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Anwendungsbeispiele

„Wie hoch ist die Wiederkehrperiode des Ereignisses vom 14. bis 15. November 2002 in der Region Genf?“: So verwenden Sie die Internetplattform.

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Klimatologische Einstufung eines Ereignisses

Im folgenden Abschnitt wird ein typischer Ansatz zur Einstufung eines Niederschlagsereignisses aufgezeigt. Dies erfolgt anhand des Beispiels der Überschwemmungen, die sich am 14. und 15. November 2002 in der Gemeinde Lully (Kanton Genf) ereigneten. Die Ursache waren starke Niederschläge in Zusammenhang mit einer Kaltfront, die über die Schweiz zog, und mit dem Transport feuchter Luft vom Mittelmeer her. Es wäre gut zu wissen, ob dieses Ereignis aussergewöhnlich war und wie oft in dieser Region ähnliche Ereignisse eintreten können, denn mithilfe dieser Informationen könnte das Kanalisationssystem optimiert werden und man wäre in dieser Region für zukünftige Überschwemmungen besser gewappnet. Die Internetplattform „Extremwertanalysen“ liefert nützliche Informationen, um diese Fragen zu beantworten.

Eine wesentliche Aufgabe bei der Einstufung eines Ereignisses ist die Definition der Region und der relevanten Niederschlagsmengen. Welcher Teil der Schweiz war betroffen? Hatten die kurz- oder die langfristig andauernden Niederschläge verheerendere Auswirkungen?

Identifizierung der relevanten Regionen und Stationen

In einem ersten Schritt müssen die relevante Region (z. B. das durch Überschwemmungen betroffene Gebiet) und die Stationen, die für die Analyse verwendet werden können, identifiziert werden. Falls im betroffenen Gebiet keine Station vorhanden ist, können nahe gelegene Stationen mit vergleichbarem Klima verwendet werden.

In unserem Beispiel befindet sich in der Gemeinde Lully keine Beobachtungsstation von MeteoSwiss. Die am nächsten gelegenen Stationen von MeteoSwiss sind Genf-Aire und Genf-Cointrin, an denen tägliche bzw. stündliche Niederschlagsmengen gemessen werden.

Bestimmung der Dauer des Ereignisses

Der zweite Schritt besteht darin, die Dauer des Ereignisses zu definieren, um so mithilfe aller verfügbaren Mittel (z. B. Hyetogramme, Radarbilder usw.) die für die Analyse relevanten Niederschlagssummen zu bestimmen. Dieser hängt nicht nur vom tatsächlichen Zeitintervall ab, in dem das Ereignis erfolgte, sondern kann auch eine subjektive Entscheidung umfassen, da die Niederschlagsmengen an den Stationen des Beobachtungsnetzwerks von MeteoSwiss an fixen Tageszeiten gemessen werden. Beispielsweise wird die stündliche Niederschlagsmenge von hh:40 bis hh:40 gemessen, während die tägliche Niederschlagsmenge von 05:40 UTC bis 05:40 UTC am Folgetag gemessen wird.

In der Abbildung unten ist ersichtlich, welche Entscheidung getroffen werden muss. Sie zeigt die zwischen 14. und 15. November 2002 erfolgten stündlichen Niederschlagsmengen an der Station Genf-Cointrin. Bei dieser Station handelt sich um die am nächsten zur Gemeinde Lully gelegene Station, an der stündliche Niederschläge gemessen werden. An dieser Station wurden zwischen 14. November 04:40 UTC und 15. November 03:40 UTC (grauer Hintergrund) zwei Phasen mit relativ intensiven Niederschlägen gemessen. Vor und nach diesen Phasen (13. bzw. 15. November) wurden hingegen nur geringe Niederschlagsmengen gemessen. Es ist daher sinnvoll, die 1-Tages-Niederschlagsmenge bei der Analyse dieses Ereignisses zu berücksichtigen. Da die Messung der täglichen Niederschlagsmenge jedoch erst um 05:40 UTC beginnt, wäre die erste Stunde der 1-Tages-Niederschlagsmenge vom 14. November (grüne vertikale Linien) in der Berechnung nicht enthalten.

In diesem Fall überschneidet sich das Niederschlagsereignis fast mit dem Zeitpunkt, an dem die Messungen erfolgt sind, und nur eine geringe Niederschlagsmenge würde beiseitegelassen, wenn man sich für die 1-Tages-Niederschlagssumme entscheidet. Aber dieser Fall ist eher selten und es muss unter Umständen ein längerer Zeitabschnitt als die tatsächliche Dauer des Ereignisses berücksichtigt werden. Beispiele eines solchen Entscheids finden Sie auf der Seite Folgenschwere Niederschlagsereignisse

In unserem Beispiel ist es sinnvoll, die 1-Tages-Niederschlagsmenge für die Analyse zu berücksichtigen, obwohl dies möglicherweise bedeutet, dass für die Berechnung der Niederschlagsmengen ein paar Stunden am Anfang oder am Ende des Ereignisses nicht berücksichtigt werden können. Da die Niederschläge während des Ereignisses über einem relativ grossen Gebiet des westlichen Teils der Schweiz niedergingen, gehen wir zudem davon aus, dass die gesamte Region Genf ein ähnliches Muster aufweist. Beispielsweise wurde sowohl vor als auch nach dem Ereignis an der nahe gelegenen Station Genf-Aire eine ähnliche Niederschlagsmenge wie an der Station Genf-Cointrin gemessen (siehe Tabelle unten). Da sich diese beiden Stationen nur 4 bis 8 km von der Gemeinde Lully entfernt befinden, kann angenommen werden, dass die Niederschlagsmengen in Lully in etwa dieselben waren und die Ereignisse ungefähr gleich lang andauerten.

Tägliche Niederschlagsmengen [mm] zwischen 13. und 15. November 2002. Niederschlagssummen werden von 05:40 UTC bis 05:40 UTC am Folgetag gemessen. Quelle: MeteoSwiss

Station

13.11.2002

14.11.2002

15.11.2002

Genève-Aire

2.1

93.5

9.5

Genève-Cointrin

4.1

92.6

6

Verwendung der Internetplattform

Wenn die relevanten Stationen und Niederschlagssumme(n) ausgewählt worden sind, können auf der Internetplattform die Wiederkehrperioden der während der ausgewählten Dauer(n) erfolgten Niederschlagsmenge(n) abgerufen werden. Unten zeigen wir auf, wie diese Informationen abgerufen werden können, und präsentieren weitere Funktionen der Internetplattform (klicken Sie auf eines der Themen, um die Infobox zu vergrössern).

Hier haben wir uns entschlossen, nur die Station Genf-Aire aufzuzeigen, da sich diese am nächsten zur Gemeinde Lully befindet. Selbstverständlich sollte dieselbe Handlung für alle Stationen in der relevanten Region durchgeführt werden, um so die beste Station für die Schätzung der Wiederkehrperiode eines bestimmten Ereignisses auswählen zu können.

Seite für die Eingabe der Standardperiode

Für die klimatologische Einstufung eines Ereignisses sollte die Standardperiode verwendet werden. Diese kann auf der Eingangsseite ausgewählt werden.

Niederschlagssumme(n) und Station auswählen

  • Um die relevante(n) Niederschlagssumme(n) auszuwählen, klicken Sie auf die entsprechende(n) Checkbox(en) (1).
  • Um eine Station auf der Karte auszuwählen, klicken Sie auf die Zahl in der Region, in der sich die relevante Station befindet (2), und die Ansicht wird vergrössert. Sie müssen möglicherweise mehrmals klicken, bis der Name der Station angezeigt wird. Klicken Sie danach auf die Station, um die Seite mit der Extremwertstatistik anzuzeigen. Anmerkung: Wenn der Name der Station bekannt ist (korrekte Schreibweise in der lokalen Sprache), kann entweder durch Auswahl in der Tabelle, in der alle Stationen aufgeführt sind (3), oder durch Eingabe des Namens am oberen linken Rand der Karte (4) auf diese zugegriffen werden.

Alternativ können Sie auch die Station zuerst auswählen und danach die Niederschlagssumme(n). Anmerkung: Es ist ein Filter verfügbar, mit dem nur Stationen mit Messdauern von weniger als einem Tag angezeigt werden können (5). Standardmässig werden alle Stationen angezeigt.

Seite mit Extremwertstatistik anzeigen

Wenn Sie auf eine Station klicken, wird eine blaue Box geöffnet. Dabei handelt es sich um die Seite mit der Extremwertstatistik, auf der die Extremwertanalysen der ausgewählten Niederschlagssummen angezeigt werden. Folgende Informationen sind auf dieser Seite enthalten:

1) Tabs mit der/den ausgewählte(n) Niederschlagssumme(n)

Die momentan angezeigte Summe wird durch eine rote Linie oben am Tab dargestellt (in diesem Fall 1 Tag).

2) Wiederkehrwertdiagramm und Datenabfrage

Das Wiederkehrwertdiagramm zeigt die Wiederkehrwerte und deren Unsicherheit (Y-Achse) bezüglich einer bestimmten Wiederkehrperiode (X-Achse) für die ausgewählte Niederschlagssumme auf. Die Wiederkehrwertschätzungen sind durch die blaue Linie und deren 95%-Konfidenzgrenzen in grün dargestellt. Die 95%-Konfidenzgrenzen werden standardmässig angezeigt, aber die 68%-Konfidenzgrenzen können ebenfalls ausgewählt werden (blaue Box).

Die Datenabfrage für die Wiederkehrwerte oder Wiederkehrperioden (graue Box) kann folgendermassen verwendet werden:

  • Abfrage der Wiederkehrperiode: Klicken Sie auf „Wiederkehrperiode“ (wenn nicht bereits aktiviert) und geben Sie im Suchfeld eine Niederschlagsmenge ein. Eine graue horizontale gestrichelte Linie erscheint auf der Höhe der Niederschlagsmenge (Wiederkehrwert) auf dem Wiederkehrwertdiagramm. Gleichzeitig wird die entsprechende Wiederkehrperiode abgerufen und als vertikale gepunktete Linie dargestellt (beispielsweise ergibt die Abfrage nach einem Wiederkehrwert von 93 mm/Tag in der Abbildung unten eine Wiederkehrperiode von 80 Jahren).
  • Abfrage des Wiederkehrwerts: Klicken Sie auf „Wiederkehrwert“ und geben Sie im Suchfeld eine Zeitdauer in Jahren ein (z. B. 35 Jahre). Für die Wiederkehrperiode von 35 Jahren erscheint eine graue vertikale gepunktete Linie und auf der Höhe des geschätzten Wiederkehrwerts wird eine graue horizontale gestrichelte Linie angezeigt. Die Unsicherheit der Schätzung wird durch einen grün schattierten Bereich angezeigt.

3) Informationen über die Ergebnisse und die zugrunde liegenden Daten

Anmerkung: Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Zuverlässigkeit der Ergebnisse gerichtet werden und vor einer Verwendung der Analysen sollten die Fachinformationen.

4) Dokumente zum Herunterladen

Diese umfassen die Extremwertanalysen, die Ergebnisse der Analyse m CSV-Dateiformat sowie einen Link zum Benutzerhandbuch und zur Dokumentation (methodologischer Hintergrund).

5) Tabellen mit den geschätzten Wiederkehrwerten für ausgewählte

Wiederkehrperioden und den zehn höchsten Jahressummen
Diese Tabellen können ebenfalls als CSV-Datei heruntergeladen werden.

Mithilfe der Internetplattform haben wir bestimmt, dass das Ereignis vom 14. bis 15. November 2002, das zu Überschwemmungen in der Gemeinde Lully geführt hat, auf Basis der Analyse der Daten der Station Genf-Aire selten gewesen sein könnte. Da sich diese Station nur 4 km von der Gemeinde Lully entfernt befindet und die Niederschläge über einem relativ grossen Teil der westlichen Schweiz niedergingen, können wir annehmen, dass Dauer und Ausmass der Niederschläge in Lully etwa gleich hoch waren wie an der Station Genf-Aire. An diesem Tag wurden an der Station 93,5 mm gemessen, was einer Wiederkehrperiode von ungefähr 80 Jahren entspricht. Diese Berechnung sollte bei der Erarbeitung von Massnahmen für die zukünftige Handhabung von Überschwemmungen berücksichtigt werden.