird der Umgebung beim Schmelzen der Schneeflocken Wärme entzogen. Dadurch kühlt sich die Luftmasse ab und die Schneefallgrenze sinkt. Damit es dazu kommt, braucht es hohe Niederschlagsintensitäten (mehr als  2mm/h) bei möglichst windstillen Verhältnissen. Zudem ist dann die Luftsäule stets angefeuchtet und über einen grösseren Höhenbereich gesättigt. Deshalb wirkt die oben beschriebene Verdunstung nicht, die Wärme freisetzt.

Der Effekt der Niederschlagsabkühlung funktioniert in schmalen Alpentälern besonders gut. Bei windschwachen Wetterlagen bleibt die Luftmasse mehr oder weniger die gleiche und die Schmelzwärme wird einer geringeren Luftmasse entzogen als in der Ebene. Bei intensiven Niederschlägen von längerer Dauer kann hier die Schneefallgrenze mehrere hundert Meter absinken, im Extremfall sogar bis zu 1000 m.

P. Hächler, 2002; bearbeitet und ergänzt G. Kaufmann und D. Gerstgrasser /MeteoSchweiz, 2016